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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 5.1888

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Sambeth, Johann Georg: Bilder aus der Geschichte Mergentheims, [17]
DOI Artikel:
G., A.: Das Kloster und die Klosterkirche in Neresheim, [10]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20203#0091

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Augen springende Denkmäler hat der Stifter dieser Kirche
und der Mariahilf in ihr gefunden. Sie mahnen noch den
späten Nachkommen an den frommen, edlen Deutschmeister
Johann Kaspar von Stadion und laden ihn schon durch ihren
Anblick znm Beten ein.
Das eine Denkmal von Marmor (oder Alabaster?) be-
findet sich gleich beim Eingang in die Kapnzinerkirche an der
rechten Seitenwand gegenüber dem Altäre in der Mariahilf,
auf dem das von ihm hieher gebrachte Gnadenbild thront.
Wie schön ist der Gedanke, daß die Hilfe der Christen ihre
barmherzigen Angen dem treuen Verehrer und Erbauer ihres
Heiligtnmes zuwendet! Er selbst, die ehrwürdige Gestalt mit
dem markierten Gesichte, kniet, als Ordensritter mit dem
Harnisch bekleidet, auf einem Löwen. Er hebt Haupt und
Hände zur Mutter Gottes empor, die ihm das Jesuskind zeigt
und vor und über ihm in den Wolken schwebt. Zu oberst
ist die hl. Dreifaltigkeit zu sehen, neben ihm die von ihm ge-
stiftete Kirche samt Kloster, auf beiden Seiten an den Säulen
die Familienwappen. Die Bedeutung des Denkmals erklärt
folgende Unterschrift: „Der hochwürdigste Fürst und Herr,
Herr Johann Caspar, des Geschlechts von Stadion, Ad-
ministrator des Hochmeistertnms in Preußen, Meister Deutschen
Ordens in Deutsch- und Welschen Landen, Herr zu Frenden-
thal und Eulenberg, Nöm. Kaiserl. Majestät geheimer Nath,
so dieses Capnciner Closter zum andern Mal und unser
lieben Frau Hilf-Capelle gebaut, ist seines Alters im 74. und
der Negierung im 14. Jahr in Kaiserl. Kriegsdiensten im
Hauptquartier bei Mülhausen in testo Ul-negentationis b. V.
N. anno 1641 nach gehörten 2 Messen und empfangner
Kommunion seliglich in Gott entschlafen und allhier in dieser
Kirche in der gemeinen Sepultnr der k'. k'. Eapucinorum
seinem letzten Willen gemäß als Fundator der erste den
25. Febrn. 1642 begraben worden, dem Gott eine fröhliche
Auferstehung verleihen wolle. Amen."
Wie hier in Stein, so ist der Stifter in derselben Kirche
auch noch auf einem Gemälde zu sehen: es ist das Bild des
ehemaligen Hochaltars, das jetzt links vom Eingänge zur Seite
des Nebenaltars hängt. Dieses Altargemälde soll von dem
Maler van der Awera (von Anb, dem nahen bayerischen
Städtchen) verfertigt sein. Die Darstellung auf demselben ist
die nämliche wie auf dem Marmordenkmal, nur ist unten noch
die Stadt zu sehen, die von ihrem Fürsten gleichsam dem be-
sondern Schutze der hl. Mutter Gottes übergeben wird, wie
das von ihm gestiftete Kapnzinerkloster. Maria ist vom himm-
lischen Hofe umgeben, in welchem besonders der stigmatisierte
hl. Franziskus kenntlich ist. Der Stifter wird von einem
Engel zunächst auf den seraphischen Vater, dann ans die hl.
Mutter Gottes und die hl. Dreifaltigkeit, welche zu oberst
thront, hingewiesen.
(Fortsetzung folgt.)

Das Kloster und die Klosterkirche in Neresheirn.
Von Pfarrer A. G.
(Fortschuilg.)
Die vierte Kuppel, die Seitenknppel gegen Süden, stellt
dar die Aufopferung Christi im Tempel. Wir glauben, daß
dieses Bild, was Malerei und Zeichnung sowohl als Plastik
betrifft, das hervorragendste ist. Oben schweben die Engel
des Himmels. In Maria ist ganz entschieden die Andacht
und Demut der Jungfrau und Gottesmutter personifiziert, die
Farbe ihres blauen Gewandes haben wir schöner noch nie
gesehen, und fast möchte man sagen, diese Farbe versteht man

gar nicht mehr zu machen; der Faltenwurf des Gewandes ist
meisterhaft. Der greise Simeon, beseligt vor Freude zum
Himmel schauend, das Jesuskind ans den Armen tragend,
scheint die Worte uns zurufen zu wollen „nunc ckimittis
servurn tuunr in pace". Betrachten wir das Bild von der
Ferne, von der gegenüberliegenden Seitenkapelle, so sehen wir
einen kreisförmigen Boden, getragen von Arabesken, und dieser
kreisförmige Boden steht gerade so heraus, als ob er heraus-
gearbeitet wäre. Die Hauptpersonen Maria und Simeon,
besonders Maria, sind uns täuschend näher gerückt. Pracht-
volle Perspektive! In einiger Entfernung schauen wir einige
Mütter, welche an der Hand ihre Kinder führen und Hin-
weisen ans die Darstellung des Herrn im Tempel. Diese
Mütter nebst Kindern hat ein Schüler Knollers, Joseph Schöpf,
gemalt und erhielt, wie die Chronik berichtet, den Beifall seines
Meisters. Außer dieser kleinen Gruppe hat alles die Meister-
hand Knollers verfertigt. Nach den Anssagen alter Leute,
z. B. eines noch lebenden 80 jährigen Mannes in Großküchen,
der es von seinem Vater erfahren, sei Knoller bei dem Bilde
der Maria in dieser Kuppel als Muster vorgeschwebt eine
Schmiedssran von Großküchen, welche „heidenmäßig" schön
gewesen sei. Ob sie zu dieser Schönheit die Demnt und An-
dacht der Mutter des Herrn, welche so herrlich auf dem Bilde
dargestellt sind, besessen habe, ist nicht überliefert. Die gegen-
überliegende fünfte Kuppel — gegen Norden — enthält die
Danse Jesu im Jordan. Wie bei der vierten Kuppel, schwe-
ben auch hier sehr schöne Engel in der Höhe. Einen alten
Pharisäer gewahren wir rechts neben einem zweiten stehend.
Der erstere hält mit der einen Hand sein Gesicht, die andere
hält er abwehrend gegen den Heiland hin, als wollte er sagen:
Johannes tauft ja zur Vergebung der Sünden, also hat ja
dieser Nazaräner auch Sünden ans sich, sonst ließe er sich
wohl nicht taufen, folglich ist er doch nicht Gottes Sohn.
Lassen wir diesen Pharisäer in schwindelnder Höhe oben denken,
was er will, und gehen wir über zur sechsten Kuppel, welche
sich unmittelbar oberhalb des eigentlichen Schiffes befindet
und in welche der „zwölfjährige Jesus im Tempel zu Jeru-
salem" gemalt ist. Was dieses Bild betrifft, so ist es ent-
schieden das erste und hervorragendste des ganzen Tempels
betreffs der Perspektive. In diese Kuppel ist ein Tempel
wiederum kuppelartig hineingemalt und die angebrachte Laternen-
kuppel, durch welche das Licht hereinfällt, ist ein optisches Meister-
werk cat' exocllen. Acht Stufen führen ganz allmählich in
die Höhe, die Säulen des Tempels stehen ganz aufrecht. Auch
die Malerei für sich ist vortrefflich. Nur eines könnte man
an derselben anösetzen, daß nämlich der ganz oben sitzende
lehrende und hörende Heiland etwas zu groß und zu alt dar-
gestellt ist, als wir bei einem zwölfjährigen Knaben vorans-
setzen müssen. Ein Pharisäer sitzt auf der dritten Stufe, ein
anderer ist am Rand des Bildes angebracht und hängt dessen
Fuß wiederum ganz täuschend in die Kirche herab. Von ferne
her kommen Maria und Joseph links in den Tempel hinein,
Verwunderung in ihrem Antlitze zeigend. Lang sagt in seiner
Beschreibung über das Kloster und Reichsstist Neresheim über
dieses Bild: „Man glaubt wetten zu dürfen, der Plafond
müsse dort, wo die Laterne angebracht ist, eine besondere Ver-
tiefung haben; so weit getrieben ist das Per-spex^ ^ täuschend
die Malerei."
Die siebente und letzte Kuppel oberhalb der Orgel-
Empore stellt dar „die Vertreibung der Käufer und Verkäufer .
ans dem Tempel". Alles geht drunter und drüber; der Hei-
land im roten Gewand mit blauem Ueberwurs hält in der
rechten den Strick, und mit der linken Hand hält er eineil
 
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