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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 31,4.1918

DOI Heft:
Heft 22 (2. Augustheft 1918)
DOI Artikel:
Ehrentreich, Alfred; Topp, W.; Behaghel, Otto: Zur Sprachpflege: eine Aussprache
DOI Artikel:
Corwegh, Robert: Strömungen und Richtungen der gegenwärtigen Malerei, 1
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https://doi.org/10.11588/diglit.14374#0130

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Es wird ja zugcstanden, daß der Unerwachsene seine Muttersprache noch
lernen muß. Aber es ist durchaus nicht bloß „der kleine Schüler", für den
dies gilt. Wie auch der Lrwachsene in Fragen der Sitte noch oft genug der
Belehrung bedarf, so hat er auch sprachlich nicht ausgelernt, zumal immer
wieder störende Linflüsse an ihn herantreten, die Einwirkung der Mundart
oder fremder Sprachen oder unserer eigenen älteren Sprache. Es mag ja
Leute geben, denen es Spaß macht, mit zerrissenem Rock herumzulaufen oder
mit Flecken auf der Hose. Ich kann aber versichern, daß heute die Zahl dereri
doch sehr erheblich ist, die großen Wert darauf legen, eine saubere sprachliche
Wcste zu tragen. Ans dem Schützengraben, aus der Schreibstube der Fabrik,
vom Studenten, vom Pfarrer, vom Rechtsanwalt kommen die Anfragen,
ob man so oder so besser sich ausdrücke. Wie stark der Hungcr nach sprachlicher
Anterweisung ist, zeigen auch die Erfolge aller der Bücher über Sprachgebrauch,
über Sprachsünden, Sprachschäden. Den Hungernden will Topp Steine statt
Brot geben. O. Behaghel

Strömungen undNichtungen der gegenwärtigenMalerei l

on den vielen Richtungen, die wir im Laufe der letzten fünfzig Iahre
^»(auftauchen sahen, hat als Richtung allein der Impressionismus

einen bleibenden Wert. Vielleicht interessierte bei der einen oder
der andern eine Persönlichkeit, aber die Richtung selbst verschwand, so
schnell, wie sie aufgetaucht war. Die meisten waren nämlich in ihrer
Grundlage nur technische Neuerungen oder suchten auf einem Umwege
über die Wissenschaft, wie der Neoimpressionismus und Pointilismus, die
Kunst zu beeinflussen. Die Technik versteht sich aber bei jeder echten Kunst
von selbst, und die Wissenschaft muß bei jedem Künstler mit der Tätigkeit
des Farbenreibens oder mit der Herstellung von Malmitteln und Mal--
grund endigen. Alles andere in der Kunst wurzelt im Geistigen.
Wenn man das Resultat zieht, wenn man die schnelle Vergänglichkeit
der verschiedensten Richtungen sich vor Augen hält, so sucht man gleich-
zeitig nach dem Grund, weshalb der Impressionismus dauernde und wir-
kende Kraft hatte. Nur der Impressionismus dankt sein Entstehen der
Weltanschauung einer Vielheit. Er stellt den momentanen Eindruck als
Ziel seiner Kunst auf. Er predigt die Bedeutung des Eindruckes der Außen--
welt auf eine Persönlichkeit. Mit dem Worte, daß der Glaube Privat--
sache sei, fing diese Geistesströmung an, von Stirners radikalem Egois--
mus wurde sie bekrönt. Da die bildende Kunst die letzte abschließende
Formung einer Weltanschauung bedeutet, so ist es begreiflich, daß diese
Weltanschauung in ihrem vorwärtsstrebenden Suchen längst vor der Kunst
ans Ziel gelangt. Daher die seltsame Erscheinung, daß der Impressionis-
mus (die Kunst und letzte Formung der subjektiven Weltanschauung) seine
Themen und Vorwürfe dem werdenden Sozialismus entlehnte.

Am Expressionismus kann man eine ähnliche Beobachtung machen. Die
meisten seiner Künstler vertreten aufs schärfste die soziale Weltordnung,
aber ihre „Sujets" wurzeln im äußersten Subjektivismus. WLHrend der
Impressionismus seine Vorwürfe sich aus einer Weltanschauung nahm,
welche die Form des Impressionismus bereits überholt hatte, greift der
Expressionismus in seinen Motiven rückwärts. Eine andere Richtung des
Expressionismus behauptet dabei, Weltanschauung an sich zu geben. Sie
lehnt es ab, mit der Natur Hand in Hand zu gehen, sie will Gleichartiges
gebären. Es ist nun die Frage: kann bildende Kunst Weltanschauung
darstellen ohne das Mittel des in der Welt Geschauten? Diese Flucht

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