Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Deutscher Wille: des Kunstwarts — 31,1.1917

DOI Heft:
Heft 1 (1. Oktoberheft 1917)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Mit oder ohne?: in Sachen der Denkmäler
DOI Artikel:
Neurath, Otto: Das umgekehrte Taylorsystem: auch etwas zur Auslese der Tüchtigen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14422#0037

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
hätt er erreichen können, hätte er, vom Zwange des Auftrags oder der
Suggestion des Kunstgeschmacks befreit, die stolze Wucht des Postamentes
selber als Denkmal ausbilden und ausstatten dürfen!

Aber der Colleoni, der Gattamelata, der Große Kurfürst! ruft man.
Weder der Colleoni, noch der Gattamelata, noch der Große Kurfürst wirken
auf uns wegen der Porträtähnlichkeit, gerade die aber hat unsre Zeit
bisher törichterweise vom Denkmal verlangt. Sie allerdings sind im
Bronze- und Steinteil „aus einem Gusse", sind in Bildnisgestalt und
Postament je eines. Wenn aber meine Beobachtung von der besseren
Wirkung des leeren Sockels zutrifft, so besagt sie nicht nur, daß in all
diesen Fällen keine Einheitlichkeit gelang, sondern sie macht höchst wahr-
scheinlich, daß die eigentliche künstlerische Phantasie der Bildhauer zur
Einheitlichkeit hier gar nicht zu zwingen war, daß sie zwei Aufgaben
verarbeitete: nicht ein Bildnis-Denkmal aus Erz und Stein, sondern
erstens eine Porträtfigur, die man durch Mantel und Draperie fürs
Freie einigermaßen „schließen" sollte, und zweitens einen Sockel, der
sie und den sie möglichst wenig stören sollte.

Stimmt das, so brauchen wir deshalb doch auch bei öffentlichen Denk-
mals-Aufgaben unsre Bildhauer, besser gesagt: unsre Bildformer nicht
darben zu lassen. Ich halte, wie unsre Leser wissen, Denkmäler ganz
andrer Art für viel wichtiger, als die aus Erz und Stein allesamt. Wo
aber solche in Rede stehn, da kann uns auch der Erzgießer Herrliches
geben. Um Bronzegestalten, die niedrig, geschützt, vor passenden Hinter-
gründen im rechten Lichte stehn, verhält es sich ohnehin anders. Der
Plastiker kann ja den mächtigen Block statt zum Fußboden zum Hinter-
grunde der Gestalt nehmen. Und wie kann er wirken mit „Sockelgestalten"
ünd vor allem durch Reliefs, wo sich die Darstellungen intim mit dem
Steine verbinden, für den rechten Blickpunkt ins rechte Licht setzen und
von der Straße wirksam absondern lassen. Wo die Bronzefigur keinen
Hintergrund hat, wo sie keine Nahbetrachtung ohne Froschperspektive er-
laubt, da gehört zum mindesten ein Bildnis, das geistige Werte ausdrücken
soll, nicht hin. Macht die Augen auf, Mitdeutsche, und es wird euch
sehr leicht werden, bei der Denkmal-Beschlagnahme aus der Not eine
Tugend zu machen, und zwar diesmal keine süß-säuerliche, sondern eine,
die auch schmeckt. Die Bedenken gegen das Einschmelzen der Denkmäler
habe ich nicht verhehlt, aber die sind jetzt durch die neuen Verordnungen
erledigt. dlnsre Straßen und Plätze als solche „leiden" durch den Abzug
der Bronzeleute gewiß nicht. Eine kurze Zeit der Gewöhnung, dann
iverden an Stelle der Bronzen die Steine reden, und was sie sagen,
wird uns gefallen. A

Das umgekehrte Taylorsystem

Auch etwas zur AuSlese der Tüchtigen

^U^as letzte Iahrzehnt vor dem Kriege machte uns in Deutschland mit
^^^den Bemühungen der Amerikaner bekannt, die Arbeit in der Indu-
^^strie und im Bureau wissenschaftlich zu erforschen und derart aus-
Zugestalten, daß alle Handgriffe möglichst zweckmäßig aus-

geführt, die zu jeder Arbeit geeignetsten Menschen
herangezogen würden. Die Abwehr dieser auch bei uns theoretisch
 
Annotationen