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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 31,4.1918

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Heft 19 (1. Juliheft 1918)
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Avenarius, Ferdinand: Vom Schmerzenskind Kino
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Treu, Georg: Eduard von Gebhardt
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https://doi.org/10.11588/diglit.14374#0020

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Erreichten zuiäßt. Ein Tiefstand auch der Betriebstechnik, der an das Unglaub-
hafte grenzt.

^Txas bedentet Mißstände, die so ungeheuerlich sind, daß vielleicht gerade durch
^^die Gipfelung des Widersinnigen die Notwendigkeit einer Volkswirtschaft mit
Geistgut doch endlich einmal verständlicher wird. Heraus aus dem Man--
chestertnm, her zur Knlturwirtschaft! Im einzelnen nnd im all-
gemeinen ist ja fürs Kinogebiet schon vieles angeregt worden, ans neuester Zeit
erinnere ich nnr an den „Bilderbühnenbund deutscher Städte". Aller großen,
schon aller größeren Erfolge Vorbedingung aber ist die Erkenntnis vvn
der enormen Wichtigkeit der Aufgabe und der Wille der
Allgemeinheit, da zu helfen. Sind die Mittel beschafft, so möchte ich
für mein Teil zwei Forderungen besonders befürworten:

Erstens die nach dem Gründen, Pflegen und vermittelnden Verwalten
einer staatlichen Film-Sammlnng. Ein Lichtbühnen-Betrieb ohne
Filmsammlung ist cin Theater-Betrieb ohne Fundus, ohne Kulissen nnd ohne
Bücherei. Man kann ohne ÄLertreibung noch mehr, man kann auch sagen:
Es ist eine Literatur, die sich nur vom Hörensagen reich und modern ent-
wickeln soll, ohne Bücher nnd Büchersammlung also. Wo kann ich mir auch
nur die stofflich interessanten Filme leihen, wo z. B. sehn, wie sich ein großer
Toter bei seinen Lebzeiten gab? Alle Filme lassen sich kopieren. Wo stehen
die nach Stoff oder Bearbeitung schönsten und interessantesten zum Wieder»
vorstellen znr Verfügung oder wo wird das Recht dazu vermittelt?
Wo ist die ausschließlich gemeinnützige Staatsanstalt, die da unserm öffent-
lichen Iteresse an Bücherei nnd Hilfsanstalten entspricht, um Musterprogramme
für Lichtbühnen zu ermöglichen?

Zweitens branchen wir: Lichtbühnen für Gebildete, besser ge-
sagt: für Vorgeschrittene im Geschmack. Lichtbühnen, denen die Staaten, die
Städte oder sonst Körperschasten Zuschüsse unter entsprechenden Bedingungen
gewähren, wie jetzt schon den städtischen und staatlichen Theatern, und die sie
dadurch aus dem Kampfe ums Nur-Geschäst hinausheben. Auch die Wieder-
holung der „abgespielten" besten Filme könnte von ihnen ausbedungen werden.
Diese bevorzugten Bühnen müßten zugleich die Darsteller des besten schon
Erreichten und die Träger der Entwicklung vorwärts sein. A

M

Eduard von Gebhardt

it der Religion hat die Kunst entschieden gebrochen" — so verkündete
der Ästhetiker Friedrich Theodor Vischer um I3H8. In demselben Iahre
''wurde Fritz von Uhde geboren, wie Muther erinnert; und ein Iahr-
zehut früher fällt die Geburt Eduard von Gebhardts. Man soll nicht weissagen
wollen.

In unserer Zeit haben gerade die Größten von neuem um jene Ziele ge°
rungen. Damals aber schien jenes Wort Vischers im allgemeinen zuzutreffen.
Daß es ein Stück Verarmung und Verengung, ein Verzicht auf stärkste Lebens-
wirkungen der Kunst bezeugte, scheint weniger empfunden worden zu sein.
Denn was war bei uns in diesem Sinne aus der Kunst unserer mittelalter-
lichen Dome und Albrecht Dürers geworden?

Am Anfang des vorigen Iahrhunderts hatten Overbeck und Lornelius mit
ihren Genossen, mit Veit und Steinle, Führich und Schnorr es im Kampfe
gegen Barock und Klassizismus unternommen, den Deutschen eine neue Kunst
zu schaffen. Daß jene Bewegung von Rom ausging und in „nazarenischer"
Abschließung vom Leben ihre ersten Schritte tat, ist auch für ihreu Fortgang
bezeichnend und verhängnisvoll geblieben. Gewiß entstand auf diesem Wege
manch gefühlsinniges Werk, unter Cornelius' kraftvoller Hand auch Eindrucks-
mächtiges und Unvergeßliches. Aber weder das anfängliche Bestreben, sich mit

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