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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 31,4.1918

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Heft 22 (2. Augustheft 1918)
DOI Artikel:
Hartwig, Ernst: Ein politisch Lied - ein leidig Lied
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Hashagen, Justus: Neue Historikerpflichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.14374#0136

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Mitteln, wenn cr Prinzipien, Äberzeugungen und Meinungen in den Streit
wirft, welchc Bestandtcile einer Weltauffassung sind, anstatt sich der aus der
frcien und reinen Sachanschauung gewonnenen Beweismittel zu bedienen. So
ist es dcnn leicht zu verstehen, daß politische Lieder bei uns so lcicht mißtönend
wcrden — wir haltcn die Instrumente zu wenig abgestimmt auf den zuge-
hörigen Ton, und die Spicler bcherrschen die Noten nicht.

Nun aber werfen uns manche vor, wenn wir solchermaßcn dem Machtwillen
das Wort reden, wie dies scheinbar eben geschah: eben das sei „undeutsche"
Weise, alles auf den Machtgedanken hinauszuspielen. Wohl stehe es einem
Seilliere an, den Impcrialismus selbst in der Liebe gegen die Romantik zu
setzen, aber deutsch sei und bleibe es, ein wenig Romantik zu bewahren, dem
Recht mehr als der Macht zu vcrtrauen. Wir erwidern: alle „Romantik" sei
gern gesegnet, ob sie aber in die Politik gehört, ist eine andere Frage. Dem
Gedanken des juristischen und des sachlichen Rechts — wenn er nicht in
Rechthaberei ausartet — sei die höchste Herrschgewalt zugebilligt. Aber auch
der äußerste Friedensfrcund, der ertremste Pazifist wird nicht viel mehr er-
reichen, als garstiges Herüber- und Hinüberstreiten, wenn er sich barauf be-
schränkt, die Richtigkeit seiner Theorien zu „beweisen" und dem Anderen
aufzureden. Selbst Lenin und Trotzki haben die Macht ergreifen müssen.
Macht dars nicht zum S e l b st z w e ck werden. Aber ohne Macht als Mittel
können wir viellcicht Idyllen und Sekten gründen, jedoch nicht vollwertige
Bürger eines Weltstaates und der Welt werden. Ernst Hartwig

Neue Historikerpflichten

uch dem deutschen historiker erwachseu aus dem Kriege neue Pflichten.
i Die äußerlichste wäre, daß er sich der internationalen Geschichte der
^^jüngsten Vergangenheit mit größerem Eifer als bisher zu widmen
und den auf diesem Gebiete vornehmlich von angelsächsischen und romani-
schen Völkern gewonnenen Vorsprung einzuholen hätte. Die Zeitgeschichte,
einst ein Lieblingsgegenstand des Studiums deutscher Historiker, zumal
im Zeitalter der deutschen Einigungskriege, müßte aus der gedrückten Stel-
lung eines Stiefkindes, was sie vor dem Kriege war, herausgehoben werden.

Darüber hinaus verlangt die internationale Geschichte im weitesten
Sinne die lebhafteste Aufmerksamkeit. Nun haben sich zwar die deutschen
Historiker schon vor dem Kriege bei ihrer Lrforschung einen Ehrenplatz ge-
sichert; sie ganz besonders haben mit bestem Erfolge die Geschichte des
Auslandes erschlossen und klassische Werke darüber geschaffen. Aber der
Hochschulunterricht ist hier hinter Geschichtsforschung und Geschichtsschrei-
bung zurückgeblieben. Die Vorlesungen über die Geschichte cinzelner
Staaten des Auslands als solche, ohne Rücksicht auf Deutschland, verlangen
dringend einen weiteren Ausbau, da sie durch die bisher besonders be-
liebten zusammenfassenden Vorlesungen über europäische Geschichte nie-
mals ersetzt werden können. Äber die frairzösische Revolution sind zahl-
lose Vorlesungen gehalten worden, über französische Geschichte sonst nur
weuige, über die Geschichte der Dritten Republik kaum eine. Wenn es für
alte, das heißt vornehmlich griechisch-römische Geschichte an jeder deutschen
Universität eine besondere Professur gibt, warum für romanische oder
angelsächsische Geschichte keine einzige?

Weiter bedarf es auch innerlich eines neuen Geistes. Vielleicht kann
er am meisten gefördert werden, wenn der Krieg Veranlassung gibt, an
der Äberbrückung des Gegensatzes zwischen der mehr kulturhistorischen und
der mehr politischen Richtung in der deutschen Geschichtswissenschaft zu
arbeiten. Den Anhängern jener, der jüngeren und weniqer verbreiteten
 
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