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Dézallier d'Argenville, Antoine Joseph
Leben der berühmtesten Maler: nebst einigen Anmerkungen über ihren Character, der Anzeige ihrer vornehmsten Werke und einer Anleitung die Zeichnungen und Gemälde großer Meister zu kennen (Band 4): Von den Malern der Französischen Schule — Leipzig, 1768

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https://doi.org/10.11588/diglit.44058#0441
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E

Ludwig Cheron.

udwig Cheron, ein juͤngerer Bruder der Eli-
ſaveth Sophia Cheron, deren Leben oben
beſchrieben worden, war von der Natur mit einem
großen Genie zur Malerey verſehen. Er eeblickte die
Welt ums Jahr 1660 zu Paris, und wurde von ſei-
nem Vater, einem Reformirten in ſeiner Religion, und
zur Kunſt erzogen. Weil derſelbe ein Portraitmaler
war, ſo fuͤhrte er den Sohn inſonderheit zu dieſer Art
der Malerey an. Der junge Cheron hatte aber zu
viel Geiſt, um ſich darauf einzuſchraͤnken: ſeine gro-
ßen Gedanken machten ihn zum Hiſtorienmalen tuͤch-
tig. Wenn ihm ein merkwuͤrdiger Zug aus der Ge-
ſchichte vorkam, ſo entwarf er ſolchen gleich auf dem
Papier.Seine leichte Erfindungskraft bey allen
Gegenſtaͤnden war ein deutliches Merkmal, wie
viel die Kunſt einmal von ihm zu gewarten haben
wuͤrde.

Nach einem ſo gluͤcklichen Anfange fand er Gele-
genheit, ſich waͤrend ſeines achtzehnjaͤhrigen Aufent-
halts in Jtalien immer vollkommner zu machen, und
ſich nach Raphael und Julius Romanus einen
gewehlten Geſchmack zu bilben. Cheron ſuchte zu-
erſt in ſeinen Gemaͤlden eine richtige Zeichnung und er-
habne Gedanken, und nachgehends eine ſtolze Manier
anzubringen. Nachdem er aus ſolchen Quellen ge-
ſchoͤpft hatte, ſo erreichte er jenen herrlichen Charak-
ter und die edle Einfalt der Antiken; den gereinigten
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