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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,4.1917

DOI Heft:
Heft 23 (1. Septemberheft 1917)
DOI Artikel:
Jaroslaw, Benno: Politik der Kulturmittel
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https://doi.org/10.11588/diglit.14298#0205

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Politik der Kulturmittel

^^^ericht geben von gestern, Richtung geben für morgen, das ist der
^^^Beruf der Zeitung. Der Bericht kann insofern objektiv sein, als
^^es nur eine Wahrheit gibt. Aber der „Richtungen" grbt es so
viele, daß mancher an der Möglichkeit einer objektiven Politik verzwei-
felt. Politisch kämpfen heißt nicht mehr gemeinsam mit dem andern um
die Wahrheit ringen, sondern einer gegen den andern um die Interessen
feilschen. Äberreden und überschreien, nicht überzeugen ist die Losung.
Rnd doch hieße es alle Parteilogik über Bord werfen, wenn man neben
dem Glauben an die eine Wahrheit nicht den Glauben an die eine »rich«
tige" Richtung, an ein allgemein gültiges Ziel festhalten wollte. Eine
Partei, die zugibt, daß der Gegner „von seinem Standpunkte aus" recht
habe, daß zwischen ihr und bestimmten Klassen eine unüberbrückbare Kluft
des Milieus und der Interessen liege, hätte jenen Glauben verloren. Nur
Parteien, die handeln, als könnten sie einmal das ganze Volk hinter sich
sehen, als könnten sie also als Partei verschwinden, können in der Politik
als starke Kräfte wirken. Daß sie noch bestehen, ist ein Beweis, daß sie
noch bestehen müssen. Es fragt sich aber: Wie weit geht dieses Recht der
Partei, wie weit reicht der Nutzen parteilicher Gliederung? Es ist hier
oft davon gesprochen worden, wie vielen öffentlichen Bestrebungen es ge-
schadet hat, daß bestimmte politische Parteien sie in ihr Programm über-
nahmen: die Gegner witterten — zu Recht oder zu Unrecht — Fraktions-
taktik, Wahlmanöver, Klassenansprüche und verhielten sich instinktiv ab-
lehnend gegen Forderungen, die an und für sich gar nicht Parteisache
hätten zu sein brauchen. Weite Gebiete der Sozialpolitik, der Verwal-
tungspolitik, fast die gesamte öffentliche Arbeit in den Kommunen leiden
darunter, daß neue Vorschläge, anstatt sachlich geprüft zu werden, von
vornherein durch die Parteibrille betrachtet werden.

Ist das nötig? Und, wenn nein, warum geschieht es dennoch? Und
wie verhindert man, daß es weiter geschehe?

Ich will zunächst deutlich machen, welche Art Bestrebungen ich meine,



l. Septemberheft (XXX, 23)
 
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