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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 9.1892

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Stengele, Benvenut: Die Berufung der Jesuiten nach Konstanz, [2]
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Miszellen
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https://doi.org/10.11588/diglit.15867#0076

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68

Bei dem Tode dieser beiden Bischöfe ließen sie in allen Kirchen
ihres Ordens feierliche SeclengotteSdienste halten.
Während der zweiten schwedischen Belagerung von Kon-
stanz starb ein vortreffliches Mitglied des dortigen Kollegiums,
der ?. Georg Witweiler, welcher als Theolog und Prediger
gleich berühmt war. Er war ein Zögling des deutschen Kol-
legiums in Rom und wurde in der Folge Doktor der Theo-
logie und Kanonikus des Stiftes zum hl. Cyriak in Wiesen-
steig; als solcher faßte er, schon 42 Jahre alt, den Entschluß,
in die Gesellschaft Jesu zu treten, wo er auch bereitwillige
Aufnahme fand. Auch die Jesuiten'?. Andreas Ernstmann, ein
Schweizer, und Christophorus Banmann, erst 31 Jahre alt,
von dessen Talenten, Fleiß und Eifer der Orden sich vieles
versprach, erlagen während der Belagerung einem herrschenden
Lazaretsieber.
Solche Verluste wurden jedoch wieder ausgeglichen durch
den Eintritt anderer, durch Frömmigkeit und Gelehrsamkeit
nicht minder ausgezeichneter Männer. Auf solche Weise hat
sich daS Jesuitenkolleginm in Konstanz gleich einem Senfkörn-
lcin entwickelt und ist ein großer Baum geworden , welcher
fortblühte bis zur Aufhebung des Jesuitenordens überhaupt.
Nachdem Papst Klemens XIV. durch die Bulle »Domi-
nus nc reclemptor noster« vom 21. Juli 1773 die Gesell-
schaft Jesu aufgehoben hatte,, verkündeten die kaiserlichen Ab-
geordneten den Konstanzen Jesuiten am 9. November 1773
ihr Schicksal. Es waren 15 Patres, 4 Magistri und 5 Laien-
brüder. Sämtliche Professoren behielten ihre Lehrstellen bis
zur neuen Ordnung der Dinge, d. h. bis zum 28. Dezember
1774, bei; an diesem Tage aber traten die Professoren der
höheren Studien ihr Lehramt an von der österreichischen Re-
gierung neu gewählte Lehrer ab, während die Lehrer der
Ghmnasialklasscn ihre Stellen beibehalten durften. Im Jahre
1786 verlegte man die Schulen in das Kloster selbst und
verkaufte das ehemalige Gymnasialgebände, das in ein Theater
umgeschaffen wurde. Das Gymnasium wurde unter der badi-
schen Negierung in ein Lyceum verwandelt. Die Kirche blieb
ihrem gottesdienstlichen Zwecke als Studienkirche erhalten, nur
die in derselben vorhandenen Gemälde des Konstanzer MalerS
Memberger, welche die Thaten des hl. Ignatius vorstellten,
wurden später ans derselben entfernt.

Miszrllen.
A u s d e r Pfarrchronik von Eris kl r ch. Dieses zuerst dem
Bcnediktincrstiftc Weingarten, dann dem Domstiste Konstanz gehörige,
in der totalen Kunstgeschichte von wegen des Besitzes schöner Glas- und
Wandmalereien, eines wertvollen Bortragkrenzes u. s. w. nicht unbe-
kannte Pfarrdorf am Bodensec litt wie die Umgegend im 30jährigen
Kriege entsetzlich. Im Jahre 1634 hausten die Schweden so schrecklich,
das; an Mariä Lichtmeß alle Einwohner über den See in die Schweiz
flohen nnd sich ». a. zu Gvldach, Steinach und Arbon bis ans bessere
Zeiten anshielten. Jvhs. Nogler von Wolfzennen mußte durch den sog.
„schwedentrnnk" elendiglich zu Grunde gehen; es wurde ihm nämlich
von den Schiveden so viel Mistlachcn eingeschaltet, bis er den Geist
nnsgab. Auf der Flucht starben in Steinach in der Schweiz Michael
Dietrich, Agathe Wund, Johs. Graf nnd Martin Ebcrle; die übrigen
kehrten erst um den September 1634 in ihr übel zngerichtctes Dorf zu-
rück. — Auch in den französischen Revolutionskricgcn wurde das Dorf
übel mitgenommen. Schon am 4. August 1796 kam eine ganze fran-
zösische Brigade unter dem General Peryat (?) dahin nnd schlug ihr
Lager im sog. „Alimcut" (d. i. der Name eines damals noch öde am
Bodensee gelegenen Gewandes) auf. Der General samt zehn Offizieren
»ahm ohne weiteres im Pfarrhofe Quartier, woselbst außerdem noch
15 Gemeine, Bediente nnd Soldaten untergcbracht werden mußten.
Vier Tage verweilten die ungebetenen Gaste in Eriskirch, allein, als sie
ans dem Vorarlbcrgischen, wohin sie sich gewandt, wieder retirieren
mussten, schlug dieselbe Brigade wieder ihr Quartier in Eriskirch auf,

nud ln daS Pfarrhaus kamen wieder dieselben Gäste. Für,den Offizicrs-
tisch wurde zwar das Essen vom Franenkloster Löweuthäl geliefert, allein
da die Truppen diesmal 13 Tage im Orte blieben, so wurde demselben
ein unersetzlicher Schaden zugcfügt, indem durch die Franzosen die
meisten Feldfrüchte, sowohl im Felde als in den Scheunen, fast ganz
verzehrt, bezw. zerstört wurden. Die meisten Einwohner hatten keine
Nahrungsmittel mehr nnd mußten Brot von den Franzosen wieder er-
betteln. 45 Schweine und 8 Rinder wurden von den Franzmänner»
selbst geschlachtet. Am Roscnkranzsonutag des Jahres 1796 griffen sie
die Oesterreicher an der Argen an nnd wurden dann im Berlcmfe durch
letztere bis an die Schüssen zurückgcschlagen. Das Gefecht an der
Schüsse» dauerte bis nachts 10 Uhr, wobei glücklicherweise jedoch, kei»
Mensch und kein Haus in Eriskirch beschädigt wurde. Am darauf-
folgenden Mittwoch zogen die Franzosen endlich ab. Noch öfters wurde
aber in diesem fast ein Bicrteljahrhnndert dauernden Kriegstrubel
Eriskirch von Einquartierungen und Kriegslast heimgesncht; über diese
lange Kricgszeit, welche bisweilen nur durch scheinbare Friedensschlüsse
unterbrochen wurde, kamen Oesterreicher jeder Farbe, Franzosen, Pa-
trioten, Russen, Kosaken, Coudöer, Bayern, Württembergs', Badenser
und Vorarlberger Bauern sowie auch ,-Vcteraner" ans Württemberg
nach Eriskirch. Der Pfarrer hatte im ganzen mindestens über 800
Offiziere in Quartier nnd Verpflegung und bekam dafür nicht eine»
Kreuzer Entschädigung. Im Jahre 1802 kam die Reichsstadt Buch-
horn nnd mit ihr das dazu gehörige Pfarrdorf Eriskirch unter bayerische
Herrschaft. Unter dieser Regierung wurde untersagt, an den Freitagen
in der Fasten feierlichen Gottesdienst mit Predigt und Amt zu halten,
nnd kämen von dieser Zeit an an den Fastenfrcitagen keine Fremde
mehr in die Eriskircher Kirche, wie bis dahin seit Jahrhunderten. Im
Jahre 1805 wurde man dann würtlembergisch. Bon weiteren Eris-
kircher Merkwürdigkeiten w. wäre hier u. a. noch zu verzeichnen, daß im
Jahre 1689, als man vom Kloster Löwenthal von einem dahin ver-
anstalteten Bittgänge heimkehrte, ans einmal „eine solche Finsternis ent-
stand, daß man einander kaum mehr sehen konnte". — Im Jahre 1802
wurde das „Aliment" urbar gemacht Und der Viehtrieb eingestellt. —
Im Hnngcrjahr 1817 zahlte das Malter Korn 80 fl- und in der Schweiz
drüben 110 fl., der Haber bis 20 fl., das Faß „Bodenüirnen" bis
19 fl. Es war dieses Jahr besonders für Eriskirch sehr hart, indem
der See eine bisher unerhörte Höhe erreichte so zwar, daß nicht nur
sogar die „Hirtenwiesen", sondern auch alle Felder unter dem Dorfes
tief unter Wasser gesetzt wurden und daher bereits alles Futter und
alle Früchte in den unteren Oeschen verdorben wurden. In dieser für
die Ortselnwohner höchst traurigen Lage wies die Königin Katharina
von Württemberg dem Armenverein huldvoll 150 fl. zum Besten der
Armen an und nachträglich noch weitere 50 fl. — Im Jahre 1823 de»
21. September morgens 8 Uhr schlug der Blitz in den Kirchturm, ohne z»
zünde»; im Jahre 1828 wurde die Brücke über die Schüssen erbaut. —cü.
König. Ludwig XVIII. von Frankreich in Dillinge»
a. D. Bor dem Einrückeu der französisch-republikanischen Armee in
Bayern unter Moreau weilte der Bruder des, unschuldig Hingerichteten
Königs Ludwig XVI. von Frankreich, Ludwig Graf von Provence, best
nachmalige König Ludwig XVIII., welcher bekanntlich nach der Flucht!
nnd Verbannung aus seinem Stammlande ein wechselvolles, unstätes!
Dasein führte und sich bald da, bald dort, so in Koblenz ,Hamm, Blanken->
bürg, Verona, Warschau, Mtau re., zuletzt zu Hartwell in England
nufhielt, einige Zeit, was vielleicht weniger bekannt nnd worüber kürz-
lich (Winter 1891/92) im Dillinger historischen Vereine ein Vortrag
stattgefundcn, auch zu Dilling'en a. D. in der bayerischen Provinz Schwach
den, der damaligen Residenz der Bischöfe von Augsburg, und logiertes
im Postgebttude (dem jetzigen Gasthvf „zum Stern"). Als er daselbst!
ain 19. Juli 1796 um die zehnte Stunde mit den Herzogen von Gram-i
mont nnd Fleury am Fenster stand, blitzte plötzlich anf der Straße ei» s
Flintenschuß; eine Kugel zerschmetterte die Fensterscheibe nnd streifte s
Ludwigs Schläfe. „Seien Sie ruhig!" sprach er schnell gefaßt zu feinet
zum Tod erschrockene»'Umgebung, „ein Schuß an den Kops, der nicht s
zum Fallen bringt, hat nichts auf sich!" Als der Graf Avvry, einet s
der Kavaliere des Prinzen, im Entsetzen nusrieft „Ach Galt, wenn dü -
Kugel eine Linie tiefer getroffen hülle!" versetzte Ludwig: „Nun, st !
würde der nächste König von Frankreich Karl X. heißen!" Lud-s
wig XVIII. war zwar ein ziemliches Phlegma, dabei aber ein Mnn>ch
von Geist und — nebenbei bemerkt — ein trefflicher „Lateiner", na- s
mentlich Hornzinner. — Trotz der sorgfältigsten Untersuchung wurde j
der Attentäter — denn für ein Attentat hielt man die Sache zweifellos j
nnd nicht etwa für einen nuS Versehen irgendwo losgegangenen Schub!
— nie entdeckt, der den Schuß abgefcncrt. Eine heilte noch sichlbaic!
Fensterscheibe von gelbem GlaS an Stelle der durch den Schuß zer-'
trümmerlcu wurde zur ewigen Erinnerung an dieses Vorkommnis s
den Fensterrahmen eingesetzt. lick. s

Stuttgart, Bnchdruckcre! der Aktiengesellschaft „Deutsches Volk- latt".
 
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