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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,2.1917

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Heft 8 (2. Januarheft 1917)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Kunst und Brot
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Nagel, Ferdinand: Gutsbesitzer und Bauern: ein ostdeutsches Bauerndorf als Beispiel
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https://doi.org/10.11588/diglit.14296#0101

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sprocheir habe. Aber wenn man schoir rm Frrederr für solche Aufgabeu
kern Geld bewrllrgte, so wrrd man das rn den eisernen Iahren jetzt gewiß
nicht tun. bevor der Gedanke der Volkswirtschaft mit geistigen Werterr
Gerneingut ist. Vorläufig hat ja nicht einmal die vom Dürerbunde so
lange schon vorgeschlagene Beteiligung der Künstler am Mehr-
erlös weiterer Verkäufe bei andern Leuten als den sogenannten „Ideo-
logen^ Teilnahme erregt. Kommen die Künstler selber mit Vorschlägerr,
so leiden sie fast immer an dem, woran die meisten Vorschläge aus „Fach-
kreisen" leiden: sie wollen allen im „Fach" Organisierten rrützen, den
wichtigen Schöpfern wie den viel Zahlreicheren, welche die Mehrheiten
bilden, reden, agitieren und abstimmen. Rnd selbst die paar Aberlegenen
kennen das Getriebe der Schifflein zu wenig, die am Gewebe der Zeit
zwischen all den verschiedenen Interessen hin und her schießen. Für ihren
Künstlerberuf brauchen sie sie ja auch nicht zu kennen.

So entwickeln sich auch diese Dinge langsam, langsam, und sie zer-
mahlen mit ihren Rädern sicherlich noch manches edle Wesen in den Staub.
Daß aber das Gewicht gerade dieser Zeit schließlich nichts übrig lasse, als
den Druck, das glaube ich für mein Teil auch für die Kunstpolitik der
Zukunft nicht. Nicht einmal der „tzungerstil^ von dazumal war etwas
Schlechtes, der Milliardensegen der Gründerzeit dagegen hat unser ästhe-
tisches Leben wahrhaftig nicht geföpdert. Der Luxus wird leiden, nicht
der Wert. Der Mensch wird dulden müssen, nicht die Kunst. Arbeiten
wir nur weiter dafür, daß immer mehrere die Verpflichtung fühlen,
auch solche Fragen zu durchdenken, daß immer mehrere sich beteiligt
fühlen am geistigen Leben auch dieses Gebiets, und daß sie sich mit-
verantwortlich fühlen für die Zustände auch unsrer Kunst und derer,
die sie uns schaffen. jms A

Gutsbesitzer und Bauern

Ein ostdeutsches Bauerndorf als Beispiel

chon oft ist es von ehrlichen Volksfreunden tief beklagt worden, daß
der preußische Staat im neunzehnten Iahrhundert die bewährte
Bauernpolitik Friedrichs des Großen nicht fortgeführt hat, daß er die
innere Kolonisation und den Bauernschutz aufgab, ja sogar selbst durch
grundfalsche Maßnahmen bei der Bauernbefreiung eine gewaltige Masse
Bauernlandes den Gutsherrschaften auslieferte. Sering hat nachgewiesen,
daß von bis s860 allein in den sieben Ostprovinzen Preußens vier
Millionen Morgen Bauernland an die Gutsbetriebe verloren gegangen
sind. Und auch seit dieser Zeit ist das „Bauernlegen" wenigstens in Vor-
pommern rücksichtslos weiter betrieben worden, es hat eine große Menge
selbständiger Gehöfte vernichtet und ihre Bewohner in die Städte oder
übers Meer getrieben. Mit voller Klarheit sieht man aber die verhängnis-
schweren Folgen dieser Vorgänge erst, wenn man die (Lntwicklung, das
heißt den tief bedauerlichen Niedergang des ostdeutschen Bauerntums im
neunzehnten Iahrhundert in emzelnen Gemeinden an der Hand der Rezesse
und anderer Arkunden studiert. Deshalb sei hier als Beispiel ein Bild
der Vorgänge in einem einzelnen Dorfe, dem Dorfe Gramzow in Vor-
pommern, gegeben. Meiner Darstellung liegen zugrunde: Ein Rezeß
von L823 über die Regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen Ver-
hältnisse, zwei Rezesse von j829 und über Gemeinheitsteilungen

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