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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 32,2.1919

DOI Heft:
Heft 9 (1. Februarheft 1919)
DOI Artikel:
Fuchs, Emil: Das freie Volk und die Kirche
DOI Artikel:
Meinecke, Friedrich: Der nationale Gedanke: im alten und neuen Deutschland, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.14376#0085

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des gesamten Bildungswesens, des Verhältnisses von Unternehmer und
Arbeiter, der gesamten Stellung der sogenannten untern Stände im Volks«
leben, der Bevölkerungspolitik und aller dazugehörigen Fragen, der Steb-
lung zu den Deutschen im Auslande, zur Mission, zum Völkerbund.
Unendlich vieles ist da nach innen und außen zu tun. Dis Kirchen müssen
aus ihrer eigenen Kraft und Arbeit das Ansehen sich erwerben, die natür-
lichen Verteidiger und Vorkämpfer der sittlichen Mächte auch im All-
tagslebeu zu sein, daß sich Verstehen und Wollen der Meuschen auch aus
den Gemütstiefen her zur neusn Zeit einstelle.

Wenn die Kirche mit klarem Zielbewußtsein das leistet, dann wird sie
im neuen Staat ihre Stellung nicht verlieren, sondern sie wird sie be»
festigen, indem sie ihre Notwendigkeit beweist. Aber nur ein Zusammen--
fassen aller ihrer Kräfte zu ernstester Arbeit kann dazu dis Voraussetzungen
schaffen, sonst rauscht die Zeit über die Kirche hin und nimmt sie mit. Was
aber sollte an ihre Stelle treten? Eine neue Gesamtorganisation der
Frömmigkeit müßte ja wieder werden — sollte sie erst aus einem vollen
Zusammenbruch wieder erstehn? Ich meine, wir haben das unselige „zu
spät" schlimm genug an uns erfahren — man zerstöre nicht, was man
heilen und veredeln kann!

Eisenach Emil Fuchs

Der Nationale Gedcmke

im alten und neuen Deutschland

^^)is vor kurzem habe ich an die Sturmsestigkeit des Bismarckschen
^LHReichsbaüs geglaubt, - trotz dsr Kassandrastimmungen, die mich
^^seit Anfang des Iahres 1916, wo ich zuerst von dem Plane des
radikalen Anterseebootkrieges hörte, zu beschleichen begannen. Ich hoffte, daß
der Reichsorganismus standhalten und selbst schlimmstenfalls den Verlust der
Reichslande vertragen würde. Dabei war ich mir freilich des inneren Risses,
der durch ihn ging, schon längst bewußt. Die Entfremdung der Massen vom
Staate, hervorgerufen durch das Äbergewicht des Herrschaftsgedankens, des
von Preußen getragenen konservativ-militaristischen Prinzips im Reiche, sah
ich als eine fundamentale Schwäche unsres öffentlichen Zustandes an, die
im Falle eines Krieges furchtbar hervortreten könne. Wenn ich trotzdem
nicht aufhörte zu hoffen und zu glauben, so stützte ich mich einmal auf
den Trost der geschichtlichen Erfahrung, daß der Zwang der Lage, der
Diktat und Primat der auswärtigen Politik, das Grundbedürsnis der
Selbstbehauptung nach außen, letzten Endes auch unsre innere Politik
noch einmal wenden und zur Versöhnung mit den Massen treiben werde.
Weiter aber verließ ich mich darauf, daß dis Bismarcksche Reichsgründung
doch nicht nur auf preußischem Militarismus, auch nicht nur auf stärksten
wirtschaftlichen Notwendigkeiten, sondern auch auf höchst lebendigen geisti-
gen Wurzeln, auf der durch ein Iahrhundert hindurch, aus mannigfaltig»
sten und reichsten Ansätzen zusammenwachsenden, organisch und mächtig
sich entfaltenden nationalen und nationalstaatlichen Idee beruhs. Meine
Liebe und meine Forschung war der Geschichte dieser Idee gewidmet. And
weil ich dabei sah, in wie viel wunderlichen und quer durcheinander stre»
benden Formen sie bei uns erschienen ist und wie viel scheinbar ganz
Fremdartiges sie mit sich schleppte und durch wie viel Widersprüche und
Konflikte sie sich hindurchwinden mußte, ehe sie zur historisch voll wirk-
samen Kraft wurde, so wurde ich einmal sehr optimistisch gestimmt auch

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