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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,3.1916

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Heft 18 (2. Juniheft 1916)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14293#0306

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Vom Heute fürs Morgen

Jrnmer weiter: hie Bürger-
liche, hie Sozialdemokraten?

ines Tages tauchte in den Zei-
tungen die Nachricht auf, die
„bürgerlichen Parteien" hätten sich
mit der Regierung ans ein Steuer-
kornpromiß geeinigt. „Die bürger-
lichen"? sragte man sich erstaunt.
„Gibt es denn die im Weltkrieg
noch?" Aber es stand schwarz auf
weiß da, und nicht nur einmal,
etliche Zeitungen konnten anschei-
nend das Wort von den „bürger-
lichen Parteien" nicht ost genug
wiederholen. Es war auch nicht der
erste „Fall« dieser Art während des
Weltkriegs, es war dergleichen schon
einmal passiert, nur daß man sich
damals sozusagen mit einem Räu-
spern nachträglich entschuldigt hatte,
als hätte man sich versprochen. Dies-
mal HLlt man's nicht mehr für nötig.
Im Bericht über die Sitzung des
Hauptausschusses vom 22. Mai hieß
es: „Ein sozialdemokratischer Red-
ner beschwerte sich darüber, daß seine
Fraktion zu den Verständigungsver-
handlungen nicht zugezogen worden
sei." Aber darüber ging man hin-
weg.

Warum zogen die „bürgerlichen
Parteien" die Sozialdemokraten nicht
zu den Linigungsverhandlungen
heran? „Die Roten hätten sich d o ch
nicht mit uns geeinigt!" So wären
sie überstimmt worden. Warum
hörte man sie nicht an? Man
muß wohl oder übel annehmen, daß
man es bequemer sand, unter sich
zu bleiben.

Wer nicht aus seiner Parteikarre
durchs Leben fährt, wie eben die
Geleise eingesahren sind, wer in den
Parteien nur Hilssmittel des poli-
tischen Lebens von relativen Eigen-
werten sieht, der ersährt durch der-

gleichen Vorkommnisse keinerlei
Steigerung seiner Achtung vor dem
Fraktionswesen. Er lernt: nicht ein-
mal der Umstand, daß die Ange-
hörigen aller Parteien gemeinsam
auf dem Schlachtseld für das Vater-
land bluten, gibt den Parteien soviel
inneren Ausschwung, daß sie über
die Scheidung „bürgerlich" und „so-
zialdemokratisch" hinweg gemein-
sam arbeiten.

Und er fragt sich: wie wird es
nun mit dem Wort: „Ich kenne keine
Parteien mehr, ich kenne nur noch
Deutsche"? Diesem Wort, diesem
Gedanken, diesem Gesühl und Be-
kenntnis, das uns alle, vom So-
zialdemokraten bis zum Kaiser ge-
stärkt und gestählt hat? Will man
das so allmählich „ausschalten", will
man es zur Phrase machen? Dann
seien die Herren daran erinnert, daß
es schwerlich die schlechtesten sind, die
gerade im Zuschütten der großen
Klust den Hauptgewinn des deut-
schen Lebens sehn. Die Feinde
können uns diesen Gewinn aus
keinen Fall entreißen, meint man,
wir ließen ihn uns vom Fraktions-
wesen wegtaschenspielern? fnF

Eine Volksausgabe von
Nankes Werken

anke starb s886, also werden seine
Werke im nächsten Iahre „srei".
Damit erhält das deutsche Volk end-
lich Zutritt zu einer seiner edelsten
Schatzkammern. Man kann nach
Temperament und Geschmack diesen
oder jenen andern großen deutschen
Geschichtschreiber lieber lesen als
Ranke, aber sobald man ernsthast zu
werten hat, wird man in Ranke doch
den eigentlichen Meister sehn. Wir
meinen das nicht vom Gesichtspunkt
der Wissenschaft, ihrer Methoden
und Ausgaben aus — darüber mö-

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