Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,4.1917

DOI Heft:
Heft 21 (1. Augustheft 1917)
DOI Heft:
Heft 22 (2. Augustheft 1917)
DOI Artikel:
Corbach, Otto: Geld, 1: Geld und Macht
DOI Artikel:
Streicher, ...; Erdmann, Karl Otto; Natonek, Hans: Nochmals: Besinnliches zum Fremdwörterstreit
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14298#0178

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Kulturentwickelung will auch entschieden die Möglichkeiten, das
Geld als Machtmittel zu gebrauchen, immer mehr einschränken. Man kann
im allgemeinen heute keine Menschen mehr kaufen, sondern nur noch ihre
Arbeitsleistungen, keine Frauen, sondern nur noch ihre Dienste. Der wirt«
schaftlich abhängige Arbeiter gilt im politischen Leben als ein Vollbürger,
und die öffentliche Moral gestattet der Dirne, jeden Mann, dem sie sich
für Geld preisgibt, zu verachten. In Iapan ist die Prostitution noch viel«
fach so wenig verächtlich, daß sie als ein Vorstadium der (Lhe gilt, und bei
manchen wilden Völkern ist jede Braut stolz auf die Anzahl Ochsen, für
die sie der Bräutigam kaufte. Es gibt auch in der modernen Gesellschaft
noch Fälle, wo die öffentliche Meinung gegenüber käuflicher Liebe beide
Augen zudrückt, aber es müssen schon große Summen sein, die dabei eine
Rolle spielen, zum Beispiel gegenüber von Maitressen von Millionären,
denen die vornehmsten Salons offen stehen, auch wenn sie an Gesinnung
so gemein sind wie Straßendirnen. Geldheiraten werden um so mil«
der beurteilt, je mehr erheiratet wird; aber die Macht des Geldes hat doch
nicht verhindern können, daß die öffentliche Meinung solche Paarungen
als die schlimmsten Entartungserscheinungen bewerten lernte. Im Reiche
des Persönlichen muß sich die tzerrschaft der Geldbesitzer immer mehr mit
schalen Außerlichkeiten begnügen.

Darum soll man jedoch nicht die gewaltige Macht unterschätzen, die durch
Geld heute noch ausgeübt werden kann. Im Wirtschaftsleben wird das
Geld immer noch viel als Machtmittel mißbraucht, nicht nur als Tausch-
mittel gebraucht. Außerhalb der Arproduktion, in aller Wirtschaft für den
Markt, ohne die in modernen Kulturstaaten neunzig Prozent der Bevölke«
rung nicht leben könnten, sind die Verkäufer von Waren oder Leistungen
auf die Geldbesitzer als Vermittler für ihre Täusche angewiesen. „Das
Geld", sagt Proudhon, „ist eine Schildwache, die an den Toren der Märkte
aufgestellt ist und den Befehl hat, keine Waren herauszulassen." Wenn
das Geld nichts wäre als ein Tauschmittel, das immer sofort zur Ver«
fügung stände, sobald Verkäufer und Käufer sich über bestimmte Täusche
zwischen Waren oder Diensten einig geworden sind, so wäre ein gut
Teil der sozialen Frage erledigt. Es würde immer Geld zur Ver-
fügung stehen, Arbeitslose zu beschäftigen, weil keine Geldbesitzer dem Ver-
kehr Geld vorenthalten oder entziehen könnten, um mit tzilfe industrieller
Reservearmeen die Löhne zu drücken. Die Waren würden verhältnismäßig
billig werden, weil das Geld für seine Dienste keinen Tribut erpressen
könnte, die Löhne verhältnismäßig hoch; denn nur das parasitische Inter«
esse des Geldhändlers widerspricht noch einem freien Ausgleich zwischen
Preisen und Löhnen, sobald die Grundrente ihren Gewaltanteil vorweg
genommen hat. Otto Lorbach

Wir werden uns bemühen, die ^Geld-Probleme", soweit sie zur Aus«
druckskultur in Beziehung stehn, mit weiteren Aufsätzen zu beleuchten. K.-L.

Nochmals: Besinnliches zum Fremdwörterstreit

^VV^ir drucken im folgenden drei Einsendungen ab, die teils in engem,
^/D^teils in weiterem Iusammenhange mit der Dürerbundflugschrift
von Prof. Karl Erdmann stehen, die unter dem Titel der Aberschrift
erschienen ist. Weitere Erörterungen zur Sache müssen wir unter den
gegenwärtigen Verhältnissen ablehnen, deshalb verzichten wir auch darauf,
unsre eigne Stellung zur Fremdwörterfrage jetzt nochmals zu umzeichnen.
 
Annotationen