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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 31,3.1918

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Heft 18 (2. Juniheft 1918)
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Avenarius, Ferdinand: Hodler in unsrer Kunst
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Gregori, Ferdinand: Auch ein Epilog: zum Ausgang der Bühnenspielzeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.14373#0164

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grrade durch dieses Äbersteigern. Ich für mein Teil komme bei den späteren
Bildern immer weniger aus dem Ausdruck heraus, daß das eigentliche innere
Erleben Hodlers gar nicht die Sache sei, sondern eine Komposition.
Daß ihn irgendein Sinfall, eine sogenannte Idee oder auch ein Eindruck von
Menschengestalten „auf etwas bringt", daß aber diefes „etwas" dann nicht mit
dem Erleben im Gefühl und inneren Gesicht der Sache, sondern mit dem
„Kunstverstand" ausgetragen werde. Die natürliche Form des inneren Ge--
sichtes ist der Traum. Visionen, dis sich nach Parallelismus, Eurhthmie, monu-
mentalen Wirkungen und besondern Farbenskalen ordnen, überzeugen von ihrem
Erlebtsein nicht leicht. Denken wir noch an all das, was mit den Einzelgestalten
bei ihrer Amformung bis zu Hodlerscher Shmbolfähigkeit vor sich geht, so
wissen wir, was manche Gegner Nrit dem Ablehnen von Hodlers „Monumental-
Gespenstern" meinen.

^rodlers Malerei ist im höchsten Maße bewußt absichtlich, temperamentvoll >und
4/willensstark. Wäre er gleichbedeutend als Erleber der Dinge und als Ge°
stalter solcher innern Erlebnisse durch seine Phantasie gewesen, er HLtte zu
den größten Künstlern gehört. So glaube ich: es werden Zeiten kommen, da
man nicht mehr, wie ich es neulich las, von Hodler als dem schlechtweg
größten Schweizer Maler spricht „im Gegensatz zu seinem zeitweise stark
überschätzten Landsmann Böcklin", Zeiten, da man wieder mit mehr Bedürfnis,
mit mehr Liebe auch das sucht, findet und fühlt, was Hodlern gefehlt hat.
In der Schweiz selbst haben Große gemalt, denen viele jetzt deshalb nicht mehr
gerecht werden, weil die Hodlersche Suggerierkraft einäugig gemacht hat. Es
wird eine Zeit kommen, da auch sie eine „Toteninsel" oder ein „Gefilde der
Seligen" von Böcklin nicht mehr so vorzugsweise auf das Malerische, auf
Komposition, Linienführung, Farbgebung ansieht, sondern sich wieder darein
vertiefen kann als in das Träumen eines Poetengeistes, der in Visionen zeigt,
was sich als Literatur niemals zeigen ließe. Zeiten, in denen man aus einem
Bilde wie Weltis „Penaten" in Basel eine Innenschönheit der Seele singen
und sagen spüren wird, vor der man sich als vor einem Höchsten seiner Art
nicht nur mit Anerkennung, sondern mit Andacht beugt. Wir wollen uns
auch von einem Hodler nicht „werfen", nicht auf eine Seite werfen lassen. Er
war einer der stärksten Anreger, Aufwecker und — in doppeltem Wortsinn —
Versucher in der Kunst. Er hat ungezählt viele Schwächlinge, mit Michelangelo
zu sprechen: „zu Narren gemacht", aber die Starken haben guten Grund, ihm zu
danken, selbst dann, wenn sie anfangs überschätzten, weil sie begriffen. Umsonst
geschaffen ist von seinen großen Werken nichts, selbst dann nichts, wenn seine
erfolgreichste Tat der des stärkstwilligen Forschungs-Reisenden verglcichbar wäre,
der eine Durchfahrt suchte, wo es keine gibt. Und außer dem, was für mein
Gefühl Irren ist, sehe auch ich in reicher Zahl Schöpfungen, die, wie der Kopf
vor unserm Heft, mich restlos entzücken. Vielleicht sind auch unter den Hodler-
schen Werken der letzten vier Iahre, die wir Deutschen noch nicht kennen, solche, die
meine Meinung verändern würden. Was ich hier sage, gebe ich als persönliches
Urteil, nicht als mehr. A

Auch ein Epilog

Zum Ausgang der Bühnenspielzeit

^^s hat, wenn män nur oberflächlich ins gedruckte oder gesprochene Beschwerde--
E^s^buch des Theaters guckt, den Anschein, als klammere sich kein Beruf so fest
Althergebrachte wie der theatralische, als seien die Theaterleute gegen
nichts so eingenommen wie gegen das Neue. Allerorten liest und hört man,
die dramaturgischen Kanzleien kümmerten sich nicht gehörig um die Dichter und
wiesen jeden zurück, der ein Stück einreiche, solange er unbekannt sei. Dagegen
fänden sie aber immer wieder die Zeit, um Shakespeare, Goethe und Lessing,
ja sogar Ibsen und Hauptmann aufzuführen, die es doch gar nicht nrehr nötig
 
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