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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,3.1916

DOI Heft:
Heft 16 (2. Maiheft 1916)
DOI Artikel:
Rauh, Sigismund: Pädagogische Kultur
DOI Artikel:
Joos, Joseph: Heimstätten und Arbeiterschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.14293#0187

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Grundsatz ist. Lr setzt dem „allgemeinen" Menschen den besonderen ent-
gegen. Menschliche Tüchtigkeit ist unter uns berufliche Tüchtigkeit; man
muß vom Inhalt des Lebens ausgehen, will man Lebenskünstler bilden.
Aber ach, wie gar lächerlich haben die ewig Gestrigen diesen Frührots--
gedanken mißverstanden! Ein neues Fach! Eine neue Methode! Line
neue Stoffvervielfältigung in allen Fächern! Und nun sollen die un-
seligen Kinder zu allem Früheren auch noch kneten und basteln
lernen. Nein, das sollen sie nicht. Aberhaupt sollen die Schüler hier
weniger Neues lernen als vielmehr die Lehrer. Das nämlich sollen
diese fragen lernen: „Was wird mein Schüler als Mann einmal mit
diesem Lehrstoff anfangen?" Dem arbeite die Erziehung vor, so wird
sie Männer bilden. Kerschensteiner beruft sich dafür mit Recht auf Pesta-
lozzi. Den hat man eben nicht weniger mißverstanden als seinen heutigen
Verfechter.

All dieses mag den Bewunderern des neunzehnten Iahrhunderts nach
Reaktion schmecken. Immerhin! Nns schmeckt ihr Gestrigen nach Man-
chestertum. Schlagworte! — Setzt andere, neuere, bessere Ziele! Aber
Ziele statt dieses ziel- und uferlosen Daraufloslernens! Ihr habt die
alten Götzen der Borniertheit und des Standesdünkels zerschlagen —
recht so! Zeigt mir nun eure besseren Götter!

„Frei nennst du dich? Deinen herrschenden Gedanken will ich hören
und nicht, daß du einem Ioche entronnen bist.

Bist du ein solcher, der einem Ioche entrinnen durfte? Es gibt
manchen, der seinen letzten Wert wegwarf, als er seine Dienstbarkeit
wegwarf.

Frei wovon? Was schiert das Zarathustra? tzell aber soll mir dein
Auge künden: Frei wozu?" Sigismund Rauh

Heimstätten und Arbeiterschaft

«^-^nsere Arbeiterorganisationen haben in steigendem Maße erkennen
^ I müssen, daß es nicht genügen kann, alle verfügbaren Energien auf
^^die Erreichung des einen Ziels einzuspannen: Erhöhung des Lohn-
einkommens. Was nützt sie, wenn die Kaufkraft sinkt! Die sorgende
Mühe muß auch auf jene Einflüsse ausgedehnt werden, die diese Kauf-
kraft schwächen. Mannigfache Tatsachen pflanzten sich vor uns auf und
waren nicht mehr zu übersehen. So lehrt die Statistik, daß sich die Kosten
des Nahrungsmittelaufwandes im letzten Iahrzehnt stark ge-
hoben haben. W3 standen sie im Rheinland um 25,6 v. tz., in West-
falen um 32,6 v. H. höher. Nnd wenn wir es aus den vielen Erhebungen
ortsstatistischer Amter nicht herausgelesen hätten, eigene Beobachtungen
und Ersahrungen redeten immer eindringlicher auf uns ein: die Miets-
preise entwickeln sich unaufhaltsam nach oben. Zwischen 1A00 und MO
verzeichnete das Statistische Amt der Stadt Posen Mietssteigerungen der
Kleinwohnungen bis zu 25 v. H. Das wirtschastsstatistische Bureau von
Richard Calwer vergleicht s905 mit 1Z12 und stellt Steigerungssätze von
11 bis 60 v. H., ja sogar in einzelnen FLllen bis zu 100 v. H. fest, in dien
weitaus zahlreichsten FLllen über 20 v. H. Nach Zahlen des Kölner
statistischen Amtes stiegen die Mietspreise von I890 bis 1910 für zwei-
räumige Wohnungen um ^8, für dreiräumige Wohnungen um 53 v. H.
Immer größer wird der Anteil der zu zahlenden Miete vom Ein-
 
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