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Die spanische Kunst
(S. 42, 43) und das Aussehen der Vorbilder bewahrten, die Kuppeln
durch Tonnen (Abb. 131, 137 und S. 65, 66). Dieses erste Stadium
hielt nicht an. Bei wachsender Erfahrung kühner werdend, ver-
suchten sich die Architekten an täglich immer getreueren Nach-
bildungen. Die proto - mudejarischen Kirchen kennzeichnen ein
zweites Stadium. Zu Beginn des dritten stehen die Kirchen von
Tarrasa, deutlich ihre Herkunft durch die Trompenkuppel, die
iranisch-syrischen Grundrisse und die Apsis auf Überhalbkreis-
bogen-Grundriß kennzeichnend (Abb. 161—163).
Die fortschreitende Rückeroberung begünstigte die Einbürgerung
mohammedanischer Kunst. Aber die beiden entscheidenden Er-
eignisse waren doch die Einnahme Barcelonas durch Ludwig den
Frommen (801) und die
Plünderung Meridas(835).
Auf diese ruhmreichen
Kriege folgten bald klei-
nere Feldzüge, die Al-
fons III. der Große (866
bis 910) nach Kastilien
und Wilfred der Behaarte
(864—898) nach Katalo-
nien unternahm. Gerade
nun während dieser krie-
gerischen Zeiten errichten
die Sieger bei sich Kir-
chen, die immer deutlicher
die Kunst des iranischen
Ostens widerspiegeln.
Die bei der Kunst des
Islam gemachten stofflichen Anleihen werden weniger in Erstaunen
versetzen, wenn man beobachtet, daß Spanien trotz seines reli-
giösen Eifers und seiner Vaterlandsliebe von den Mohammedanern
den seltsamen Ausgleich zwischen Vorherbestimmung und freiem
Willen, den diese den Stoikerschulen Alexandriens entlehnt hatten,
übernahm; daß die asturischen Monarchen die Erziehung ihrer
Kinder mohammedanischen Lehrmeistern anvertrauten und Ärzte
riefen, die derselben Religion angehörten; daß die Mischehen
häufig waren; daß die Prinzen, Bischöfe und großen Klöster die
Stoffe, Elfenbeinarbeiten, Juwelen und Goldschmiedearbeiten, die
in Spanien von den mohammedanischen Eroberern eingeführt
oder hergestellt wurden, begehrten; daß sie ihre Architekten
und Arbeiter heranzogen und ihren Malern die Illuminierung
religiöser Manuskripte anvertrauten. Dafür kann man unter an-
derem jenen Sarracero (Sarrazene), dessen Name sich in dem
berühmten Codex Vigilanus (S. 91) befindet und jene maurischen
Die spanische Kunst
(S. 42, 43) und das Aussehen der Vorbilder bewahrten, die Kuppeln
durch Tonnen (Abb. 131, 137 und S. 65, 66). Dieses erste Stadium
hielt nicht an. Bei wachsender Erfahrung kühner werdend, ver-
suchten sich die Architekten an täglich immer getreueren Nach-
bildungen. Die proto - mudejarischen Kirchen kennzeichnen ein
zweites Stadium. Zu Beginn des dritten stehen die Kirchen von
Tarrasa, deutlich ihre Herkunft durch die Trompenkuppel, die
iranisch-syrischen Grundrisse und die Apsis auf Überhalbkreis-
bogen-Grundriß kennzeichnend (Abb. 161—163).
Die fortschreitende Rückeroberung begünstigte die Einbürgerung
mohammedanischer Kunst. Aber die beiden entscheidenden Er-
eignisse waren doch die Einnahme Barcelonas durch Ludwig den
Frommen (801) und die
Plünderung Meridas(835).
Auf diese ruhmreichen
Kriege folgten bald klei-
nere Feldzüge, die Al-
fons III. der Große (866
bis 910) nach Kastilien
und Wilfred der Behaarte
(864—898) nach Katalo-
nien unternahm. Gerade
nun während dieser krie-
gerischen Zeiten errichten
die Sieger bei sich Kir-
chen, die immer deutlicher
die Kunst des iranischen
Ostens widerspiegeln.
Die bei der Kunst des
Islam gemachten stofflichen Anleihen werden weniger in Erstaunen
versetzen, wenn man beobachtet, daß Spanien trotz seines reli-
giösen Eifers und seiner Vaterlandsliebe von den Mohammedanern
den seltsamen Ausgleich zwischen Vorherbestimmung und freiem
Willen, den diese den Stoikerschulen Alexandriens entlehnt hatten,
übernahm; daß die asturischen Monarchen die Erziehung ihrer
Kinder mohammedanischen Lehrmeistern anvertrauten und Ärzte
riefen, die derselben Religion angehörten; daß die Mischehen
häufig waren; daß die Prinzen, Bischöfe und großen Klöster die
Stoffe, Elfenbeinarbeiten, Juwelen und Goldschmiedearbeiten, die
in Spanien von den mohammedanischen Eroberern eingeführt
oder hergestellt wurden, begehrten; daß sie ihre Architekten
und Arbeiter heranzogen und ihren Malern die Illuminierung
religiöser Manuskripte anvertrauten. Dafür kann man unter an-
derem jenen Sarracero (Sarrazene), dessen Name sich in dem
berühmten Codex Vigilanus (S. 91) befindet und jene maurischen