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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,4.1917

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Heft 21 (1. Augustheft 1917)
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Carlowitz, Ric von: Vom Erlebnis des Krieges
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Freizügiger Nationalismus
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https://doi.org/10.11588/diglit.14298#0155

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wirkung, nur in der Gerneinschaft. Dadurch allein vermag es das Gefühl
der Einheit, Klarheit und Fraglosigkeit, das der Krieg spontan erweckt,
als einen dauernden Gewinn festzuhalten, in dessen sicherem Schutz es
sich dem intensiven Erlebnis deb Krieges hingibt, ohne zu zerbrechen.

Das Individuum schweigt. Es opfert und erwirbt damit über alle per-
sönliche Befriedigung hinaus eine ungekannte Befriedung, die sich in
jener fremden, überindividuellen Macht zugleich geborgen und erhoben
fühlt. Die höhere Idee, in der wir aufgegangen sind, was ist sie anderes
als das neue, erhöhte und verschönte Deutschland, wie es aus der Asche
dieses Krieges hervorgehen soll? Viele unter uns sind es, die dies ge«
lobte Land nur von ferne schauen. Aber keiner ist, der davon nicht ein
lebendiges Bild im tzerzen trüge. Die Schönheit dieser Idee leuchtet sieg»
haft über alle Leiden der Realität hinweg, anspornend und stärkend, be--
glückend und tröstlich! Das alte Lied von der überwindenden Kraft der
Idee, dem Schiller in dem Gedicht „Das Ideal und das Leben" seinen
ewig gültigen Ausdruck gegeben, heute hat es wieder weithinhallenden

„Mächtig, selbst wenn eure Sehnen ruhten,

Reißt das Leben euch in seine Fluten,

Euch die Zeit in ihren Wirbeltanz.

Aber sinkt des Mutes kühner Flügel
Bei der Schranken peinlichem Gefühl,

Dann erblicket von der Schönheit Hügel
Freudig das erflogne Ziel!"

Ric von Carlowitz

Freizügiger Nationalismus*)

Man schreibt uns:

^-^in deutsch-amerikanischer tzochschulprofessor hat einmal im Kunstwart
E)^beklagt, daß man in Deutschland jene Millionen Deutsche, die
^»^in den Vereinigten Staaten wohnen, als verlorene Kinder zu be--
trachten pflege, die sogar für den „deuUchen Gedanken in der Welt" als
ein Verlust zu buchen wären. Berechtigt sei das nicht; denn noch nie
zuvor habe ein solches Selbstbewußtsein unter den Deutsch-Amerikanern
bestanden, ein solcher Drang, sich zusammenzuschließen, die eigene Art
zu behaupten und der Umgebung aufzuprägen, wie in den letzten
Iahren. Nie sei auch so viel über Wesen und Aufgabe des Deutsch-
tums in Amerika gesprochen und geschrieben worden. Ebenso be-
schweren sich häufig die Deutsch-Osterreicher, die gar nicht erst zu ver-
sichern brauchen, daß sie ihrem Volkstum noch treu dienen, über die
Reichsdeutschen, weil denen ihr Schicksal, obgleich sie ihnen doch räum-
lich so nahestehen, unwichtig erscheine. Wie vernachlässigt durch die
Reichsdeutschen mußten sich aber erst die Deutschen in Rußland vor-
kommen, die oft mit größter Aufopferung deutsche Kulturinseln im Meer
des Slawentums zu erhalten suchten! Von den deutschen Schweizern ist
es leider vielen gleichgültig geworden, ob man sie noch zur großdeutschen
Kulturgemeinschaft rechnet, aber immer wieder einmal hört man doch auch
von ihnen eine Stimme die Abstand bildenden Neigungen vieler Reichs-
deutschen gegenüber blutsverwandten Angehörigen fremder Staaten be-
dauern. Diese Verstimmung pflanzt sich fort zu ferneren Zweigen der

* Rachdruck in Tageszeitungen auch auszugsweise nicht gestattet. D. R.
 
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