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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 5.1888

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Kirchenbaukunst in der württembergischen Residenz, [6]
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Keramische Kunstschätze in Oberschwaben
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https://doi.org/10.11588/diglit.20203#0016

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1636, (Teil seines großen Werks: Vir§inum Sucrurum
^onumeuka. 1636.) Seite 35:
„iVlututio Ueli§ioni5.
Als in Anno 1534 Hertzog Ulrich zu Wirtenberg das
Aantze Fürstenthumb wi(e)der occupiert, hat Ihre Fr. (Fürst-
liche) Gn(aden). das Lxercitium Cukliolicue U.e1i§ioni8 in
^em Lande gänzlich suprimiert, auch in den Klöstern und
Stiften die Religiösen und Geistliche(n) Vertrieben. Daher
Zugleich beim Stift Stuttgart dem damaligen Probst in
Änno 1535, den 17. und 18. Mais alle C(K)leinodien
Und Ornaten von Silber und Gewandt zu seiner Kir-
chen gehörig, abgenommen: Erstlich inventirt und verschlossen
folgendts gantz prophaniert; A(a)nch etlich hin und wi(e)der
Geschleift worde(n). — Da sich den vermög noch anwesende(n)
Äiventarii, 54 S(s)ilber unnd vergnlte Kelch mit Paten
(Patenen?) (davon man allein 6 zu dem lutherischen exer-
^itio dargegeben) befunden. Nicht weniger Unterfchi(e)dlick)
S(s)ilberne Monstrantzen, C(K)reutz und Bilder, auch
S(s)ilberne Rauchfässer, sodann über die Hundert Meß-
^Nvänter von gülden Stuck, Sam(m)et und anderem
^eidenzeug."
Nach diesem Borgehen eines württembergifchen Herzogs
konnte von Weiterbauen oder Restaurieren der Kirche keine
^iede mehr sein. Die neue Gruft brachte unter Herzog Jo-
^un Friedrich von 1608 an bauliche Veränderungen, und
Herzog Ludwig stellte ja schon 1574 die schönen Standbilder
stiner Ahnen auf, allein er hätte dies ebenso anderswo, an
klnem profanen Ort, im Schloß n. s. w. thun können. Sonst
^urde eigentlich nur zerstört. Erst das Jahr 1841 und 1842
pachte eine wirkliche Restauration, und zwar eine um-
fassende, sehr zweckmäßige und gut gelungene unter der Leitung
Heideloffs. Nachdem nämlich die Gewölbe des Chors schon
äu Anfang des 19. Jahrhunderts durch neue, hölzerne ersetzt
Worden waren, da diese den Einsturz drohten und die
^iden Seitenmauern auseinandergewichen waren, ging man
Hur genannten Zeit zur Renovation der Orgel (s. o.), dieses
lür den protestantischen Gottesdienst so notwendigen Instru-
mentes, vor, und kam so überhaupt zur Restauration des
Innern. Die Kanzel erhielt eine reiche Vergoldung und
^nen neuen Schalldeckel (s. o.). Die alten (anno 1700 und
b<01 ausgeführten) Malereien wurden weggeschafft und die
Heuen, fast schmucklosen Emporen mit durchbrochenem hölzer-
Brüstungsgeländer im gotischen Stil geschmückt, auch die
'Heckengewölbe und verzierenden Teile hübsch bemalt und stel-
lenweise vergoldet. Weiter erhielt die Kirche einen neuen
herrlichen Schmuck durch die Glasmalereien, welche drei
^horfenster und das Fenster über dem westlichen Haupteingang
Hit den Gemälden der Geburt, Kreuzigung und Auferstehung
Aristi, sowie des Königs David in reicher Ornamentik zieren,
gestiftet wurden sie vom ch König Wilhelm I. Die bildlichen
Darstellungen wurden nach den Kartons des Prof. v. Neher,
bie architektonischen und ornamentalen Verzierungen nach den
Zeichnungen des Architekten C. Beisbarth von den Glasmalern
Gebrüder Scheerer vortrefflich auSgesührt. — In neuerer
-^eit wurde auch die nördliche Seitenmauer des Chors, über
ben 11 Standbildern der württembergifchen Grafen, in Wür-
ger Weise, ganz ähnlich dem in katholischen Kirchen sich
Keltendmachendeu, eigentümlichen romanischen Stil, bemalt.
Wir denken hiemit die Stuttgarter Stiftskirche, wie sie
har und wie sie ist, ordentlich beschrieben zu haben. Und
schätzen wir nun dieselbe? Da sie leider in ihren Türmen
Mcht ausgebaut ist, so kann sie den Titel „schön" nicht ver-
tuen. Sie wirkt bloß durch ihr Massenhaftes und Solides

im Äußern. Im Innern aber ist für einen Katholiken,
der eine Kirche, einen oder mehrere Altäre rc. sehen will,
nichts mehr vorhanden. Alle die Schönheiten der Kanzel,
der Pfeilerbündel, der verschiedenartigen Gewölbe rc., welche
wir dem freundlichen Leser vorgeführt haben, verschwinden vor
dem ernüchternden Eindruck der unzähligen, fast jeden Fleck
der Kirche und des Chors bedeckenden Kirchenstühle, die nicht
nur auf ebener Erde, sondern hoch droben in den neuestens
sich vorbauenden Emporen (s. o.) jeden freien Blick hindern.
(Vor der Orgel stehen nämlich seit neuester Zeit (1885) zwei
derselben.) Der große, mit einem weißen Tuch bedeckte Tisch
im Mittelschiff, der den Altar vorstellen soll, ist mit einem
eisernen Geländer umgeben. Er steht in der Nähe der Kanzel.
Wozu, kann man fragen, Pfeiler, Gewölbe, Chor, künstlerische
Verzierungen? Da genügt wirklich ein dieselbe Fläche wie
die heutige Kirche einnehmendes Parallelepiped mit festen Grund-
mauern und einem guten Dache. Der Turm vornen könnte
wegen der Nützlichkeit der Uhr mit Schlagwerk noch stehen
bleiben, alles andere ist luxuriös, außer der Kanzel und
dem „Altäre". Wer möchte aber das behaupten? Sicherlich
wird jeder weiterdenkende Protestant sich sagen: Wenn wir
ein Gotteshaus haben wollen, so muß das den Anforde-
rungen einer in sich gebildeten Kunst und nicht nur dem
nüchternen Zweck der Ermöglichung einer Versammlung vieler
Menschen zum Höreu von „Gottes Wort" dienen. Also
müssen vor allem die Emporen mit ihren Kirchenstühleu fort,
damit namentlich die Pfeiler des Mittelschiffs wieder frei und
licht werden, der Chor muß ebenfalls von allen diesen ge-
reinigt und der Eindruck, den die prächtigen Glasbilder machen,
durch die Erhabenheit und Freiheit des Chors mit einem
würdigen Altäre erhöht werden.
(Fortsetzung folgt.)

Keramische Nunstschätze in Obrrschwaben?')
Von Amtsrichter a. D. P. Beck.
Die letzte Augsburger kunsthistorische Ausstellung hatte
den nicht zu unterschätzenden Vorteil, daß eine ganze Reihe
im Privatbesitz befindlicher, sonst meist nicht zugänglicher und
deshalb auch bis dahin wenig oder gar nicht bekannter Knnst-
schätze zur Kenntnis und Anschauung der Knnstwelt gelangt
ist. Und doch war das dort zur Schau Gebrachte nur ein Teil
dessen, was vor Zeiten in dieser gesegneten, auf dem Gebiete
der Kunst selbst (voran die Reichsstädte Augsburg und Ulm)
so produktiven Landschaft an Kunstwertigem da und dort, wenn
auch nicht in geschlossenen Sammlungen, in Schlössern lind bei
Privaten vorhanden war und noch vorhanden ist. So birgt
z. B. das Schloß des Grafen Reuttner zu Wey! iu Achstetteu
(Oberamt Laupheim, Eisenbahnstation Rißtisfen) nebcn anderem
Sehenswerten eine prachtvolle bis jetzt ganz unbekannt gebliebene
Kollektion so überaus seltener, echter altchinesischer und alt-
japanischer Porzellane, wie sie schöner nicht leicht irgendwo
beisammen zu finden sein wird und welche vermöge der Pracht
und Großartigkeit der einzelnen Stücke einen wahrhaft im-
ponierenden Eindruck machen. Neben einer ganzen Serie von
Platten, Tellern, Schalen und Schüsseln, Tassen rc. sind es
allein 14 Stücke großer, teils mit Blumen, Vögeln, teils mit
landschaftlichen Vorwürfen bemalter Vasen (mit Deckeln) in
einer Höhe von 0,40—0,90 Meter und im durchschnittlichen
Gewicht von 7lls—15^4 Kilo, sowie 8 Cornets mit einer
durchschnittlichen Größe von 0,40—0,62 Meter und im Ge-
'0 Erstmals in der Beilage zur „Allg. Ztg." Nr. 230 vom Sams-
tag den 20. August 1887, S. 3389 erschienen.
 
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