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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 9.1892

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28

also ein Glück, daß mehr als die Hälfte der Reben weiße Trauben
trugen. Von diesen berührten sie keine, und so konnte man trotzdem
noch einen nicht unbedeutenden Herbst machen. Dieser wäre damals
ausgezeichnet und fast vollkommen ausgefallen, wenn nicht die unge-
ladenen Gaste die bessere Hälfte der Trauben aufgezehrt hätten.-
Die französischen Soldaten waren sehr schlecht montiert, aber sie wußten
sich zu helfen. Bei der Plünderung in Ravensburg und vielen Orten
in der Umgebung hatte» sie Tisch- und Bettzeug mitgenommen und
diese schnell zu Kleidern nmgeschaffen. Es würde lächerlich gewesen
sein (wenn man vor Angst und banger Erwartung der Dinge, die
vielleicht noch kommen würden, zu lachen im stände gewesen wäre), als
man die Patrioten in allerhand gestreiftem Zeug, als Hosen und Jacken
buntscheckig herum erscheinen sah. Daß aber einige im weißen Ordens-
habit des Pfarrers von St. Christum, andere wieder in Alben, ja sogar
Meßgewändern, zum Spotte Wache stunden und vom Berg herab bis
ins Kloster gesehen wurden, dieser Spott konnte von uns nur mit tiefster
Herzensbetrübnis angesehen werden. Die Nacht vom Samstag ans den
Rosenkranz-Sonntag wurde zu Weissenau in großer Angst zugebracht.
Alle Kvnvcntualen vom Abte Bonaventura an bis zum jüngsten Priester
brachten dieselbe im Refektorium zu. Der von Weingarten entflohene
Oberamtmann Steffelin hatte bei uns in Weissenau eine Zufluchtsstätte
vor den wider ihn aufgebrachten Franzosen gesucht und gefunden. Er
wußte vieles zu erzählen von den. Gewaltthätigkeiten, welche die Fran-
zosen in Weingarten begangen hatten. Dadurch wurde unsere Furcht
und Trauer noch vermehrt. Endlich suchte mau sich aufzuheitcrn, aber
trotz heiterer Erzählungen und Scherze wollte es nicht gelingen. Schließ-
lich inachte sich der Schlaf geltend, und der eine nach dem andern schlich
hinweg. Der Gottesdienst wurde an diesem sonst so hoch gefeierten
Sonntage ganz still gehalten. Nach dem Mittagessen kam General
Jonrdan vom Rahlen herab, um den Prälaten zn begrüßen und ihn
samt dem Prior zur Visite (Besuch) bei dem Herrn Divisionsgeneral
Fcrinv cinzuladen. Der, General und die ihn begleitenden Offiziere
besahen das Kloster, die Bibliothek und die Kirche. Dann gingen sie
mit dem Abte und dem Prior nachmittags 2 Uhr nach Rahlen zum
Besuche des Generals. Während des Ganges dorthin plänkelten die
Franzosen auf der Straße von Weingartshof mit den gegen sie an-
rückenden Oesterreichern. Die ans der Galgensteige, unweit von Rahlen
postierten Kanonen feuerten neben und über das Kloster hinüber auf
die obere Straße. Ich sah mit mehreren Konventualen vom Glocken-
turme des Klosters dieser Kanonade solange zu, bis die immer näher
vorbeisummenden Kugeln uns erschreckten und in die Zellen zurücktrieben.
Herr Divisionsgeneral Ferino nahm den Prälaten und Prior sehr gütig
ans und bewirtete sie mit den aus dem Kloster requirierten Extra-
Weinen. Sie erhielten die tröstliche Zusicherung, daß dem Kloster kein
Leid geschehen soll. Ein Offizier und mehrere Gemeine mußten die
beiden Klosterobern nach Weissenau zurückeskortiercn. Wirklich wurden
auch sanftere Männer zur Sauve-Garde in Weissenau angestellt, vor
denen man sich weniger zu fürchten hatte, und unter deren Schutz alles
bis zum Abzug der Franzosen — am Dienstag, den 5. Oktober — ruhig
blieb. Am Rosenkranz-Sonntage hatten die Franzosen die Oesterreicher
über den Grenzbach, Tettnang'zu, zurückgeworfen. Sie besetzten alle
umliegenden Ortschaften. Am Nachmittage dieses Sonntags sah man
in Eschach die ersten Franzosen und erschrak ganz unmäßig darüber.
Der sonst so mutige Pfarrer von dort wurde so kleinmütig, daß er nicht
nur die wertvollsten Gegenstände in der Kirche und im Pfarrhause
flüchten ließ, sondern selbst auch gegen Abend als Bauer verkleidet,
die Flucht nach Eisenbach ergriff. Im Pfarrhause ließ er seinen treuen
Hausknecht, Joseph Oehrle von Schwarzenbach, und einen bösen Hund
zurück. (Dieser wurde nur der Franzos genannt, weil man ihn von
einem Emigranten bekommen hatte.) Die Franzosen ließen sich gut
traktieren, thaten aber niemanden eine Gewalt an. Nur der verlassene
Pfarrhof wurde hart mitgenommen. Sie schnitten die Sessel, Betten
und Laubsäcke auf und suchten überall nach verstecktem Gelde, ohne aber
eines zu finden.. Der Knecht bekam manchen Kolbenstoß, wurde aber
doch nicht zu hart mißhandelt. Der treue Hund hingegen, der sich mit
aller Gewalt dem Treiben der Franzosen widersetzte, bekam einen
Bajonettstich in das Gelenke des Hinterbeins, von dem er nicht mehr
geheilt wurde. —-Da der Waffenstillstand der schwäbischen
RcichSstände mit den Franzosen schon vor ihrem Vordringen in unsere
Gegend abgeschlossen ivar, glaubten die Beamten von Weissenau ihre
Besitzungen durch Tafeln von Eisenblech schützen zu können. Auf diesen
Tafeln stand in französischer Sprache geschrieben: „Eigentum der Reichs-
abtei Weissenau." Man wollte auch den unter österreichischer Hoheit
stehenden Orten der Umgebung diesen Schutz znkommen lassen. Man
nahm nämlich an, daß diese keine so schlimme Behandlung zu erwarten
hätten, wenn sie als Angehörige eines im Frieden mit Frankreich
stehenden Neichsstandcs bezeichnet wären, als wenn man sie für Untcrthanen

des im vollen Kriege mit Frankreich befindlichen Kaisers von Oesterreich
ansehen mußte. Doch der ungemein für Oesterreichs Ehre eifernde
Schultheiß R. von Fidazhofen wollte dies als einen Eingriff in die
allerhöchsten kaiserl. Hoheitsrechte nicht zugeben. Man wandte sich also
an das k. k. Oberamt (Weingarten) Altdorf, und dieses erklärte: es
finde darin nichts Unwahres und auch nichts, was der höchsten Ober-
herrlichkeit des Kaisers schaden würde. Vielmehr sollte man froh sein,
wenn dadurch die Unterthanen des Kaisers vor feindlicher Behandlung
seitens der Franzosen gesichert würden. Derselbe Schultheiß mußte
also selbst bei deu Beamten Weissenaus um solche Schutztafeln für alle
im Oesterreichischen liegenden Lehenträger des Klosters bittlich nachsuchen,
eine Bitte, die natürlich ohne Anstand gewährt wurde. So wurden
alle diese Ortschaften und Höst mit solchen Tafeln versehen, mit der
französischen Inschrift: -kroprietö cks Imperial IVeissenLu».
Als die Franzosen im Vorrücken waren, behandelten sie die österreichischen
Unterthanen ebenso wie die „Reichler"; aber auf der Retirade machten
sie keinen Unterschied, sondern behandelten alle gleich übel. Leiderfinden
sich in hiesiger Chronik über die weiteren Kriegsjahre keine Einträge
mehr vor. Nur vom Jahre 1801 ist noch eine Notiz vorhanden. Diese
lautet: Im Sommer dieses Jahrs brannte die Hauptgasse der Stadt
Tettnang auf der Westseite gänzlich ab. Die Anwesenheit eines be-
deutenden Truppencorps der Franzvscn diente nur dazu, die nächtliche
Verwirrung noch größer zu machen. Diese mißhandelten die zur Hilfe
herbeieilenden Landlente, die Nachkommenden blieben daher in der Ferne
stehen und sahen von da aus der Brunst zu. DaS Mißverständnis bei
den Sprachen mag wohl zu dieser Verwirrung Anlaß gegeben haben.
(„Oberschw. Anz.")
Der in einem Aufsatze „lieber den Urheber der inneren Ausstat-
tung des Chors der Klosterkirche zn Blanbcuren" in den Mitteilungen
(2. Heft S. 9) des „Vereins für Kunst und Altertum in Ulm und Ober-
schwaben" erwähnte Jnschrifte »dichter Mylius au dem durch
Jörg Shrlin den Jüngeren gefertigten Chorgestiihl in der Stadtkirche
zu Geislingen könnte der im Jahr 1521 f Chorherr im Ulmer Wengen-
kloster Martin Mylius (Miller) gewesen sein, welcher auch die im
Jahr 1516 ans der Reichenau von Johann Haselberg (auf drei Vogen)
gedruckte, aus 26 Liedern bestehende ?assio Lbristi „nach der geriimpteu
Nusica, als man die Hymnus gewohnt zu brauchen", gedichtet und
außerdem einen -liortalus pbikosopbicus- (apuck UrnNbol. Volgg 8) ver-
faßt haben soll. Ucll.
Nochmals der Kardinal Raimund Peraudi. Dieser in
Nr. 22 dieses Blattes von 1890 (S. 88) genannte Kirchensürst muß
längere Zeit in Ulm geweilt haben oder, was wahrscheinlicher ist, von
seinen Ablaßtouren ab und zn wieder nach Ulm zurückgekehrt sein. Von
Ulm aus ließ er nämlich im Jahre 1501 folgende sehr seltene, Panzer
in seinen „typographischen Annalen" unbekannte Schrift ansgehen:
-Ilaz-muuckus, Ueralck. carck. Lurceusis. ^.ck senalores romaoi im-
perli blurember^ae commoraates epiMola, ne quick lemporis ammit-
tersnt in ckeliberancka contra klurcas sxpeckitioirs (cke ckato UInras
ZV. sulii 1501). Lcc. sjugck. spistola ack UsIveUos.» 8. I. n. ck.
(um 1501). 60U1. 8 K. n. n. 4°. Weiter richtete der Kardinallegat
unter dem 27. Juni 1502 ein Schreiben an den Humanisten Reuchlin,
welches in dem von dem littcrarischen Verein zu Stuttgart heraus-
gegebenen „Joh. Reuchlins Briefwechsel" (126. Publikation, Tübingen
1875, auf Seite 76) enthalten ist. — ck.

Zur Beachtung!
Originalarbciten, welche in unfern Zeitschriften erscheinen, dürfen
ohne ausdrückliche Erlaubnis anderswo weder abgcdruckt noch ohne
Quellenangabe benützt werden. Sv selbstverständlich dies eigentlich an
sich ist, so sehen wir uns endlich im Hinblick auf die vielfache Nicht-
beachtung dieser gaiH allgemeinen Regel zu dieser ausdrücklichen Er-
klärung genötigt. So benützte n. a. der im Berlage von Eberle,
Kälin u. Cie. in Einsicdeln in der freien Schweiz erschienene „Neue
Einsiedler Kalender für das Jahr 1892" in einem Artikel: „Ur-
sprung und Ausbau des Ulmer Münsters" an dessen Anfang und
Schluffe den in unserem „Diözcsanarchiv" von 1891 Nr. 12 am
15. Juni S. 45—48 erschienenen Aufsatz von Amtsrichter a. D.
Beck: „Zwei katholische Stimmen über den Ulmer Dom
— zum Jahrtag des Ulmer Münsterjubiläums von 1890" teils wörtlich,
teils mit AuS- und Umschreibung des Inhalts und der gegebenen
Gedanken, ohne nur die Quelle zu bezeichnen!!
Im Februar 1892. ^
^ o Die Äedalttron.

Stuttgart, Buchdruckcrci der Aktiengesellschaft „Deutsches Vvlksblatt".
 
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