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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,3.1916

DOI Heft:
Heft 16 (2. Maiheft 1916)
DOI Artikel:
Nidden, Ezard: Zehn Jahre nach Ibsens Tod
DOI Artikel:
Schlaikjer, Erich: Der Dichter als Journalist
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https://doi.org/10.11588/diglit.14293#0178

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Ganz anders stellt sich die Frage, wenn man forscht, was von Ibsens
einzelnen Werken heute oder in zehn Iahren nach dern Tage der Bühne
gehören tnag. Es gibt Stücke unter ihnen, die mehr für sich bestehen,
und andre, die nur im Ganzen recht am Platze stehn. Zu jenen rechne
ich sür meine Person etwa die „Kronprätendenten", das „Puppenheim",
„Rosmersholm", „Klein Lyolf", zu diesen „Kaiser und Galiläer«, „Bau-
meister Solneß", „Ein Volksfeind". Doch soll damit nur ein ganz sub-
jektives Wort gesprochen sein. Auch kommt gerade hier viel auf das Können
der Bühne und aus die Empfänglichkeit eines bestimmten Zuhörerkreises
<rn. Äberdies stehen wir trotz alledem noch Ibsens eigner Lebenszeit zu
nahe, um hier schars zu scheiden. Der Gebildete von heute ist in Ibsens
Schaffen noch immer bewandert, er bringt die Voraussetzungen mit, um
auch dem nicht Voraussetzunglosen verständnisvoll begegnen zu können.

Aber diese Frage überhaupt zu stellen und zu erörtern, ist kaum mehr
als ein Tribut an eine hasteude, sich selbst zu wichtig nehmende Zeit. Wer
immer Ibsen naht in dem Sinne, daß er von jeher trotz aller Zeitbedeutung
fordern durfte und jenseits aller Zeitlichkeit Ernstgesinnten aufzwang,
fühlt dies rasch. Hier geht es nicht um Bühne und Gedicht — tua res
agitur, es geht um uns. Aus Ibsens Werk schaut uns das Auge des
Weltergründers leidensvoll, prophetisch und unbestochen an; der Schleier
des Zeitenstaubes kann das nicht verhüllen. Ezard Nidden

Der DichLer als Iournalist

^H-ch-ber das dunkle wirtschaftliche Los, an dem so viele deutsche Dichter
^ I getragen haben, ist schon viel, allzuviel geschrieben worden, und wir
^^gedenken diese melancholische Literatur nicht um einen Artikel zu
vermehren. Nicht die Not, sondern ein bestimmtes Mittel der Abhilfe
soll uns in den solgenden Zeilen beschäftigen.

Mit dem naheliegenden und oft gehörten Rat, der Dichter müsse in
einem bürgerlichen Beruf arbeiten und seine Muße dann der Muse wid-
men, hat es in der modernen Welt seine großen Schwierigkeiten. Um ein
bürgerliches Geschäft zu begründen oder zu besitzen, müßte er Kapital
geerbt oder erworben haben, und grade bei dem notleidenden Poeten wird
es damit im allgemeinen sehr windig aussehn. Sucht er aber in der
kapitalistischen Welt eine Anstellung, wird er in den meisten Fällen
so stark in Anspruch genommen sein, daß für dichterische Arbeit weder
Frische noch Zeit bleibt. Der wirtschaftliche Kampf ums Dasein ist ja
leider kein Idyll, sondern eben ein Kampf und einer, der einen ganzen
Mann verlangt. Ein staatliches Amt aber, das in mancher Beziehung
das Beste wäre, bindet den Dichter in seiner Aberzeugung und verlangt
damit von ihm ein oft unmögliches Opfer. Es kann natürlich sehr gut
angehen, daß seine Anschauungen mit denen des offiziellen Staates zu-
sammenfallen, aber wir alle wissen, daß er durchaus nicht immer so ist.

Neuerdings hat man nun gesagt, daß der Dichter sich in die Tages-
presse retten könne, und der Vorschlag ist mehr oder weniger tendenziös
in verschiedenen Organen erörtert worden. Wie bescheiden nun die folgen-
den Zeilen auch sein mögen: Von dem Vorwurf einer vorgefaßten Tendenz
wird man sie freisprechen. Da ich selber nahezu zwanzig journalistische
Iahre auf dem Rücken habe, glaube ich die Dinge zu kennen.

Die Annahme, daß ein Poet für die Bedürfnisse der Tagespresse dich-
 
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