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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,4.1917

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Heft 19 (1. Juliheft 1917)
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Schairer, Erich: Deutsche Gemeinwirtschaft
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14298#0043

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bedient, um noch einmal am deutschen Wesen die Welt genesen zu lassen,
so wollen wir, ohne viel Aufhebens davon zu machen, tun, was unsre
Schuldigkeit ist, und ihm vertrauen, daß er mit dem Exempel das Re«
sultat, mit dem Fleiß die Muße, mit der Ernüchterung die Beruhigung
bezweckt, in der sich eines Tages auch der Goethedeutsche ganz erleben soll.

Vom tzeute fürs Morgen

Sachlichkeit und Persönlich-
keit

iner der größten Fortschritte im
Aufbau der Persönlichkeit war
der Augenblick, in welchem die Per«
sönlichkeit das unpersönliche Den-
ken lernte. Genauer gesagt ent-
stand damit erst die Möglichkeit
dessen, was wir Persönlichkeit nen-
nen. Denn was wir so nennen,
will zur Bedingung einen gewissen
tzerrschaftsbereich, einen größeren
Umkreis eigengerichteter Kräfte, die
dennoch bezwungen und untergeord-
net sind. Fremde Ligenrichtung
aber kann ohne unpersönliches Den-
ken nicht erkannt werden. Anper«
sönliches Denken setzt Selbstbezwin-
gung voraus. An sich sehen wir
alle Dinge nur auf ihren stofflichen
oder geistigen Nutzwert für uns an.
Auf diese Weise wird ein Verständ-
nis unmöglich. Eben damit aber
auch jede wirkliche Beherrschung.
Man versteht Nebenbeziehungen,
aber nicht die eigentlichen Kräfte
der Dinge. Man bleibt deshalb
stets unsicher. Man übersieht nicht,
welche Möglichkeiten in dem uns
unbekannt gebliebenen Kernteil der
Dinge bestehen. Erst damit, daß
man den Selbstzweck der Dinge er-
kennt, erkennt man die inneren Ge-
setze ihres Seins und Werdens.
Und erst wenn man die durch und
durch kennt, kann man versuchen, sie
zu lenken. So kommt eben durch
Sachlichkeit der mächtigere Mensch
zustande: die „Persönlichkeit«.

Es gibt aber über diesen hinaus

einen noch mächtigeren Typus, der
noch tiefer gräbt und deshalb noch
weiter herrscht.

Ls muß in der geschilderten Lnt-
wicklung der Augenblick kommen,
wo die unpersönliche Anteilnahme
an dem, was wir auf seinen Selbst-
zweck hin untersuchen, uns so ge-
fangen nimmt, daß wir unser
Eigeninteresse an ihm völlig ver-
gessen. Alle eigentlich wissenschaft-
liche Erkenntnis läuft eine Weile
so. Die Rückbeziehung ist rein gei-
stig. Dennoch ist dies nicht das
eigentlich tzohe, das wir meinen.
Denn das wissenschaftliche Erkennen
ist, so selbstlos es der einzelne For-
scher als der große und uneigen-
nützige Mensch, der er sein mag,
betreibe, in sich selbst, in seinen
Grundsätzen und Grundforderungen
eigennützig, auf Beherrschung der
Welt durch den Menschen angelegt.
Der selbstlos forschende Mensch ist
keine Außerung für sich, ist stets
nur ein Wort aus einem Satz,
dessen Gesamtsinn vom Menschen
und nur von ihm spricht. Wis-
senschaftlich ist ein Denken, wenn
es: erstens allerdings unabhängig
ist vom Eigeninteresse des For-
schers, zweitens aber nur Dinge
oder Beziehungen erforscht, die all-
gemeingültig sind. Das heißt also:
die handbar, nutzbar sind, die aus
ihren Iusammenhängen losgelöst
und neu zusammengesetzt, die ato-
misiert und mechanisiert werden
können. Dem Maler tut's die ein-
zelne Lrscheinung an, der Religiöse
sorgt sich um die bestimmte Seele

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