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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,4.1917

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Heft 24 (2. Septemberheft 1917)
DOI Artikel:
Hoffmann, Paul Theodor: Theodor Storm: zu seinem hundertsten Geburtstage
DOI Artikel:
Oehlerking, H.: Vom Harmonium, 2
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https://doi.org/10.11588/diglit.14298#0268

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malen er nimmer müde wird. Freilich bisweilen macht sich ein allzu be-
hagliches Schwelgen in der Poesie des Schleswiger Familienlebens, in
„Husumerei", wie Fontane schalt, geltend. Viel ist auch das Abergewicht
an resignierter Gebundenheit bemängelt worden, was so vielen Stormschen
Gestalten eignet und was jene königliche Freiheit von Sentimentalität
ausschließt, die das Geschehen sich voll und wuchtig ausleben läßt. Na-
mentlich in den jüngeren Werken liegt viel von Wertherstimmung. Aber
sie läßt den Menschen nicht zerbrechen, sie läßt sich von ihm auch nicht
überwinden, sie verläuft in stiller Wehmut und Erinnerung. And je
weiter sich Storm entwickelt — und von „Immensee" zu dem „Schimmel-
reiter" ist's ein tüchtiges Stück Emporarbeitens —, desto fester und wetter-
harter wird seine Kunst. Kein willensschwacher Reinhard schwimmt nun
mehr nach der bleichen unerreichbaren Wasserlilie, sondern ein kräftiger
Schwimmer, schön, wie ein junger Gott, ringt den rasenden Wogen den
Sieg ab und gewinnt sich „Psyche". tzart und unerbittlich gestaltet sich
das Schicksal tzauke Haiens, aber der Mensch wird hier zum tzelden und
sein Deichgrafenkampf lebt im Gedächtnis seiner Umwelt fort.

So wird die Stormsche Kunst männlicher und fester. Sie weitet sich und
reift. Aber eines bleibt sie immer: Sonntag. Das liegt viel an der
Technik des Rückblickes, in welcher der Dichter zumeist erzählt, und an der
besonderen Fähigkeit, durch Unausgesprochenes zu wirken. Sonntag bleibt
sie auch in den Gedichten, die ein ganz von dem Erlebnis volles tzerz
verraten. Alle Leidenschaften des Lebens erhalten durch Storm jenen
inneren seelischen Adel, der stets dem Alltag sein Abstoßendes nimmt.
And dieser Adel ist warm und herzlich. Bei Storm haben wir reine und
manchmal sogar die höchste Art von Lyrik, die „spezifische" der lyrischen
„Kristalle". Gelegenheitspoesie durch und durch ist diese Dichtung auch
in der Didaktik, so in dem wundervoll schlichten, zu tzerzen gehenden Ge-
dicht „Für meine Söhne".

Darum wird uns immer wieder so wohl, wenn wir den Dichter des
Oktoberliedes lesen: „Ist doch die Welt, die schöne Welt so gänzlich unver-
wüstlich!" Wir glauben Storm, weil er uns in sein Ich versetzt. And der
Glaube an die Anverwüstlichkeit des Menschenherzens tut uns heute mehr
not denn je. Auf den Sänger und Verkünder dieses Glaubens hat der
Kunstwart von jeher als auf einen guten Geist unseres Volkes hingewiesen
und seine Kunst mit ihren Segnungen zu verbreiten gesucht. Auch heute
hegen wir den Wunsch, daß der ewig junge Alte immer heimischer im
deutschen tzause werden möge, ein Beleber der Innerlichkeit und Güte.

P. Lh. tzoffmann

Vom Harmonium. 2

(Schluß)

er Weg vom Ar-tzarmonium, dem wir vor etwa (00 Iahren in
Gestalt der Clavylinder, Glasharmonika, Aoline, Physharmonika be-
gegnen, bis zum heutigen Sspieligen Kunstharmonium mit Doppel-
expression war lang und mühselig; er stellt deutschem Fleiß und Kunstsinn
und deutscher Erfindungsgabe das beste Zeugnis vor der ganzen Welt
aus. — Natürlich bedeutet die Anschaffung eines mit allen Feinheiten und
Vollkommenheiten ausgerüsteten modernen Harmoniums eine große Aus-
gabe. Im allgemeinen wird der Musikfreund unsre originale Literatur
auf einem Harmonium spielen können, dem das sogenannte „klassische Vier-

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