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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 31,4.1918

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Heft 24 (2. Septemberheft 1918)
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Mumbauer, Johannes: "Klassisch" und "romantisch" im heutigen Katholizismus, [2]
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"Gemeinwirtschaft"
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https://doi.org/10.11588/diglit.14374#0194

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Origenes, Tertullian, Augustinus, Dante, Eckhart, Nicolaus Cusanus, Pascal,
Deutinger, Newnmn: die einen sind ohne Frage „griechische", die andern ebenso
entschieden „gotische" Naturen. Und ähnlich ist es mit den verschiedenen Epochen
der Kirchengeschichte: man braucht nur an die Nenaissance in Italien zu
denken, die so „ungotisch" wie möglich war, und die das sehr „gotische"
Iahrhundert ablöste. In dieser Beziehung sollte man Wertungen, und
zumal absolute Wertungen, lieber unterlassen.

Am abzuschließen: Preßt man den Ausdruck „Romantik" so, daß diese mit
der transszendentalen Weltanschauung samt ihrer Wirklichkeits- und Wahr-
heitsfülle im Gegensatz zu der immanent-humanistischen identisch ist, so ist das
katholische Kulturprogramm, also jedes, in ihr beschlossen, und Flaskamp hätte
dann allein recht; versteht man aber unter „romantisch" eine bestimmte geistige
Stilform, so ist jeder Streit überflüssig, weil man sowohl als „Klassiker" wie
als „Romantiker" untadelhaft katholisch und zugleich formvollendet seiu kann.
Die bisherige Kontroverse, die übrigens beschämenderweise in der katholischen
Tagespresse kaum in ihrer Tragweite erkannt worden und daher auch fast gar
nicht behandelt worden ist, hat noch keine ausreichende Formulierung gebracht,
und so wird sie wohl noch eine Zeitlang weitergehen.

Iohannes Mumbauer

„GemeinwirLsch aft"

Man schreibt uns:

s ist immer ein bedenklich Ding, eiuen Gedankengang kritisch zu unter-
R)*suchen, der noch neu, noch werbekräftig und noch vertretens w e r t ist, wie
^^^heute der Gedanke der „Gemeinwirtschaft", für desssn besten Gehalt sich
fo viele Führer, zum Beispiel auch im „Kunstwart", eingesetzt habeu und cinsetzen.
Zum voraus sei daher erklärt, daß ich weder diesen Gedanken verwerfen, noch
gegen ihn auftreten will; lediglich auf seine Klärung und seine Ergänzung
kommt es mir an.

In welches Kapitel des Hauptbuches unsrer Gedankenshsteme — das sei hier
die erste Frage — gehört der Gedanke der „Gemeinwirtschaft"? Erste Antwort:
in das Kapitel Moral. In diesem Kapitel stehen jedoch nur die Vor-
erörterungen, die „Präliminarien" der Idee; ihr volles Wesen wird in andern
Kapiteln abgehandelt. Die Idee fordert auf zu einer „neuen Wirtschafts-
gesinnung". Gegen diese Auffassung wendet sich zunächst der Instinkt der
Viertelreifen, unter denen die „Literaten" die Einflußreichsten sind; sie wider-
sprechen aller moralischen Betrachtung aus grundsätzlicher „Immoralität", aus
einem Zustand heraus, in dem die moralische Unerfahrenheit des Knaben aus
Bequemlichkeit zum Grundsatz erhoben ist. Aber es widerstrebt ihr auch die
Aberlegung der „Fünfviertelreifen", welche die Relativität aller Moralen nach
sehr gründlicher Erfahrung zum Grundsatz ihres Denkens erhoben haben und
Anrat wittern, wenn eine davon sich zur alleinseligmachenden aufwerfen will.
Soweit diese dahin drängen, statt oder mindestens neben moralischen Er-
wägungen und Ermahnungen auch streng sachliche nicht zu vergesseu, sollen
sie später gehört werden. Soweit sie die Relativität der Moralen als Antrieb
auffassen, die Hände in den Schoß zu legen, ist ihnen zu erwidern: wir legen
die Hände nicht in den Schoß; es lebt Wille in uns und Tatendrang, der noch
nicht vom Äbcrmaß relativierenden Denkens gelähmt ist. Solange Besitzgier,
Profitgier, Machtgier, Lustgier täglich millionenmal auf offcnem Markt in
moralische Sprüche umgemünzt werden, wie dies jetzt geschieht, werden wir uns
herausnehmen, ausgewählte Sätze aus anderen moralischen Denkgebieten ihnen
entgegenzuhalten, weil uns die an sich vielleicht moralisch ganz indifferenten
Folgen dieser Falschmünzerei nicht gefallen; gleichviel, ob sie vielleicht „nur"
unserm „Egoismus" oder ob sie uusrer philosophischen Weltanschauung miß-
fallen, uns genügt als Grnnd unser Instinkt und die Aussicht, daß aus der
Befolgung unsrer Sprüche nach Menschenermessen Zustände hervorgchen müß--
ten, die uns besser gefielen. Sowcit cndlich jene Bedenklicheu die Zweck-
 
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