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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 5.1888

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Roth, Rudolf: Die katholische Pfarrstelle zu St. Martin in Leutkirch, [1], Chronologie der Pfarrer
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Sambeth, Johann Georg: Bilder aus der Geschichte Mergentheims, [8]: Die Juden
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https://doi.org/10.11588/diglit.20203#0011

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eine innere würdige Ausstattung zu geben, sondern auch dem
Turme einen der Kirche entsprechenden Baustil zu verschaffen.
Derselbe wurde um ca. 7o—8G erhöht uud erhielt eiue
schöue schlanke Helmspitze mit grün glacierter Platteubedeckung
nebst entsprechendem Knopf und Kreuz. Die Gesamtkosteu
betrugen 450 sl. Jetzt würde ein solcher Vau mehr als das
zehnfache tosten. Stadtpfarrer Mancher verfaßte eiue Urkunde,
in welche er alle damalige wichtige Ereignisse, namentlich des
30jahrigeu Krieges, verzeichnet und legte dieselbe in einer
Kapsel in den Knopf des Turmes. Wir wollen hier nur
noch den Schluß von diesem Dokumente anführen, er lautet
in der Hauptsache also:
„Als dieses verehrungswürdige Kreuz aus den Turm
gesetzt wurde, war nirgends Friede auf Erden; indem der
Schwede mit Frankreichs Hilfe Deutschland mit Krieg über-
zog. Die wahre Religion war überall der Gefahr ausgesetzt.
Gebe Gott, daß für alle zurückkehre der gute Friede und
Glaube. Damals war Stadtpsarrer gewesen Johann Michael
Mancher, Verfasser dieser Urkunde und Dekan des ehrwürdigen
Klerus. Er lebte hier uud stirbt als ein treuer Bekenner
seines alten Glaubens, er empfiehlt sich dem Gebete der Nach-
folger am Altäre nnd dem frommen Andenken der Parochianen.
en ErVX OcMInl 5V§IIe ^Ve^Ve noX)n Inkerrm 1646.
(Vor dem Krenze des Herrn fliehe alles was schädlich ist
ans Erden. 1646.)"
Als man 1813 den Turm abhob uud diese Urkunde
vorsand, wurde dieselbe in der Registratur aufgehoben.
Stadtpfarrer Mancher war aber nicht bloß für die Er-
haltung und Verschönerung der Stadtpfarrkirche, sondern auck
ebenso für die Filialkirchen und Kapellen der Pfarrei besorgt.
Eine ganz besondere Aufmerksamkeit widmete er der Filialkirche
in Heggelbach. (Fortsetzung folgt.)

Bilder aus der Geschichte Mergentheims.
Von Pfarrer Prof. Tambeth in Ailingen.
(Fortsetzung.)
9. Die Inden.
Doch die Leiden der guten Stadt hatten damit noch lange
nicht ihr Ende erreicht. Der Nachfolger Dietrichs von Kleen
als Deutschmeister und nach dem Abfall Albrechts von Bran-
denburg als Hoch- uud Deutschmeister, Walther vou Krouberg,
der 1526—1543 regierte, hatte gar vieles durchzumachen im
Innern wie nach außen, im Krieg und Frieden, auf Reichs-
tagen wie in Ordenskapiteln. Hier sei nur von den Juden
die Rede. Schon 1298 oder 1299 waren sämtliche Juden
in Mergentheim, wie in Nürnberg, Würzbnrg, Rothenburg ?c.
verbrannt worden. Die Niederlassung derselben in M. wird
schon unter dem Deutschmeister Siegfried von Feuchtwangen,
als Bruder Hermann Lösch Komtur in M. war, erwähnt.
Trotz der Verbrennung hatten sich im Jahre 1300 schon wie-
der Hebräer eingefnnden, gegen die im Jahre 1336 abermals
eine grausame Verfolgung eingeleitet wurde „wegen angeblicher
Vergiftung der Brunnen und ihres Wuchers halber". Das
war unter der Negierung des Deutschmeisters Wolfram von
Nellenburg, als Bruder Heinrich Komtur zu M. war. Aber
die Juden wußten sich von Kaiser Ludwig dem Bayer zu
Nürnberg am Montag vor Allerheiligen 1336 einen Gnaden-
bries zu erwirken, wodurch jede Beschädigung derselben bei
Strafe verboten wurde. In einer Handschrift finde ich fol-
gende Bemerknng dazu, die ich in unser jetziges Deutsch über-
setze: Obwohl die Juden auch hier zu Mergentheim das eine-
und anderemal durch Feuer und sonstige Verfolgung ans dem

Wege geräumt und vertrieben worden waren, so haben T
doch nie von Grund und mit der Wurzel können ausgeroff
werden, sondern es ist von dieser Sekte immer ein Fechl
und soviel übrig verblieben, daß es in kurzer Frist wch^
neue Sprossen gewonnen. Ihre Zunahme hat die obsäch
widerwillige Toleranz befördert. Es war so, daß man ^
Hebräer wider Willen nnd Gemüt mußte dulden; desweftz
hat man unter der Regierung des Deutschmeisters Wolff'^
von Nellenburg aus der Not eiue Tugend gemacht und,
künftig eine gewisse Zahl seßhafter Juden kalten zu dürff^
um ein Spezial-Privilegium sich beworben. Dasselbe win'^
von Kaiser Ludwig in Landshut ausgestellt am Mittwoch ^
Simonis und Jndä 1341. Es galt bis auf kaiserlich^
Widerruf für 5 seßhafte Juden mit ihrem Hausgesinde uw
enthielt die Bestimmung, die Christen sollen „die obgenanutz'
Inden darnach 4 Wochen haben und halten, damit sie dw
selben in dieser Frist desto besser zu ihren Gewohnheiten bringt
mögen". Der Orden selbst begünstigte die Juden, denn im Jwh^
1355 unter demselben Deutschmeister Wolfram von Nellenbw'
und Bruder Philipp von Bickenbach als Komtur zu Mergeu'
heim wurde das kaiserliche Privilegium von neuem erwirw
wenn auch anfänglich nicht mehr als nur ein einziger
geduldet wurde. Auf dem Reichstag zu Worms 1495 erlw,
der Deutschmeister Andreas von Grumbach wie andere Fürst"''
von Kaiser Maximilian I. das ganz allgemeine Privilegiw'^
„fürohiu beständig Juden halten zu dürfen, uud es haben sw
auch in kurzen Jahren die Juden in so großer Anzahl uw
so fest hier eingewurzelt, daß ihnen die Christen, zumalen "
der sog. und von den Hebräern nunmehr den Namen übe''
kommenen Judengassen mit gänzlicher Aufhebung des vorhw
und von Alters her sonst gewöhnlichen Namens Holzäpf"^
gasse, wofern mit dieser sich vou Tag zu Tag mehrenden Sekt
keine Reduktion entstehen sollte, in Bälde gar dürften weicht
müssen!" Was würde der ungenannte Verfasser erst jetzt be*
merken?
1516 war wirklich nur der „Seligmann" allein in der Stadll
aber er wohnte nicht in der verachteten Judengasse, soude^
im nobelsten Viertel, ans der Burggasse. Derselbe hatte 15^
einen Tochtermann „Salomo" bei sich, der zwar kein H»"^
kaufen durfte, aber sich bei seinem Schwiegerpapa zu behelffU
wußte. Daß diese beiden in Verbindung mit ihren auswä',
tigen Stammesgenossen die Geschäfte gut Umtrieben, erhe»
aus dem Erlasse des Hoch- und Deutschmeisters Walther »»>'
Krouberg vom Jahre 1540 wider den Wucher der Jude»'
Aber dennoch mußte er vernehmen, „daß etliche Juden "w
Jüdinne einige Ordensnnterthanen Wuchers halben vor dw
kaiserliche Hosgericht zu Nottweil gefordert, dieselbe in die
bracht uud sich auf des Hofrichters ernstliche Befelch in 'h''
Güter, liegend nnd fahrend, Lehen und eigen, entsetzen hcll^
lassen, woraus dann nicht allein erfolgt, daß ihrer viel Well'
und Kind verlassen und davon entweichen müssen, sonde''''
auch sonst allerlei Beschwerlichkeiten zu seiuem und seiw'
Ordensnnterthanen Nachteil enstanden". Dagegen hat er
„scharpfses Decret 8ud dato Speyer den 7. Martii 1542 vo>»
König Ferdinando ausgewirket, kraft dessen hinfüro kein J'U.
noch Jüdinne den deutschordischen Unterthanen weder cull
Pfand noch auf Güter noch sonst in kein andere Weis illw
Weg, Kontrakt oder Verschreibung ohne der Herrschaft VcP
wissen nnd Ertaubung etwas leihen noch gefährlicher Wew
mit ihnen handlen dürfe. Und dieses Privilegium ist de»'
Publico zu gutem gegeben worden".
Für kurze Zeit half das wirklich, deun 1557 treffen w"
nur den David Inda in der späteren Judengasse und bei il»»
 
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