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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 10.1893

DOI Artikel:
Mone, Fridegar: Die Giebel-, Portal- und Bogenfeld-Reliefs an der Kapelle von Belsen, [1]
DOI Artikel:
Schöttle, Johann Evang.: Zur Geschichte des Klettgaues, [17]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15868#0034

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Bogcnfelde, welche symbolisch die sieben Sakramente darstellen
sollen, finden sich auch im Giebelfelds des gotischen Sakra-
mentshäuschens in Eichelberg beim ehemaligen Benediktiner-
stifte Odenheim, welches höchstens dem fünfzehnten Jahrhundert
angehört. Auf- der heraldisch linken (Epistel-) Seite jenes
Kreuzes sieht man sieben Hostien herabfallen. Das Kreuz
ist nämlich als Baum des Lebens nach dem Hymnus des
Venantius illortunLlus, gest. 600 (crux llckelis, iirter omnes
nrbor) aufgefaßt. Auf dem Flügelaltare in der Straßburger
mittelalterlichen Kunst- und Altertümer-Sammlung ist der
Baum des Lebens als Kreuz dargestellt, von welchem ein
reicher Regen von Hostien herabfällt. Man kann jenen Altar
nicht für älter erklären, als höchstens Ende des fünfzehnten
Jahrhunderts. Aus dieser Uebersicht ergiebt sich, daß die
Bildwerke an der Belsenkapelle auch noch auf Bauten und
Denkmalen des elften bis sechzehnten Jahrhunderts Vor-
kommen.
Zum leichteren Verständnisse dient folgendes Schema,
woraus man ersieht, wie die Relief-Darstellungen verteilt sind:
1
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8 7 9
1) Das lateinische Kreuz, welches fast unter dem First
angebracht ist, soll ausdrücken, daß dieses Gotteshaus dem
Feste der Kreuzerhöhung (exalknkio s. Lrucis) geweiht ist.
2) Die zwei nebeneinander gestellten Widderköpfe dar-
unter sind nichts anderes, als die aus den alten Kalendern
bekannten Abkürzungen des Widders im Tierkreise. Die Tage
des Kalenders wurden im Mittelalter (noch bis ins sechzehnte
Jahrhundert) auf den Wandkalendern nicht von oben nach
unten anfgezählt, sondern von der rechten zur linken, gerade
ebenso wie sie auf den Runenstöcken auch bildlich dargestellt
sind. Die zwei Widderköpfe sollen mithin zwei aufeinander-
folgende Tage bezeichne», welche beide im Himmelszeichen des
Widders sind. Diese Tage müssen mit der Grundsteinlegung
der Kirche in irgend einem nahen Zusammenhänge stehen.
Selbstverständlich denkt man zunächst an die Bezeichnung des
Jahres, resp, Jahresanfangs, in welchem die Grundstein-
legung stattfand. Um ein bestimmtes Jahr zu bezeichnen,
kann man verschiedener Ausdrücke sich bedienen. Das ein
fachste ist natürlich, daß man den Anfang des Jahres, also
den ersten Tag desselben benennt, etwa: Freitag 1. Januar
1892, oder Fest der Namensgebung Jesu, oder ein Tag nach
St. Sylvester, oder erster Tag des Jahres 1892, oder erster
Tag des Monats Schebat, oder der so und so vielte Tag
vor oder nach dem ersten Vollmonde nach dem kürzesten
Tage (21. Dezember) d. i. nach Wintersanfang. Nach dieser
Art der Bezeichnung ist der 13. Tag vor dem ersten Voll-
mond nach Wintersanfang der 1. Januar 1835. Auch kan»
man die astronomische Benennung des 1. Januar wählen und
nach den Himmelszeichen, in welchen der 1. Januar steht,
sagen: Löwe d. h. der 31. Dezember und der 1. Januar
stehen unter dem Zeichen des Löwen (1891), oder Steinbock-
Wassermann d. h. der 31. Dezember stand unter dem Stein-
bocke, der 1. Januar unter dem Zeichen des Wassermannes
(1835). Wenn zwei gleiche Zeichen nebeneinander sich finden,
wie hier zwei Widderköpfe, so will daö sagen, daß der 1.,
2. und 3. Januar unter dem Zeichen des Widders stehen.
Dieses letztere war im Gregorianischen Kalender 1767, 1778,
1829, 1835 der Fall. Da aber für die Bauzeit der Belsen-
kapelle der Julianische Kalender maßgebend ist, so können mit

den zwei Widderköpfen nur eines der folgenden Jahre: 789,
862, 873, 957, 963, 1047, 1058, 1131, 1142, 1153,
1215, 1226, 1237, 1299 bezeichnet werden, vorausge-
setzt, daß man in diesen Jahren im Bistum Kon-
stanz am 1. Januar den Anfang des Jahres feierte,
lieber diese Fragen müssen uns die Geschichtsforscher, Ur-
knndenkenner und Astronomen genaue und ganz bestimmte
Auskunft geben.
3) Die Figur 8 bietet keine Schwierigkeit bei der Er-
klärung. Es ist der Steinmetze oder Baumeister, welcher mit
beiden Händen den Grundstein zum „versetzen" (versenken)
vor sich hält. Er zieht dabei die Fußspitzen (den Mittelfuß
und die Zehen) zurück und stellt beide Füße einwärts, damit
er sich selbst beim Versenken des Steines nicht verletze und
auch diesem keine falsche Richtung gebe. Allerdings ist diese
Figur so unbeholfen gezeichnet, wie Kinder zu zeichnen pflegen.
Der Vorderfuß ist einwärts gestellt, weil der Zeichner die
Verkürzung des en lace-Bildes nicht geben konnte. Ganz
dieselben Fehler in der Zeichnung zeigen die Reliefs der
Grundsteinlegung des Speierer Domes und des Samson, der
den Löwen zerreißt, beide am Speierer Dom.
Die Bilder 4 und 5 zwei Widderköpfe (4) und ein
Stierkopf (5) bieten nach dem oben zu 2 Gesagten gar keine
Schwierigkeiten. Diese drei Bilder bezeichnen einen Tag, der
unter dem Zeichen des Stieres steht, und welchem drei Tage
vorangingen, die unter dem Zeichen des Widders standen.
Dieser Tag ist der 3. Juni in den Jahren 628, 908 und 992.
Wenn oben gesagt wurde, daß die Erklärung der zwei
Widderköpfe und des Stierkopfes keine Schwierigkeiten haben
könne, so wurde vorausgesetzt, daß dem Leser das so häufig
schon im frühen Mittelalter und bis ins achtzehnte Jahr-
hundert in den Kalendern sich findende Bildchen von der „Ader-
laßtafel" oder dem „Aderlaßmännchen" bekannt ist.
Auf jenem Bilde sind alle Tage des Jahres ausschließlich
nach dem Zeichen des Himmelskreises oder Zodiakus benannt.
Ferner darf man als bekannt vvraussetzen, daß bei Katho-
liken, wie bei Protestanten, in Süddeutschland noch jetzt die
Sitte vorkommt, daß der Erwachsene im Kalender seines Ge-
burtsjahres nachsucht, unter welchem Himmelszeichen er ge-
boren ist. Er sucht bei seinem Geburtstage das entsprechende
Zodiakusbild, um daraus auf seine Lebensschicksale nach den
Wahrsagebüchern Schlüsse zu ziehen. (Schluß folgt.)

Zur Geschichte des Klettgaurs.
(Aus dem Nachlaß des rastlosen Lokalgeschichtsforschers Pfarrer
Joh. Ev. Schüttle in Scekirch.)
(Fortsetzung statt Schluß.)
Johannes V., 35. Abt, von 1530—1566; sein Ge-
schlechtsname war — Kern.
Dieser Abt wurde a. 1531 nach Speier und 1532 zum
Reichstag nach Regensburg von Karl V. berufen. Als das
Herzogthum Wirtemberg von den Oesterreichern besezt war,
unterhandelte Johannes v. Landenberg, welcher von Johann
v. Rechbcrg einen Theil der Schirmvogtei vom Kloster wieder
an sich gebracht hatte, mit Ferdinand, römischem Könige und
Herrn v. Wirtemberg, ums Jahr 1532.
Als aber die Wirtem berger wieder eingesezt waren, er-
griffen sie diese Gelegenheit, ihr Schutzrecht in ein Landrecht
umzuwandeln und zwar der Art, daß am 6. Januar 1536
Abt Johann mit seinem Convent aus dem Kloster mit be-
waffneter Hand verjagt wurde, weil er dem das Jahr zuvor
eingedrungenen lutherischen Prädikanten die Kanzel verschloß,
 
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