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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 5.1888

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Beck, Paul A.: Aktenstücke zur Vorgeschichte der Säkularisation, [1]
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Miszellen
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https://doi.org/10.11588/diglit.20203#0085

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80

wüsten Erklärung nnd bey ihrem geheiligten Kaiserlichen Wort von sich
gegebenen verbindlichen Vergewisserungen einen gegründeten Anstand zu
nehmen, anderseits aber ans die der zu Hnngarn und Böheim Königl.
Majestät angestammte Oesterreichische kietät sich um da mehr zu ver-
lassen ist, als eben so wenig verborgen sehn mögen, die von Seiten
Hoch-Dcroselben pudlici ^suris gemachte Declarationen, was gemein-
schädlich und ungerecht ist, äusserst zu verabscheuen, und ans das stand-
hafftigste verworffen zu haben, alles, was dahin abzielend sehn
mögen.
Es will uns aber diese Sache ein so andern Weges allzugcfährlich
anscheinen, um nicht ruhen zu können, und sie allzuwichtig, um unsere
Bchsorge eines zu befahren habend wiedrigen Schicksaals nicht sincken zu
lassen, so heilig auch immer die Kahserliche, dann Königlich-Ungarische
Erklärungen, LontelUr- und Versicherungen sehn mögen, und so welt-
berühmt auch immer nur ist die angebohrne Gottesfurcht nud Liebe zur
Gerechtigkeit bchder hoher Theilc; so bekannt ist auch der protclUrenden
Mächte Übermacht, zur Zernichtung Geistl. Eich- und Hochstiffter portirte
Gesinnung, dann zur Unterdrückung und Austilgung der wahren Catho-
lischen Religion hegender Neigung, und vermehren sich unsere Sorgen
nicht unreiff, wenn mehr Königl. Ungarische Llinillrl sich uicht undeut-
lich lassen vernehmen, der Königin Majestät würden zwar dergleichen
Friedens-Vorschlägen kein Gehör geben, selbe würden daun hierzu wollen
gezwungen, und noch ein mehrcrs von ihren Landen andern anzulassen ge-
nöthigct werden, und würden die Geistlichen Fürsten ihnen selbst behmesten
müssen, wenn sie die üblen Folgen ihrer bezeigenden Gleichgültigkeit zu
spät wollen bereuen. Niemand ist aber, der beh so bedauerlichen denen
Eich- und Hoch-Stifftern, vcrfolglich auch dem Reich den vollen Umsturtz
dessen Verfassung androhcnden ^lstecten sichere und solche Rettungs-
Mittel an Hand geben wolle, oder zu geben vermöge, die beh ticfferer
Einsicht und reiffer Erwcgung der mit vcrknüpsfteu Umständen nicht
wohl noch gefährlicher, als die anscheinende Gefahr selbst ist, sehn
dörsftcn, oder aber auch hinlänglich sehn möchten, um die Erst- und
Hoch-Stiffter der ansuchenden Verwandelung sicher zu stellen, wenn diese
dcreinstens von denen in diesen verderblichen Krieg mit befangenen hohen
Theilcu und deren Helffern solle beliebet und beschlossen werden, sich zu
dem ein oder dem andern hohen Theil schlagen, und von der bisherigen
Xeutrulität abgehen wollen, würde die Gefahr nicht heben, wo nicht
vermehren, wenn man crwegct, das; der schwächere Theil ein - so andern
Weges von dem Überwinder nud Stärckern Gesetze anzuuchmeu ge-
zwungen, und der Ausschlag der Waffen ungewis; ist, auf die Verwan-
delung HuaelUonis noch hefftigcr als nun zu würde gedrungen werde.
Solle mau sich aber, wie billig, entschliesseu, gleichwie die Gefahr all-
gemein ist, so auch daraus eine gemeine Sache zu machen, und denen
äußersten Kräfften aufbieten, um sich in solche Verfassung zu setzen, die
hinlänglich sehn könnte, allen wiedrigen Zumuthungen bcdiirffenden Falls
Wiederstand thun zu mögen; So ist uicht wohl abzuschen, wie der eine
dem andern behzuspringcn, und beh so entfernet und weit entlegen, eben
zwischen denen kriegenden hohen Thcilen deren Alliirten, oder aber an
der auf die Bahn gebrachten Verwandelung stillen Theil nehmenden
Mächten conclavirten Landen die Lonjunction und Vereinigung füglich
könne bewerckstelliget werden. Das; folglich der Päbstliche Schutz lediglich
noch übrig sehn dürsfte, wenn dieser von sämtlichen Geistlichen Chnr-
nnd Fürsten des Reichs gemeinschafftlich würde imploriret, und Ihr»
Heiligkeit um wiederholte beweglichste InterceMormIien und relstective
nachdrucksamste Dellortutorien an alle Eatholischc Mächten angelegcn-
heitlichst wolle belanget werden. Wir haben hiernechst nicht länger ent-
stehen sollen, Ew. Liebdcu tieffcr Einsicht diese unsere sorgfältige Ge-
dancken in eugern Vertrauen dieustfreundlich zu eröffnen, und Selbe um
jene erleuchte Anschläge angelegentlichst zu ersuchen, die mau von Dero
bekannten Klugheit, dann zur Aufrechthaltung Unserer Religion, Flor
nud Ansnahm der Ertz- und Hoch-Stiffter, auch verfolglichcr Handhabung
des bisherigen Neichs-L^siematis jederzeit thätlichcu bezeigten ruhm-
würdigen Ehfer sich billig verspricht, und deren wir Uns in der freund-
lichen Versicherung getrösten, das; gleichwie Ew. Liebdcu Dero Verdienste
zu GOtt, Dero Ruhm beh der späten Nachwelt, und die crkänntlichc
Bezeugung beh Dero geistlichen Mit-Ständeu hierdurch vermehren und
verewigen werden.
Wir unsers Orts alle die Rettungs-Mittel gerne werden er-
greissen, die zu Abwendung androhender Gefahr gedehlich und diensam zu
schu gemeinschafftlich würden werden ermessen. Womit rc.
(Fortsetzung folgt.)

Miszellen.
Z u r s ch w äbischc n K ii n stlerge s ch i ch t e. Ein namhafter ober-
schwäbischer Künstler war der Maler (und Kupferstecher) Jos.- Ignaz

Wcgscheider (auch Wegschaider) aus Riedliugeu, woselbst er auch
bis 1752 das Bürgermeisteramt verwaltete. Von ihm sind zum grössten
Teile die tüchtigen Plafondgemälde im damaligen Augustiuer-Chorherrn-
(jctzt Benediktiner-Moster Beurou im Douauthale in den 1730er Jahren
.u tresco gemalt. Das grösste Stück am Gewölbe des Langhauses stellt
die Jagd des Grafen Peregrin vom Bussen, des Stifters des Klosters,
und die Erscheinung des gewcihflammenden Hirsches dar, in welchem
freilich ein starker — in der Art der Zopfmalerei gelegener — Anachronis-
mus, nämlich die im Hintergrund angebrachte Figur eines plumpen,
aus einer gewaltigen Meerschaumpfeife rauchenden Jägers störend wirkt.
Das Gemälde im Chor stellt die Ausgießung des hl. Geistes und jenes
in der Sakristei die Fusstvaschung Christi vor. Rings um die Haupt-
darstellungen winden sich Arabesken, in deren einer u. a. ein stattlicher
— von jeher namentlich dem Laudvolke ins Auge stechender -- Schimmel
angebracht ist, von welchem folgende Sage noch im Munde des Volkes
lebt. Als Wegscheider nämlich mit seinen Gehilfen mit der Ausmalung
der Kirche beschäftigt war, kam ein reisender Maler zu dem Abte Rud.
Strattwig aus Nottweil (welcher die Klosterkirche neu ausbaute) und bat
ihn, weil er augenblicklich in Geldverlegenheit sei, um einige Tage Arbeit;
der Abt war aber gerade nicht in der besten Laune, und weil der Maler
auch nicht am vorteilhaftesten aussah, wies er denselben kurz und trocken
ab. Als nun die Maler sich zum Mittagessen begaben, schlich sich der
fremde Künstler in die Kirche und malte flugs während ihrer Abwesen-
heit dieses Pferd in die Arabeske. Wie nun die Maler nach ihrer
Mittagsruhe wieder an ihre Arbeit wollten, wurden sie nicht wenig über
diese neue, aber — wie sie neidlos eingestchen mußten — gelungene
Zuthat erstaunt und benachrichtigten sogleich davon den Prälaten, dem
alsbald der fremde Maler einfiel. Er gab augenblicklich Befehl, densel-
ben aufzusuchcn und zurückzubringcn, allein der Maler war und blieb
verschwunden. Wegscheider selbst hätte viel darum gegeben, mit einem
solchen Kollegen die Arbeit fortznsetzen nnd vollenden zu können. —
Solche Schimmeldarstellungcn finden sich in der Malerei und auch Skulptur
von alten Zeiten her. Sv ist das Pferd auf den zahlreichen, u. a. auch
im vorigen Jahrhundert über dem Eingang eines Klostcrncbengebäudes
zu Weissenau, wahrscheinlich einer früheren Schmiede oder Stall, ange-
brachten Abbildungen von der Legende des hl. Eligius (auch Eulogius,
Elogius, St. Loh re.), welcher, während gewöhnliche Hufschmiede mit
störrischen Nossen nicht zum Ziele kommen konnten, solchen wilden Rossen
ganz einfach das Bein abgenommen, dieses in aller Ruhe auf dem Am-
bos beschlagen und darnach eben so leicht wieder angeheilt habe, regel-
mäßig ein Schimmel (welcher ja in noch heidnischen Zeiten auch
Wuotaus Ros; war); und so wurde der Schimmel immer mehr und
mehr der Lieblingsgaul des Volkes, an welchen sich eine Menge von
Sagen :c. knüpfen. Die darstellende Kunst hatte natürlich mit dieser
Volksanschauung zu rechnen; und haben sich diese Schimmelmalercien,
namentlich auch auf Kirchcnbilderu, in der That bis zu Ende
des XVIII. Jahrhunderts erhalten. Eine der bekanntesten ist
die auf dem Hochaltarblatt der ehemaligen Klosterkirche zu Weissenau
O. L. Xord. Dasselbe gicbt als Hauptgegenstaud im Vordergrund den
Abschied der Apostelfürsten vor ihrer Hinrichtung; im Hintergrund diese
selbst — nämlich die Enthauptung des hl. Paulus in der Ebene und
die Kreuzigung des hl. Petrus rechts auf dem Hügel (janiculus). Die
Reiter im Vordergrund tragen die Eisenrüstung des späteren Mittel-
alters, und nnter denselben ragt namentlich der Häuptling der Berittenen als
Hauptfigur auf einem flott gemalten langmähnigen stämmigen , wegen
seiner packenden naturalistischen Charakteristik unter den rosseliebcndcn
Schussenthäleru bekannten Schimmel hervor. — Und — da ist dem
Schreiber dieses der Gedanke gekommen, ob der bis jetzt vergebens ge-
suchte Künstler dieses über eine gewöhnliche Leistung sich weit erhebenden
kolossalen Altarbildes, auf welchem außer dem Schimmelreitcr auch noch
einzelne andere Köpfe geradezu prächtig modelliert und koloriert sind,
nicht etwa Weg scheid er sein könnte; allerdings scheint das Stück der
Malwcise nach etwas älter zu sein und aus dem Ende des XVII. Jahr-
hunderts zu stammen. Wcgscheider malte erweislich viel in Oberschwa-
bcn, auch in Klöstern, namentlich in der Umgegend seiner Heimat, wo-
selbst er u. a. nm 1754 zu Dittershausen die Kapelle zum hl. Georg
und zu Ertingen die Muttergotteskapelle um 1755 ausmalte. Außerdem
stach er auch einiges in Kupfer, u. a. eine Ansicht des Prämonstratcnser-
klosters Obermarchthal. — Einer seiner tüchtigsten Schüler oder Gehilfen
hieß Vogel entweder aus Niedlingcn selbst oder aus der Umgegend,
welcher im Herbste des Jahres 1743 durch einen unglücklichen Fall in
noch jugendlichem Alter um sein Leben kam; Vogel war gerade mit
der Ausmalung des Hauses seines Meisters in Ricdlingcn von außen
beschäftigt, als unglückseligerweise das Trittbrett uachgab und riß nnd
Vogel in die Tiefe in einen untenliegenden Hof Herabsiel, Fuß und
Arm brach und schon nach einigen Stunden seinen Verletzungen erlag.
?. Heck.

Stuttgart, Buchdruckerei der Aktiengesellschaft „Deutsches Volksblatt".
 
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