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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 2.1885

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Brinzinger, Adolf: Geschichtliche Notizen über einige im Umfang des jetzigen Landkapitels Stuttgart gelegene Pfarreien, Kirchen und Klöster, [9]
DOI Artikel:
Giefel, Joseph Anton: Heinrich Suso's Begräbnisstätte in Ulm
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https://doi.org/10.11588/diglit.20206#0072

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68

und seit 1818 zugleich mit Weil der Stadt zum Dekanat
Stuttgart.

Heinrich Suso's Begräbnisstätte in Ulm.
Von Sekretär vr. Giefel.
Heinrich Suso, mit Meister Eckhart und Tauler eine
Hauptzierde der deutschen Mystik, wurde zwischen 1295 und
1300 zu Überlingen geboren. Sein Vater war ein Ritter aus
dem Geschlecht derer von Berg, seine Mutter eine geborene
von Suß. Mit 13 Jahren trat er in das Dominikanerkloster
zu Konstanz, auf der Rheininsel gelegen (das heutige Insel-
Hotel.) Im Jahre 1323 übersiedelte er zum Studium pro-
vincinle nach Straßburg und im Jahre 1325 zum dreijährigen
Studium Zenemls nach Köln. Zwischen den Jahren 1329
bis 1336 finden wir ihn als Lektor und zuletzt als Prior zu
Konstanz. Die Kämpfe zwischen Ludwig dem Baiern und dem
Papste nötigten auch ihn wie viele andere seines Ordens zu
einer Art Wanderleben von einem Kloster zum andern. Im
Jahre 1346 finden wir Suso wieder in Konstanz und nach
Felix Fabri vom Jahre 1348 ab bis zu seinem am 25. Januar
1366 erfolgten Tode im Dominikanerkloster zu Ulm. Gregor
XVI. nahm ihn den 16. April 183l unter die Zahl der Seligen
aus. — Heinrich Murer erzählt in seiner Idelvetin snnctn,
Suso's Leichnam sei in dem Kreuzgange des Dominikaner-
klosters zu Ulm begraben worden. „Nachdem er aber 248
Jahre geruht, und im Jahre 1613 die Reichstadt Ulm bei den
Predigern in dem Kreuzgang graben lassen und etwas bauen
wollen, kamen die Werkleute von ungefähr auf den Leichnam
unseres gottseligen Vaters Susonis, und fanden ihn ganz un-
versehrt in seinen gewöhnlichen Ordenskleidern allda liegen,
der auch einen lieblichen Geruch von sich gab. Die Werkleute
erschracken ob diesem Wunder, giengen zu dem Bürgermeister
der Stadt, und zeigten ihm an, was sie gefunden hätten.
Denen antwortete er, er habe die Tage seines Lebens gehört,
man solle die Toten ruhen lassen; sie sollten deswegen gehen
und das Grab wieder zuwerfen, und kein weiteres Geschrei
daraus machen. Weil aber die Werkleute sich bei dem Bürger-
meister säumten, stieg eine andächtige Person in das Grab und
schnitt aus altem katholischen Eifer von seinem schwarzen Mantel
und weißen Skapulier ein Theil, und verehrte es etlichen katho-
lischen Personen, dessen auch ich ein Stücklein zu haben mich
höchlich erfreue."
Diesen Spuren folgend gab sich der Konstanzer Bischof
Johann Franz Vogt von Summerau und Praßberg im Jahre
1668 alle Mühe, den Leichnam des seligen Suso zu erwerben.
Sein Vertrauensmann hierin war der Dekan am Wengenkloster in
Ulm, Georg Föderle. Derselbe berichtete unterm 4. Oktober
1668 an den Bischof, er habe zwar noch nicht Gelegenheit
gehabt „einen ex primoridus" der Stadt zu sprechen, habe
aber den ganzen Fall dem Goldschmid Hanns Adam Künle,
des Rats, üdeliter et sub rosa mitgeteilt und dieser habe ver-
sprochen allen möglichen Fleiß anzuwenden. Die Sache dürfte
um so leichter sein, da über den Begräbnißort keine Zweifel
herrschen und zudem noch ein oder vielleicht noch mehrere
Ülmer Bürger lebten, die der Auffindung des Leichnams im
Jahre 1613 beigewohnt hätten. Künle hätte ihm überhaupt
die genauesten Informationen erteilt, so daß die Ulmer Un-
wissenheit kaum vorschützen könnten. „Gott möge ihre Herzen
lenken, damit sie für Gott nicht schwierig werden."
Dem Künle selbst suchte der Dekan die Sache dadurch
plausibel zu machen, daß er hervorhob, wie sehr sich die Ulmer
damit dem Bischof verbinden, wie der Stadt durchaus keine

Kosten erwachsen und wie bei anderen Städten Vorgänge ^
dieser Beziehung genug vorhanden seien. So habe vor uw
gefähr etlichen und 40 Jahren Magdeburg den Leib des
hl. Norbert im Dom ausgraben lassen und denselben deiU
Prämonstratenser Orden geschenkt, Straßburg 1646 die uw
verwesene Hand des hl. Johann Chrysostomus dem ChurfürsteU
von Baiern in der Stille ausgesolgt, der Churfürst von Sachll^
demselben vor etlichen Jahren ein wunderthätiges Marienbild
und Hamburg die Leiber der hl. Kosmas und Damian 9^
schenkt. Künle brachte des Bischofs Gesuch höheren Ortes
und erhielt von den „Altern und Geheimen des Rats" folgend^
Bescheid. Stadtwerkmeister Leonhard Buchmiller, der im Jah^
1613 bei der Legung eines tieferen Fundaments für die Drw
saltigkeitskirche als Merkelträger dabei gewesen sei, habe auw
gesagt, daß man bei dieser Gelegenheit
1) auf das Grab eines Geistlichen gestoßen,
2) dessen Habit noch wenig versehrt gewesen sei,
3) von welchem der Geschirrmeister Huckerle ein 9^
viertes Stückchen herausgeschnitten habe,
4) der Leichnam sei schon ganz in Verwesung übergegang^
und habe
5) in Folge dessen keinen lieblichen Geruch von sich gegebew
6) wie wohl er den Habit und das Grab mit eigens
Augen gesehen und das Stück Zeug in seinen Händen gehab
habe, so sei er doch damals zu jung gewesen und habe zu wewö
Interesse an der Sache gehabt, um noch heute die Begräbnis
stelle mit Sicherheit angeben zu können, meine aber
7) die Stelle sei nicht im Kreuzgang, sondern in ^
alten Klosterkirche selbst zu suchen, und zwar
8) unter dem Fundament des jetzigen neuen Gebäudes,
9) das Grab wäre wieder zugeworfen worden, weßhalb nE
10) nicht zu der Stelle mehr gelangen könne.
Neben Leonhard Buchmiller wurden noch der Zimmermaw
Friedrich Karrer, der Brunnenmeister Hanns Jörg Kachl^
und Stadtwerkmeister Jakob Miller verhört, aber auch sie oht^
Resultat.
Künle meinte nun zu diesen Aussagen Buchmillers, ^
ganz anders in der Konventstube im Wengenkloster bei gute§
Meersburger Wein gelautet, derselbe sei eben erschrocken gewes^
und das beste sei, man wende sich an den Ratsälteren Albrew
Baldinger und an den regierenden Bürgermeister Ehinger, welch
beide die Angelegenheit im geheimen Rat in der Folge vow
brachten. In seinem Schreiben an Albrecht Baldinger
17. Dezember 1668 äußerte der Bischof den Wunsch, ww
möchte den Dekan des Wengenklosters, der aufs genauem
„von dem situ des Grabes" unterrichtet wäre, mit dem Buätz
miller konferiren lassen, um letzterem das Gedächniß etwch
aufzufrischen. Daraus giengen die geheimen Räte nicht G
und fügten in einem Schreiben an den Bischof Lei, man hm
1613 vermutet, es möchte der Leichnam des Felix Faber s^'
Zudem sei nach der evangelischen Religion eine AusgrabWw
der Toten nicht üblich und herkömmlich, auch möchten dadw^
dem gemeinen Mann „allerhand nachdenkliche impressiochb
und sunudnla. gegeben werden." Man wollte offenbar in
sich nicht auf die Sache näher einlassen. Denn zu der Au^
rede, es sei nach der evangelischen Religion nicht üblich,
Toten wieder auszugraben, macht der Dekan Föderle
gewiß nicht unpassende Bemerkung, „als ob die Ulmer
alles ausgraben würden, wähnten sie einen Schatz dabel-
Auch ist nach der Aussage des Goldschmids und RatsheA^
Künle die Furcht vor einem etwaigen Bürgerausstande ew
leere Ausrede. Im Gegenteil wollten die Bürger, wenn ge^
keine Unkosten herauskämen und kein Schaden zu befürcht
 
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