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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,4.1916

DOI Heft:
Heft 19 (1. Juliheft 1916)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Sommer-Frieden
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https://doi.org/10.11588/diglit.14294#0047

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Der Eine

ort in der Ferne die Silberschnur,

Das wär der Große? Sein Zeichen ist's nur!

Nie siehst du Großes, als selbst in der Höh:
Steige du, steige bis in den Schnee!

Steige durch den verworrenen Tann,
Steig zu den Alpenrosen hinan,

Durch sie, bis zwischen Stein nnd Grün
Nur die Großaugigen noch blühn.

Die Welt sinkt nieder, der Haus zum Hauf,
Aber der Eine, der wächst heranf,

Gipfel auf Gipfel taucht her und neigt
Nieder sich, während der Eine steigt,

Gipfel auf Gipfel wird Well im Meer,
Nm den Einen, da brandet's her,

Brandet sich's aus und liegt und schweigt
Vor dem Linen, der steigt und steigt . . .

Ietzt erst, Wanderer — auf den Knien
Bete hinüber — jetzt siehst du Ihn:

Silbersäulen, einst jede ein Strom
Himmelher, heben nun seinen Dom:

Alles ist ein einzig Empor,
Geister umdienen ihn im Flor —

Der gelassen die Umschau hält,
Was er sieht, das ist die Welt.

Der Genesende

HHas ist nur heute in der Luft?
-^VDas ist doch nicht nur Blumenduft,
Nur Vogelsang, nur Gruß vom Mai?

's ist was Besonderes dabei!

Nnd das ist nicht nur Glitzertau,

's ist ein Gekicher in der Au,

Das neckt aus jedem bunten Strauß
Nnd winkt und flirrt und schelmt mich aus.

Aus jeder Blüte lächelt's her,

Als wenn drin heimlich Liebes wär,

Nnd jeder Lerchentriller spricht:

Ich weiß noch was, das weißt du nicht!

Da, wie ich staune himmelauf,

Tun plötzlich sich die Wolken aus,

Und golden leuchtet's ob mir hin —

Vater, daß ich genesen bin . . .
 
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