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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 9.1892

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Das stilistische Glaubensbekenntnis des schwäbischen Baumeisters Friedrich Frhrn. v. Schmidt
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Miszellen
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https://doi.org/10.11588/diglit.15867#0068

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sich cin langjähriger Freund des Verewigten, Or. A. Reichens-
perger, veranlaßt, cin Wort zur Klarstellung zu reden. Es
geschah dies in einem Aufsatze in SchnütgenS „Zeitschrift für-
christliche Kunst", der nunmehr mit Erweiterungen und einem An-
hänge biographischer Notizen als eigenes Schriftchen erschien?)
Der Verfasser stützt sich in seinen Ausführungen auf
Briefe, die er im Laufe der letzten 25 Jahre von seinem
Freunde erhielt. Gelegentlich der Erwähnung derselben, das
möge hier gleich bemerkt werden, spricht er die Hoffnung aus,
daß die Zeit nicht gar ferne sei, in welcher dieselben dem
ganzen Inhalte nach veröffentlicht werden können. Es werde
sich dann zeigen, wie sehr Schmidt auch des geschriebenen
Wortes Meister war, wie tief sein Empfinden, wie lebhaft
sein Interesse, wie klar sein Blick auch für außerhalb der
Knnst Gelegenes war. Diese Briefe nun lassen keinen Zweifel
mehr darüber aufkommen, welcher Grundrichtung in der Archi-
tektur Schmidt mit seiner ganzen Ueberzeugung zugethan war.
„Dank einer eigentümlichen Verkettung der hiesigen Ver-
hältnisse," schreibt er im Jahre 1865 ans Wien, wohin er
sieben Jahre früher von Mailand aus übergesiedelt war und
wo er an der Akademie als Professor für die Baukunst des
Mittelalters wirkte, „war es mir möglich, zunächst ohne großes
Aufsehen zu erregen, einen festen Grund zu legen, sowohl für
die Kenntnis als auch für die Anerkennung der Spitzbogen-
architektur." Die Anhänger der klassischen Richtung begannen
damals bereits den wachsenden Einfluß Schmidts, den er nicht
nur durch die Aneiferung und Begeisterung seiner Schüler
erzielte, sondern auch durch mehrere Kirchen- und Prosan-
bauten in der öffentlichen Meinung errang, zu fühlen. Sollte
derselbe unter den damaligen Verhältnissen weitere praktische
Folgen habe» — und eben damals handelte es sich in Wien
darum, der Reihe nach hervorragende öffentliche Bauten her-
zustellen — so konnte nur ein kluges Vorgehen sich Erfolg
verspreche». „Meine Taktik geht nun dahin," wie er im selben
Jahre schrieb, „den elementaren Unterschied, welcher zwischen
meiner Richtung und den: vulgären Wiener Zopftum besteht,
thunlichst wenig zur Schau zu tragen. Dabei muß ich mög-
lichst an öffentlichen Unternehmungen mich beteiligen, um dar-
znthu», daß so ein Gotiker wirklich lebt, nicht als Gespenst
umherwandelt. Handelte ich so nicht, so könnte ich mir sagen,
daß mit der Vollendung meiner Kirchen meine Thätigkeit hier-
zu Ende wäre. Von diesen: Gesichtspunkte aus halte ich hier
meine. Vorträge, regele ich überhaupt mein Verhalten und bitte
ich Sie, manches, waö Sie von mir hören oder hören werden,
zu beurteilen." Diese Taktik legte es ihm nahe, zu zeigen,
daß seine Bestrebungen durchaus nicht einer ans Unkenntnis
stammenden Einseitigkeit ihren Ursprung verdanken. „In dem
Vereine „Wiener Bauhütte" hielt ich Vorträge über griechische
und römische Architektur, worin ich das Wahre in diesen Stil-
richtungen eingehend technisch und künstlerisch entwickelte und
die Stellung derselben zu unseren Verhältnissen charakterisierte.
Hierdurch raubte ich meinen Gegnern vor allem die Handhabe, mir
Unkenntnis der klassischen Kunst vorzuwerfen." Schmidt be-
teiligte sich sodann an zahlreichen Konknrrenzbewerbnngen, teils
mit, teils ohne Erfolg im Sinne der Gotik. Nur die von den Ver-
hältnissen bedingte Taktik war es, welche zu den vorhandenen
Mißverständnissen bezüglich seiner Hauptrichtung Anlaß geben
konnte. Höchst aufklärcnd ist es in dieser Beziehung, aus
einem Briefe vom Jahre 1869 zu vernehmen: „Dem vielen

Gejohle der modernen Klassiker verdanke ich es zumeist, daß
ich bei meinem Rathauöentwurf — es handelte sich damals
um den Neubau des Wiener Rathauses — eine Richtung ein-
geschlagen habe, die möglicherweise zum Ziele führt. Denn
das muß ich mir gestehen, ein in rein deutsch-gotischem Stile
dnrchgeführter Entwurf ist hier absolut unmöglich dnrchznsetzen.
Wie ich Ihnen schon früher mitteilte, habe ich mich daher der
lombardisch-florentinischen Richtung mit ruhiger Fafsadenbil-
dung angeschlossen und nur in den Türmen und namentlich
in der Ausstattung der inneren Räume, welche von der moder-
nen Umgebung ganz abgetrennt find, möglichst der Kunst des
13. Jahrhunderts mich zugewendet."
Aus den von Neichensperger mitgeteilten Briefen Schmidts
ließe sich noch eine Anzahl von Aeußernngen dafür anführen,
daß das Gotische als Hauptrichtung Schmidts anzusehen sek
Ich will denselben indes nur noch eine Stelle entnehmen,
lim zu zeigen, daß er dieser Richtung bis zum Schlüsse treu
blieb. „Ich muß sagen", bekennt er im Jahre 1888, „je
mehr ich studiere und einen Ueberblick über die Gesamtleistung
unseres Mittelalters gewinne, desto unbegrenzter wird meine
Ehrfurcht vor den Meistern jener Zeiten und desto mehr er-
kenne ich, wie wenig wir können im Vergleich mit ihnen." In
seinem ganzen Leben war er von der Ueberzeugung getragen,
daß eine Fortentwicklung der Baukunst nnr zu erhoffen sei
„auf dem allein natürlichen Wege des Spitzbogens".
Mögen die Leistungen dieses großen Meisters als ein
Beleg dafür angesehen werden, daß ein verständiges Wieder-
anknüpfen an die alten ehrwürdigen christlichen Traditionen
auf vielen Gebieten unseres modernen Lebens, namentlich auf
dem der Kunst, zum wahren Fortschritt und einer eigentlichen
Fortentwicklung beitrage, wenn nicht dieselben allein ermög-
liche. Die verschiedenartigen Werke dieses nachahmenswerten
Verehrers des Mittelalters beweisen zur Genüge, , wie beim!
Festhalten einer dem entsprechenden Haupttendenz dem Gesetze;
der Mannigfaltigkeit in der Kunst kein Eintrag geschehe.
(„Augsb. Postzeitnng.")
Miszellen.
Alte Glasmalereien in Salz a. N. In der im Jahr 1515 ;
im gotischen Stile erbauten, den hl. Märtyrern Fabian und Sebastian -
geweihten, Pfarrkirche von Sulz ist an einem der Fenster des Chores s
eine etwa 2' hohe und 16" breite schöne Glasmalerei angebracht, !
welche das sehr charakteristische Brustbild eines Prälaten mit den Abts- s
insignien vorstcllt und nuten zur Inschrift hat: „^lpirsdacb iziz.'ch
Es befanden sich aber nach Fr. A. Köhlers Beschreibung und Ge-j
schichte von Sulz in dieser Kirche noch weitere Glasmalereien, nämlich '
in dem großen Kirchenfenster zwischen dem Chor und der südlichen;
Kirchthiire 3 schöne Quadrate von Glasmalerei, deren mittleres eine§
religiöse Scene vorsteUtc; das nächste daran gegen den Chor den Ritter l
Wilhelm v. Weitingen — den Angehörigen eines in der Nähe;
angesessenen, vom 12. —17. Jahrhundert blühenden Rittergeschlechtes —
knicend und in blau angelausencr Rüstung; und das auf der andern
Seite seine Gemahlin Barbara v. Weitingen in langer gelbstoffcner:
Kleidung mit seltsamem Kopspntze. Wahrscheinlich war das Wappen
der Weitinger: voinr. und w. geteilter Schild, oben ein weiß bekleidetet;
schwebender Arni, Helmzicr ans rotem Kissen mit weißen Quasten, ei» ;
schwarzes stehendes Lamm, mitaugebracht. Zeichnung und Kolorits
waren gleich schön und lebhaft und nach der unter dem Mittelstücle ^
befindlichen Zahl vom Jahre 1518. Allein — ohne Kenntnis und
Achtung einer längst verlorenen Kunst wurde auch dieses Denkmal der- i
selben im Jahre 1817 anSgerissen und im Beisein mehrerer Ortsvvr- ;
steher um — sage — 24 kr. verkauft, ohne daß wir sagen könnten,
wohin diese Kunstschähe gekommen sind. Als ob — so ruft Köhler iin -
Unmnte darüber ans — Vernichtung alles Schönen und Alten zu den >
Zulüftungen aufs Jubelfest der Reformation gehört Hütte re.! Dies ist indes -
nicht der einzige Vandalismus, der auf das ReformationSjubilänm verübt ;
wurde; anderswo weiß man auch noch davon zu erzählen. 1WK.

i) ve. A. Reichenspcrgcr, Zur Charakteristik des Baumeisters
Friedrich Freihcrrn v. Schmidt. Düsseldorf, Schwann, I89l.

Stuttgart, Buchdrnckerei der Aktiengesellschaft „Deutsches Volksblatt".
 
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