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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 5.1888

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G., A.: Das Kloster und die Klosterkirche in Neresheim, [4]
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Laufende Litteratur-Notizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.20203#0033

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28

wurde vvn Abt Benedikt die Kirche unter größten! Pompe ein
geweiht, obwohl sie noch nicht ganz ausgebant und auch
die innere Einrichtung noch nicht ganz beschafft war. Erst im
Jahre 1789 aus 1790 war das Ganze fertig, wie es sich
heute vor den Augen des Beschauers und Besuchers zeigt.
Und nun gehen wir über zur eigentlichen Beschreibung des
kemplum pemmplum mit all' seinen Sehenswürdigkeiten und
Schönheiten! Zunächst haben wir zwei Vorwürfen kurz zu
entgegnen, welche der Klosterkirche gemacht wurden und ge-
macht werden. Der eine geht dahin, die Erbauer hätten sollen
auch ans das Äußere mehr Sorgfalt, Fleiß und Kunst ver-
wenden, sie repräsentiere sich von außen als ein großes, aber
gar mageres Hans. Je nachdem, entgegnen wir. Kommt der
Besucher von Osten, von Kösingen her oder nördlich über den
Berg von Ohmenheim, so zeigen sich die Ost- resp. Nordseite
etwas mager, wir gewahren keine Ornamentik, keine Säulen
u. s. w. Kommt aber der Beschauer von Westen, Südwesten, von
Anernheim her und gewahrt die schöne Fassade mit dem stolzen
Turm, dann wird er entschieden ergriffen sein von dem
kühnen, gewaltigen Ban, den die Benediktiner von ehedem hoch
oben aufgeführt, der stolz ins Thal herabschaut und eine weite
Strecke beherrscht. Ein anderer Borwnrf geht dahin, daß sie
nicht monumental, nicht massiv genug gebaut sei, daß die inneren
Säulen nur ans Eichenholz und vergipst vor uns stehen. In
dieser Hinsicht befürchtet der Herr Nachbar des Einsenders,
daß sie bald Zusammenstürzen könne. Was diese Furcht an-
langt, so glaubt Einsender ganz entschieden, daß noch un-
ermeßlich viele „Krache" aus dem zivilisierten Erdboden vor
sich gehen, bevor unser Tempel kracht. Den Begriff „monu-
mental" aber dürfen wir der Kirche nicht absprechen; allzu
kolossal und allzu massiv dürste auch bei derartigen Bauten un-
gesund sein. Großartig repräsentiert sich dem Auge das Ganze
mit seinen Kuppeln, prächtigen Säulen, wundervoll und pünkt-
lichst gearbeiteten Kapitälen und Lesinen und nur Eines fehlt dem
Ganzen und wird ihm wohl leider per omnin sneeuln sneeu-
lorum fehlen, nämlich der zweite Turm gegen die Nordseite.
Unten an der Kirche im Westen und Süden befindet sich
der große Klosterhof, in dessen Mitte ein sehr hübscher Brunnen,
oben mit einem Engel versehen, sich befindet. 21 breite steinerne
Stufen führen uns hinauf zu der Kirche, welche ihrerseits ge-
ostet (wenn auch nicht ganz genau), wie diese Lage kirchliche
Vorschrift, gebaut, und in Form des Kreuzes erbaut wurde.
Sie nimmt eine Fläche ein von Morgen 17,1 Nuten
oder 25 Ar 3 Onad.-Meter. Das westliche Hanptportal ist
etwas mager, die ganze Fassade nicht zu reich, auch nicht in
Einem Stile kunstgerecht ansgesühn, wohl aber sehr angenehm
dem Auge sich darstellend mit ihren korinthischen bezw. dorischen
Säulen, Kapitälen, oben verziert mit Urnen. Als Inschrift
gewahren wir oberhalb des Hanptportals die Worte: ,,Illaec
e8t Uomu8 Dei." 1 ?nr. c. 22. V. I. Diese kurze In-
schrift halten wir allein für die beste am Portal eines katho-
lischen Gotteshauses. Diesbezüglich ist schon Abgeschmacktes
in Hülle und Fülle geleistet worden. So fanden wir als
Inschrift eines Kirchenpvrtals: „Dem Allerhöchsten gewidmet
von Seiner Majestät dem König", und ein Bürgermeister
eines bayerischen Ortes habe sogar seiner Zeit als Portal-
Inschrift die Worte vorgeschlagen: „Dem höchsten Herrn des
Himmels und der Erde vom Allerhöchsten des Landes!" Das
Gute, das Beste liegt auch hier so sehr nahe. Oberhalb des
ersten Stockes befinden sich zwei steinerne Kolossalstatnen,
rechts die hl. Afra, links der hl. Ulrich, die Kirchcnpatrone.
Erstere ist dargestellt wie sic verbrannt wird, an den Pfahl

gebunden. St. Ulrich winkt mit der linken Hand, fröhliche"
Antlitzes steht er da, als wollte er der Heiligen znrnfen i"
ihren Schmerzen: per erucem acl lucem! Weit oben
findet sich eine leere Nische. In derselben befand sich frnhO
ein 30 Zentner schweres kolossales Steinkreuz, welches
Sturm in der Nacht vom 26. ans den 27. Dezember 170/
hernnterriß. Der Turm, acht Stock hoch, ist unten ""
Heiligen-Figuren verziert. Seine Höhe und die Fernsicht
deren man sich vorn Kranze aus erfreuen kann, haben wU
oben erwähnt. In demselben befindet sich ein prachtvollc-
harmonisches Geläute von 5 Glocken, deren Tone weithin E'
schallend den in den Niederungen sich Befindlichen so reä"
deutlich und vernehmlich das 8ui'8um corcla vor die Seele sühreß-
Die größte der Glocken, 25 Zentner schwer, ist geschmückt w"
den Bildnissen der Kirchenpatrone S. Ulrich und Afra n>ll
hat folgende Umschrift:
Osianna Hais ich
Hans Glockengießer zu Norinberg gos mick.
Zu Gottes Lob und Dienst gehör ich.
Der hochwirdist Her Johan Äbt zu Neresham kaust mich-
Als inan zalt fürwar
Nach Christi unsers Hern Gcpurt 1550 Jar.
Im Namen Gottes Sons Helling Geists. Amen.
Die zweite Glocke hat die Inschrift: ^.nno Domini 178^
re^imine IVlicllae1i3 ^bbatiL in llonorem 5. 3. Dllnlrici et
trnn8lu82. Auf der dritten stehen die Worte: Uevch
renllu8 in Ettrmto pater et Un3 6n8 Oeor§iu8 OemtmaU
33. ^Vdda8 mona8terii nore8llaim llanc campanam eolU'
paravit 1571. Die vierte goß ein Nordlinger Meiste
Namens Jos. Propst im Jahre 1842. Die fünfte hat in
gotischen Buchstaben die Inschrift: ^.ve klaria §raeia plens
clominu8 tecum denellicta tu in mu1ieridu8. (Forts, solgt-^

Laufende Liiteratur-Nvtizeu
über neue einschlägige Veröffentlichungen in Zeitschriften
Von Amtsrichter a. D. P. Beck?
(Fortsetzung.*) ^
36. Aus einem schwäbischen Reichsstifte (Schnssenried)
im vorigen Jahrhundert von P. Beck in der „VierteljahrsschrM
für Volkswirtschaft, Politik und Kulturgeschichte", XXIII. Jahrg. (1886),
4. Bd. S. 32—65 und 113—153; auch als S.-A. (72 S. 8".) erschienet
besprochen u. a. in der Benediktinerzcitschr. IX. (1888) 1. Heft. S. 18"-
37. Mitteilungen über die Kirchen bi bliothck zu Beer'-
selben von W. List im Zentralvlatt für Bibliothekswesen von I)r. O
Hartwig, IN. Jahrg. 5. Heft. Mai 1886.
38. Weingarten nnd seine Klosterkirche von P. Lang
„Über Land und Meer" der. 40 von 1886, wovon indes bloß der naw
einer gelungenen Ausnahme des Photographen Kögel in Ravensburg
gegebene Holzschnitt Beachtung verdient.
39. Die Schriftsteller re. des Benediktinerordens iw
heutigen Königreiche Württemberg, Beilage, Nachträge und
Register von P. A. Lindner in den „Studien nnd Mitteilungen uw-
dem Benediktiner- nnd Cistcrcienser-Drdcn", VII. Jahrg. 1886. 3. Hest-
5. 84 bis..108.
40. Über Klosterbanten in Nr. 8, 9 und 10 des „Archiv
für kirchliche Kunst" von Theodor Prüfer, X. Jahrg.
41. Der Briefwechsel der Königin Katharina voU
Westfalen mit dem König Friedrich von Württemberg, be
sprachen in Nr. 339 der Beilage der „Allgemeinen Zeitung" vom 7. De
zcmber 1886 S. 4994—96.
42. Die Anfängc des w ürt t. M i n i st c r i u m sLindcn nach de"
Erinnerungen des Ministers von I. v. Pslngk-Harttnng in Shbels histori-
scher Zeitschrift der ganzen Reihe 57. Bd. 1. Heft von 1887. S. 30—47-
Eine, namentlich durch die Notizen über Lindens Thätigkcit als Kirchen-
ratsdirektor nnd dessen „obcrschwäbische Mission" interessante Publikation,
auf welche wir wohl später einmal noch znrückkommen werden.
*) S. Nr. 5, S. 40.

Stuttgart, Buchdrnckerei der Aktiengesellschaft „Deutsches Volksblatt".
 
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