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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 31,1.1917

DOI Heft:
Heft 2 (2. Oktoberheft 1917)
DOI Artikel:
Hoffmann, Paul Theodor: Humanität als Begriff und Gefühl, 1: Herder
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Die Karikatur im Kriege
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14422#0075

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den sucht. „Hat die Erde nicht für uns alle Raum? Liegt ein Land
nicht ruhig neben dem andern? . . . Vaterländer gegen Vaterländer im
Blutkampf ist der ärgste Barbarismus der menschlichen Sprache." Die
Staaten sollen allmählich zum Menschheitsglücke sich durchringen; denn:
,alle Staatsverfassungen sind nichts als Mittel zur menschlichen Glück-
seligkeit". Damit wird der Staat schließlich zum bedeutsamsten Förderer
der Humanität.

Freilich, wie nun diese realpolitisch zu verwirklichen ist, darüber spricht
sich Herder selbst nicht aus; er ist doch zu sehr Kind einer Bildung, die
im Grunde staatsfremd war. (Lr bringt in seine Geschichtsauffassung,
die auf geistige und sittliche Bildung ausgeht, nur geringes politisches
Verständnis mit. Darum ist der Humanitätsbegriff Herders nach der
politischen Seite hin noch wenig aus den ersten Ansätzen heraus ent-
wickelt. Er hat ihn nach fast allen anderen Richtungen der Natur und
Kultur ausgedehnt und in ihm die innere Schwungkraft im Menschen-
leben gefeiert. Wer ihr nachspürt, der mag auch in dem gegenwärtigen
Ringen der Völker das Drängen und Treiben dieser Kraft empfinden,
die in den jetzigen heiligen Stunden der Geburt einer künftigen Erden-
ordnung neue, noch nicht erkannte Male ihres ideellen Daseins in dieser
Welt der Erscheinungen betätigen will.

Wir werden von der Entwicklung des Begriffs „Menschentum" und
„Humanität" bei unsern andern Großen in weiteren Aufsähen reden.

P. Th. Hoffmann

Die KarikaLur im Kriege

^^mmerfort lügen ist unbekömmlich, und wär' einer abgehärteter Poli»
^ttiker. Die Phantasie dazu ließe sich aufbringen, da die Requisiten-
^Fschränke bewährte Schwindelmuster jeder Art bewahren, als welche
der Strebsame immer irgendwie auf modern herrichten kann. Aber je
mehr man gelogen hat, desto öfter wurden schon die Korrekturen der Wirk-
lichkeit von der Wirklichkeit korrigiert. Auch die Konsequenz im Lügen
ist so schwer — was muß man nicht alles im Gedächtnis behalten, worauf
man einmal geschworen hat! So sieht denn der Fachmann trotz sen-
sationeller Aufmachung seiner Ware die Papiere dieser Branche all-
mählich im Kurse sinken.

Dagegen: wie schön hat es der Karikaturen-Mann! Er kann heute
rechts- und morgen linksum schwenken, er kann seinem Modell heute
eine Fratze aufsetzen, daß sich die Grillen vor ihm verkriechen, und
morgen eine Glorie, daß ihn die Engel im Himmel beneiden; er kann
heut aus der Mücke einen Elefanten und morgen aus dem Elefanten
eine Mücke machen — denn das zeigt alles nur, was für ein zauberisch
beweglicher Geist er ist. Freilich muß er sein Mundwerk verstehn. Erste
Bedingung: immer sicher tun. Und wenn er keine Ahnung hat, ob's
stimmt, er platze sein Sprüchel hin mit Trumpf und Schlag. Hat er
gestern „weiß!" gesagt, und heut sieht man, daß das Unsinn war, dann
um so lauter heraus mit dem „schwarz!", damit es die Erinnerung an
die Behauptung „weiß!" überschreie. Handelst du so, sagt man: der hat
Temperament. Aber du hast keins? Das ist Nebensache, das übt sich. Bist
du bei einem großen Blatte angestellt, so läßt sich ja doch aus seinen
Iahresbänden feststellen, daß mindestens aller Wochen einmal in dem
 
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