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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,1.1916

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Heft 1 (1. Oktoberheft 1916)
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Bröger, Karl; Lersch, Heinrich; Barthel, Max: Arbeitergedichte aus dem Felde
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https://doi.org/10.11588/diglit.14295#0051

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Ob ihrem welligen Rücken sträuben
schwarze Rohre sich kreuz und quer;
hundert metallene Mäuler stäuben
eisernen Geifer rund umher.

Unter Zischen, Heulen und Fauchen
bäumt sich der Drache in voller Wut.

Hörner gellen, Gewehre rauchen,
höher schwillt die graustürmende Flut.

Wütendes Sausen — ein Schrei! — Inmitten
des Grabens sitzt die Granate und qualmt.

Im Gestampfe von vielen Tritten

wird das tückische Antier zermalmt. Karl Bröger

Sang der Granaten

/Liserne Vögel des Krieges, stoßen wir aus der Luft.

^Ansern Aufgang umwittert Gefahr, unsern Niedergang Gruft.

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Ansichtbare Schwingen dicht an den Leib geklappt,
stählerne Fänge zu tödlichem Griff gekappt)
lassen wir uns anf Menschen nnd Dinge schmetternd nieder
und entspreiten das hnndertzackige Stahlgefieder.

Fliegen wir dann von der bebenden Erde wieder auf,
wirft unser Flügelschlag Bäume und tzäuser zuhauf.

Alle Stille erstirbt) jeder sanste Klang
vor unserm erderschütternden Donnergesang.

Immer, ob wir schwirren aus Ost oder West, aus Süd oder Rord>
heult vor uns her das grausige Lied vom Mord.

Raubvögel des Todes, stürzen wir aus der Luft.

Ansern Aufgang umwittert Gefahr, unsern Riedergang Gruft.

Karl Bröger

Eln Kawerad

Dem Freunde Felix Braun zum Andenken an den Frühling l9s5

<7^en langen tzerbst und Winter hielt er getreulich stand)

E^schuf sich aus Krieg und Fremde tzeimat und Vaterland.

Sein tzeimweh tranken die Sterne, es floß in die ruhende Racht,
am Tage hat er der tzeimat wie einer Toten gedacht.

Doch als der Frühling mit erstem Scheine die Luft erfülltz
da war sein hartleuchtend Auge von dunkler Trauer umhüllt.

Da stöhnte er tief im Schlafe und wußte es selber nichtz
da welkte in Träumen und Sehnen sein hartes Kriegergesicht.

And eines Morgens im Dämmer, da sang es über das Land —

Da stand er, bebenden Mundes, sein Antlitz zum tzimmel gewandt:
Da war eine erste Lerche, die sang zwischen Krachen und Graus,
da floh die gefangene Seele aus ihres Willens tzaus.

Da weinte er. Weinte vor Oual: Ietzt sah er erst Tod und Schlachtz
sah, was des halben Iahres Krieg über die Erde gebracht.

Er griff nicht mehr zum Gewehre, er hat seine Wacht versäumt,
und stand er auf seinem Posten, da hat er geschwärmt und geträumt.

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