Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,4.1916

DOI Heft:
Heft 21 ( 1. Augustheft 1916)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Der Krieg als Aufklärer: zum 1. August 1916
DOI Artikel:
Philippi, Fritz: Eine Feldpredigt
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14294#0131

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
popeiagefühlen vor diesem Aufklärer, der über den Hekatomben predigtl
Umlernen, das sagt es noch nicht. Amfühlen, nmleben, umgestalten daran
und doch so, daß erhalten bleibt, was jetzt auch vor diesen Bomben hielt.
Das Volk und der Einzelne, die die Bedentung des Weltkriegs als des
größten Aufklärers begriffen, die sie einbezogen haben in ihr Erleben,
die haben immerhin als Gegengabe für all ihre Opfer Grundlagen für
alles weitere gewonnen, die nichts, rein gar nichts anderes ihnen hätte
schaffen können.

Ich weiß nicht, ob der Gedanke zu keck, ob er vielleicht gar frech erscheint,
ich weiß nur, daß ich an seine Wahrheit glaube: die Menschheit, wie sie
einmal ist, hat diese Aufklärung um jeden Preis gebraucht.

Und dann?

„Gott erzieht, indem er Aufgaben stellt", schrieb mir noch jüngst einer
aus dem Schützengraben. ^ A

Eine Feldpredigt

von Fritz Philippi*

/-^^^.eine deutschen Brüder! In dieser Zeit gesteigerter Rnruhe habe
^ll/ich's unternommen, euch etwas zu sagen vom Vorzug des kriege-
^Hrischen Lebens gegenüber dem bürgerlichen Dasein. Warum ich
das unternommen habe? Weil der Seelenschade nicht wieder gut zu
machen wäre für Kriegsleute, wenn solche besondere Vorteile, sofern sie
wirklich vorhanden sind, jetzt nicht klar gesehen würden und ungenützt
blieben. Ich weiß freilich, daß diese Behauptung besonderer Vorzüge des
kriegerischen Lebens gegenüber dem Friedensdasein in unsern Reihen auf
Widerspruch stößt und stoßen muß. Ihr seht klar und spürt tagtäglich
die ständigen Gefahren und Beschwerden des langen Kriegsdienstes, und
es liegt euch manchmal vor den Füßen wie schwere Steine, die ihr nicht
allein aufheben könnt. Und das, was ihr früher gehabt habt, das fried-
liche bürgerliche Dasein in Beruf und Familie liegt im Glanz der Ver-
klärung; ach so weit! Wenn wir's wieder haben dürfen — so Gott will
und wir leben — wollen wir's neu geschenkt nehmen und es ganz anders
zu schätzen wissen.

Zwar werdet ihr nicht wünschen, daß man euch deswegen bedaure in
eurem Kriegerkleid. Ihr würdet euch das mit dem Recht des Mannes
verbitten. Aber das wünschenswerte Dasein ist euer jetziges Leben sicher
nicht. Und dazu kommt, daß über viele eine Ungeduld hinfährt: Wie
lange soll das noch dauern? Und die Ungeduld wird nicht kleiner dadurch,
daß sie keine Antwort findet auf die Frage: wann Europa wieder zur
Vernunft zurückkehrt?

Wohlan denn, ihr Männer an der Front, weil keiner eine Zeit zu
setzen weiß in der Zukunft und keinen Grenzstein für die Dauer des
Krieges, laßt indessen das Wort gelten oder nicht gelten, aber hört genau
zu, was es zu sagen hat

vom Vorzug des kriegerischen Lebens.

* Diese Feldpredigt ist von Fritz Philippi, der gegenwärtig als Divisions--
pfarrer an der Front fteht, gehalten worden, während seine Stimme mit dem
Trommelfeuer ftritt, unmittelbar vor dem englischen Angriff. Der Text steht:
Iakobus H, t3—t5.
 
Annotationen