Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,3.1916

DOI Heft:
Heft 18 (2. Juniheft 1916)
DOI Artikel:
Belgicus, ...: "Der Wiederaufbau Belgiens"
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14293#0303

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
vergleichlich geringer herausgestellt haben, als die geschwätzige Fama wollte.
Was in Löwen und Mecheln, in Lier nnd Termonde, in Dinant und Wal-
court an historischen Denkmalern gelitten hat, ist unschwer wieder instand
zu setzen. Alle Kirchen haben schon wieder ein Notdach erhalten, die
durch die Granaten entstandenen Breschen in den Anßenmauern sind ge-
schlossen, und nnr in der Kathedrale zu Mecheln bleiben diese so ostentativ
erhalten, daß es sast scheint, als sei dem Herrn der Kirche mehr daran
gelegen, noch nach dem Kriege die Spuren dieser Beschießung neugierigen
Besuchern vorweisen zu können, als das ihm anbefohlene Bauwerk selbst
in allen seinen Teilen zu sichern. An den Teil der Kampffront in Ppern
und Dixmuiden kann man freilich nur mit den schmerzlichsten Gesühlen
denken. Es entzieht sich noch unserer Kenntnis, wie es dort aus der Nähe
aussieht. Aber gewiß ist leider: diese Städte sind allmählich so zerschossen,
daß hier an eine Wiederherstellung nicht zn denken ist, jedenfalls nicht an
eine Arbeit, die im Sinne der Denkmalpflege aufgefaßt werden könnte.
Man wird natürlich einen alten Bau ungefähr nach den vorhandenen Auf-
nahmen wieder aufführen können und für die Hallen in ^pern hatte bei
dem Fehlen genügender Aufnahmen durch die Belgier gerade noch vor
dem Kriege ein junger dentscher Architekt, ein Schüler von C. Gurlitt
in Dresden, F. Schroeder, eine vortrefsliche Aufnahme geliefert. Aber das
ergäbe dann doch Neuschöpfungen, und es würde sofort die prinzipielle
Frage entftehen, ob hierfür ein Bedürfnis vorliege und ob das Gewissen
des zwanzigften Iahrhunderts fich bei einer folchen einfachen Reproduktion
beruhigen dürfe.

Die dentsche Verwaltung hat schon in den ersten Monaten des Krieges
sich der Kunstverwaltung als einer besonderen Ehrenpflicht angenommen;
sie hat deutsche Sachverständige berufen, selbst eine Reihe von Sicherungs-
arbeiten angeordnet und andere gefördert. Weiter aber follten wir nicht
gehen. Es besteht in Belgien eine eigene vortrefflich organisierte Denk-
mälerkommission, die Commission royale des Monuments et des Sites, die
ein ganzes Netz über das Land gespannt hatte und voll Eifer über das
Schicksal ihrer Bauten wachte. Wir unferseits werden über manche grund-
fätzliche Frage anderer Ansicht fein als sie. Die von der Kommission zuletzt
noch veranlaßten großen Restaurationen werden manchem deutschen Kolle-
gen recht bedenklich erscheinen. Sie bedingten eine vollständige Erneuerung
des Steinmantels, so daß zuletzt etwa an dem Rathause zu Löwen nicht e i n
alter Stein mehr vorhanden war. Die Hallen und St. Martin in Ppern
besanden fich gerade in einer solchen radikalen Restauration mitten drin.
Aber an Nmsicht, Eifer und Sorgfalt hat es diefe Organifation nicht fehlen
lafsen. Welches auch immer das Schicksal Belgiens künftig sein wird, das
eine dürfte doch feststehen, daß für diefe seine inneren Fragen die heimi -
fchen belgischen Organe und natürlich auch die belgischen Archi-
tekten heranzuziehen sein würden, und daß es ihre Aufgabe wäre, diefe
Arbeiten durchzuführen. Es liegt kein dringliches Bedürfnis vor, jetzt
hier einzugreifen. Alle diefe Sicherungsarbeiten können warten. Äbers
Iahr wird ja doch über die Art der künftigen inneren Verwaltung Belgiens
völlige Klarheit herrschen.

So dürfte es am beften sein, auch hier den alten Spruch zn befolgen:
quieta non movere. Was immer wir machen würden, die belgischen Archäo-
logen und Architekten würden es doch ablehnen, eben weil es von uns
käme. Würden wir an irgendeiner Stelle mit einer Reftauration einsetzen,
 
Annotationen