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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 31,3.1918

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Heft 15 (1. Maiheft 1918)
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Kranold, Hermann: Karl Marx: zu seinem 100. Geburtstage
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14373#0083

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stellen der Ausgebeuteten gegeu die Ausbeuter, des Proletariats gegen das
Kapital. Dieser Beweis ist die eigeutliche Waffe der Arbeiterbeweguug ge-
worden. Sie hat die kämpfende Arbeiterschaft mit dem Bewußtsein durch-
tränkt, daß sie um ein gereHtes Ziel, nämlich um die Befreiung aus der
Sklaverei ringt, und gleichzeitig gezeigt, daß der Klassenkampf diesem Ziele
näherbringeu kann, indem er die Ausgebeuteten zu wirtschaftlichen nnd beruf-
lichen Genossenschaften und zn politischer Bruderschaft verbindet. Ausschaltung
kapitalistischen Gewinns durch. Aberführung der Besitzrechte an den Produk-
tionsmitteln in die Hand der organisierten Gesellschaft und Besitzergreifung von
der Gewalt in der organisierten Gesellschaft durch die arbeitenden Klassen sind
seitdem die beiden Ziele, denen das Proletariat zustrebt. Diese Ziele hat
Marx ihm gegeben und dadurch die ziellose Auflehnung des Anterdrückten zum
planmäßigen Befreiungskampfe dessen, der nicht mehr unterdrückt sein will,
erhoben,

Nicht durch seine philosophischen Theorien, nicht durch seine National-
ökonomie des Mehrwerts hat ÄNarx die Welt bewegt, sondern dadurch, daß er
den tiefsten Sinn der Klassenkämpfe enthüllte. Wissenschaft, die bis dahin Mo-
nopolbesitz der wirtschaftlich Gutgestellten war, wurde durch ihn Machtmittel
der Ausgebeuteten. Mag man über den Klassenkampf denken, wie man will:
daß Wissenschaft als etwas für alle Verbindliches, für alle Wichtiges erkannt
wurde, daß Wissenschaft mehr ist als ein Lnxusgut, mehr als eine anmutige
Arabeske am Rande des dunklen Lebens, das hat er gezeigt. Diesen Schritt, den
vor ihm die Humanisten und Kant schließlich doch vergeblich getan hatten, hat er
mit Erfolg wiederholt und dadnrch den Prozeß der gesellschaftlichen Entwicklung
aus dern Bereich des dunklen Drangs auf die Stufe des Bewußtseins erhoben.
Daran kann niemand vorüber, darin liegt seine große Bedeutung für alle
Menschen, dadurch wirkt er heute noch und wird er alle Ieiten wirken. Das
deutsche Volk darf stalz darauf sein, daß es einer seiner Söhne war, der
diesen Schritt vollbrachte. Es darf ohne Anterschied der Partei an seinem
hundertsterr Geburtstage dankbar seiner gedenken. H e r m a n K r a n o l d

Vom tzeute fürs Morgen

Himmelfahrt

u liegst im hohen Wuchs der Wiese,
über dir breitet ein blütenweißer
Baum seine Äste. Drin dnftet's und
summt's und klingt's vom warmen Le-
ben, und einen Vogel siehst du, der fliegt
mitten in den blauen Himmel hinein.
Er macht seine Himmelfahrt, Da wird
deine Seele mitbeschwingt von all dem
Jubel der ,Natur und emporgezogen
zum Licht, bis in den Ather des Welt-
alls hinein. Konnte sich das Himmel-
fahrtfest schöner in den Kreislauf des
nordischen Iahres legen? Gerade weil's
in diese Zeit und in keine andere fällt,
darum fühlst und bist du selbst ganz
Himmelfahrt, Himmelfahrt . . .

Freilich ist es so etwas anderes, als
das Gedächtnisfest der Kirche. Vermag
dieses dem modernen Menschen mehr
als eine liebe Sage zu erzählen? Es
war ein Fest der Nachfreude über
Ostern: Der Sieg Christi, den er in dcn

Anferstehungstagen errang, erhielt seine
lehte Weihe; es war Abschlnß und
Rückblick auf -as Werk. Und es war
ein Fest der Vorfreude auf die
verhießene Ausgießung des heiligen
Geistes. Wo Vor- und Nachfreude zu-
sammenklingen dürfen, gibt es ein
bestes SeLlenfest. Wie ist das, wenn
wir solche Feste nicht nur dem Worte,
sondern unserer eignen Zat nach er-
leben können! Wer im Lebenskampfe
einen Sieg erfocht und zu einem neuen
Sieg alle Kräfte sammelt, der mag
solches Hochgefühl empfinden. Der
Weltkrieg hat uns Deutschen oftmals
schon derartiges geschenkt. Mögen wir
uns das Erlebenkönnen solcher Stun-
den für immer bewahren!

P. Th. Hosfmann

T

s ist noch nicht lange her, da sah.
jeder Bildungsphilster einen Men-
schen, der an die Himmclfahrt glaubte,

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