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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,4.1917

DOI Heft:
Heft 21 (1. Augustheft 1917)
DOI Heft:
Heft 22 (2. Augustheft 1917)
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Fuchs, Emil: "Ideen" und "Gemeinschaftswerte": bei der Bildung einer Weltanschauung im deutschen Volke
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Avenarius, Ferdinand: Käthe Kollwitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.14298#0174

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Wenn wir deshalb versuchen, an Stelle des Wortes „Idee" ein deutsches
Wort zu setzen, werden wir das Wort „Gemeinschaft" und — für andere
Ideen — das Wort „Gemeinschaftswerte" setzen müssen. Sobald wir das
tun, geben wir diesen Begriffen aber eine ganz andere Kraft und Deutlich--
keit, als sie in dem fernen Fremdwort besitzen.

Wir entkleiden diese Begriffe auch ihres überirdischen Scheines. Da-
durch wird der deutschen idealistischen Weltanschauung ihre größte Gefahr
genommen, daß in ihr nämlich immer wieder vielen denkenden Menschen
die höchsten Werte als Abstraktionen erscheinen — so als ob die „Ideen",
die nur Sammelbegriffe für jene Werte sind, die Werte selbst seien. Da«
für wird klar und deutlich, daß die Werte nur als lebendig wirkende
Mächte in menschlichen Seelen vorhanden sind — Ideen im Kopfe des
Philosophen, der diese Werte begrifflich zu fassen, zu sondern, über ihr
Wesen und Wirken nachzudenken sucht.

Mir will dünken, es sei für die Zukunft starker deutscher Weltanschau-
ungsbildung nicht ganz gleichgültig, ob sie mit deutschen Begriffen gebaut
wird, deren inhaltliche, werthafte Bedeutung sofort in jede Seele leuchtet,
oder mit solchen Wörtern, bei denen ein schimmernder Schein leicht an Stelle
des von ihnen bezeichneten Wertes tritt. Möchten alle, die an Bildung
unserer Weltanschauung mitarbeiten, darüber nachdenken! Lmil Fuchs

Käthe Kollwitz

in paar Iahre vor der Iahrhundertwende traten zum erstenmale auf
l^einer Ausstellung Blätter von ihr zwischen gleichgültigen andern
^^heraus. „Sie ist eine große Nadiererin", sagen seitdem die einen;
man hat sich sogar zu dem billigen Paradoxon verstiegen: „Käthe Kollwitz
ist unter den neueren Radierern der einzige Mann." „Sie ist eine sozial«
demokratische Agitatorin", sagen andre. „Sie ist eine pessimistische Llend-
malerin", behaupten dritte. „Eine religiöse Künstlerin" vierte. Wohl:
wie immer man diese Kunst mit den eignen Lmpfindungen und Gedanken
zusammenreimen und was man aus sich heraus in sie eindeuten möge —
eines erzeugt jedes Blatt: man vergißt es nicht. Wer den Namen Käthe
Kollwitz hört, hat sofort eine Vorstellung dieser Kunst. Düster ist sie, trotz
aller Bewegtheit schwerflüssig, ganz gesammelt in ihrer zähen Kraft, ein-
heitlich und einfach ist sie — unabweisbar eindringlich.

Käthe Schmidt ward M7 in Königsberg in Preußen geboren. Ihr
Großvater mütterlicherseits war Iulius Rupp, der Gründer der freireli-
giösen Gemeinde dort. Ihr Vater, arm, hatte als Referendar erkannt,
daß er bei seinen religiösen und politischen Meinungen keine tzoffnung
auf Beförderung habe — da ging der Iurist, wie die Russen sagen, ins
Volk; er wurde Maurer, machte als solcher seinen Meister und blieb
Maurer so lange, bis er als Sprecher in die Gemeinde Rupps auf-
genommen ward. Alle seine vier Kinder ließ er sorgsam ausbilden.
Käthes Künstlertalent erkannte er früh. Sie erhielt Anterricht beim Kupfer-
stecher Mauer, dann, im Winter auf 85, in Berlin bei Stauffer-Bern,
später bel Neide wieder in Königsberg, schließlich, 88 und 89, in München
bei tzerterich. heiratete sie den praktischen Arzt Kollwitz, mit dem sie
in Berlin mitten unter die „kleinen Leute" zog. Ietzt erst begann sie zu
radieren, und dabei blieb sie, das Malen gab sie auf. Als ihre Kinder
herangewachsen waren, kam plastisches Arbeiten dazu. Reisen nach
Paris, M7 infolge des Villa-Romana-Preises nach Florenz. i893 waren
 
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