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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 31,1.1917

DOI Heft:
Heft 1 (1. Oktoberheft 1917)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Kulturarbeit und Machtpolitik
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Schumann, Wolfgang: Betrachtung und Wille in der Dichtung: zur heutigen Lage
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https://doi.org/10.11588/diglit.14422#0021

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Gedanken Linzelner zu Handlungen zu verdichten. Möge es auf den neuen
„weiten Feldern" fortan uns und unfern Nachfolgern und unsern Mit-
arbeitern vergönnt sein, Erreichbares wenigstens zuin „Deutschen Willen"
machen zu helfen! Ist der da, so wird man die Wege zu den Zielen
finden, und wo sie noch fehlen, roden. A

Betrachtung und Wille in der Dichtung

Zur heutigen Lage

die Gesamtliteratur von heute ging unser Gespräch, und es
II kam allmählich auf die vergangenen Iahre, als der „Kunstwart" noch
^^Heft für Heft Besprechungen mehrerer Romane, Novellen, Gedicht-
bände, Dramen brachte, als noch „Lose Blätter" Proben aus ihnen ent-
hielten, als ein Ton nicht allzu lauter, doch hoffnungfreudiger Zustimmung
durch seine Spalten klang, wenn sie von den Dichtern der Zeit berichteten.
Werden solche Zeiten, solche Hefte wiederkommen?

„Aber es ist doch keiner gestorben von denen, die damals freundlich
genannt wurden! Gerhart und Carl Hauptmann, Thomas Mann und
Frenssen, Strauß und Hesse, Keyserling und Schnitzler, Bartsch und Lrtl,
Ponten und Thoma, Federer und Ilg, Ricarda Huch und Helene Böhlau,
alle leben und schaffen noch, und viele Andre dazu!"

Ia, aber . . . wollte ich antworten, wurde aber noch unterbrochen.
„Was gibt's da zu abern? Wollen Sie etwa sagen, diese seien alle er-
ledigt, irgendwie beiseite gerückt oder gedrückt? Lesen Sie doch einfach
den letzten Keyserling, Schnitzler, Ilg oder das jüngste Buch von Ricarda
Huch, und dann urteilen Sie selbst: feiner, reifer, echter war keins ihrer
früheren Werke! Oder wollen Sie gar auf die »Iüngsten« hinaus? Sollen
die etwa »dran« sein, soll um ihretwillen vielleicht das Beste eines
halben Menschenalters einschließlich alles dessen, was seine vornehmsten
Träger noch schaffen mögen, zum alten Eisen geworfen werden? Zum
Lachen!«

„Nicht so zum Lachen," schnitt mir ein Dritter da wieder die Rede ab,
„wie Sie vielleicht meinen! Ihnen, mir, Vielen unsres Kreises sind diese
Iüngsten fremd. Wir hören, was sie wollen, und sehen, was sie nicht
können. Nns stößt das Mißverhältnis zwischen Gebärde und Gehalt,
das grenzenlose Sicherdreusten in bejahender und verneinender Richtung,
das Sichbespiegeln und das Auftrumpfen ab. Doch, wollen Sie glau-
ben, daß irgend eine verborgene Neigung, eine Sehnsucht vielleicht, es
mich doch mit jedem ihrer Bücher immer wieder zu probieren zwingt,
rascher als mit dem neuesten Keyserling oder Schnitzler, obwohl ich weiß,
welcher »Genuß« mich hier erwartet, und weiß, daß dort mehr als neun-
undneunzig von hundert »neuesten« Büchern eine glatte Enttäuschung brin-
gen? Fast argwöhne ich, daß der Lrfolg, dessen sich diese Leute rühmen,
auf eine ähnliche Einstellung Vieler zurückgeht; ich bin nicht der einzige,
der ihre Bücher mit Spannung erwartet, und nicht der einzige, dessen
Erwartung noch jedesmal unerfüllt blieb.«

„Und wie erklären Sie das?"

„Als ich kürzlich mit einem unsrer feinsten Köpfe und besten Zeitkenner —
Sie kennen alle seinen Namen — davon sprach, sagte er beiläufig: »Diese
„Iungen" sind gewiß auf dem richtigen Wege, nur ist kein einziges
großes Talent und überhaupt nicht sonderlich viel Talent unter ihnen,-

s
 
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