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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 10.1893

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Albrecht Dürer in Württemberg
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Fränkel, Ludwig: Leo von Seckendorff und die "schwäbischen Dichter"
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https://doi.org/10.11588/diglit.15868#0096

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spricht sich entschieden gegen die Autorschaft Dürers ans, in-
dem er namentlich hervorhebt, daß Dürer niemals die 5 so
zeichnet, wie sie sich auf dem Blatte mit der Burg Kaltenthal
findet, auch sei die Scbrift zierlicher und fließender als man
sie bei Dürer gewöhnt sei; endlich aber seien auch die Land-
schaften und Gebäude in einer fast weiblich zarten Weise aus-
geführt, wie wir sie von Dürer nicht gewohnt sind.
Schon Seydlitz a. a. O. hatte die Frage aufgeworfen,
ob mau nicht in diesen Zeichnungen die Hand Baldung Grüns
zu erkennen habe, dessen Karlsruher Skizzenbuch analoge
Zeichnungen enthält. Die inzwischen erfolgte Reproduktion
dieses Skizzenbuchs durch Rosenberg, Frankfurt 1889, hat
diese Frage näher gebracht. Nosenberg sagt in der Einleitung
dieses Werkes, das Berliner Blatt mit der Beischrift Kalten-
thal und das Wort Ramstei» auf der andern Seite zeige eine
Verwandtschaft mit der Handschrift Baldungs, dennoch seien
die Karlsruher Zeichnungen im Vergleich zum Berliner Blatt
entschieden geringwertiger. Die Blätter aus der Sammlung
Grahl dagegen sind mit Baldung und Dürer überhaupt nicht
in Beziehung zu setzen. Eine Besprechung, der genannten
Publikation in der Zeitschrift für bildende Kunst von 1889
ist auch ganz dieser Ansicht: „An künstlerischer Vollendung
können die Baldungschen Zeichnungen, selbst unter der Annahme
eines um 10 Jahre höheren Alters, mit den Berliner Zeich-
nungen sich nicht messen.... Auch für Hans Dürer, den
Rosenberg in die Diskussion hineinzieht, ist das Berliner Blatt
zu gut, obwohl dessen Bergschloß aus Tafel 41 des im
III. Band des Jahrbuchs der Kunstsammlungen des Kaiser-
hauses veröffentlichten Besa»?oner Diurnals eine ausfällige
Uebereinstimmung, im allgemeine» Charakter sowohl, wie in
manchen Einzelheiten mit der in Rede stehende» Serie von
Skizzen aufweist."
Nach all dem müssen wir nun leider die von Ephrnssi
so schön ausgedachte Reise durch Württemberg in das Gebiet
der Fabel verweisen. In der That, wenn man bedenkt, daß
Dürer gerade im Jahr 1515 durch seine Arbeite» für Kaiser
Maximilian, die Ehrenpforte und das Gebetbuch, vollauf be-
schäftigt war, so ist nicht anzuuehmen, daß er in dieser Zeit
eine für damalige Verhältnisse weite Reise unternommen habe,
ohne ganz bestimmte Zwecke zu verfolgen. Am allerwenigsten
konnte er aber ans einer solchen Reise von der allgemeinen
Heerstraße abweicheu und in entlegene Schwarzwaldthäler sich
verirren, wie Ephrussi annimmt.
Nach den neuesten Forschungen vr. Daniel Burkhards
in Basel ist ein Aufenthalt Dürers in letzterer Stadt von
1492—94 als gesichert zu betrachten; nur während dieser
Zeit wäre es möglich, daß Dürer die zur Sprache gekomme-
nen Gegenden besucht habe, für spätere Zeit bleibt eine solche
Reise aber absolut ausgeschlossen. " Max Bach.
(Beil. „Staatsauz.")
Lro von Seckendorfs und dir „schwäbischen
Dichter".
Von vr. Ludwig Frankel (Stuttgart).
Letzter Tage ging die Nachricht von dem diesmaligen
regelmäßigen Geschlechtstage der in Nord- und Süddeutschland
weit verbreiteten altadeligen Familie von Seckendorfs durch
die Zeitungen, der in diesem Jahre zu Weimar stattfand. Da
daselbst nun ein Gedächtnisbild Leo von Seckeudorffs enthüllt
wurde, so knüpften die Blätter auch an dessen gedeihliche

Wirksamkeit zu Gunsten der vaterländischen Litteratur au und
erwähnten da unter anderem, Ludwig Uhlands erste Gedichte
seien in Seckeudorffs „Neujahrstaschenbuch für 1804" er-
schienen. Da hier nun ein bemerkenswerter Irrtum obwaltet
und überhaupt Seckeudorffs Verhältnis zu den „schwäbischen
Dichtern" bei jenem Anlasse nicht einmal gestreift wurde, so
möge jetzt jene Angabe berichtigt und zugleich das Vergessene
nachgehvlt werden. Der genannte Franz Karl Leopolds Frei-
herr von Seckendorfs (1773—1809), meist Leo von Secken-
dorfs genannt, veröffentlichte Almanache, deren Titel lauten:
„Neujahrstaschenbuch von Weimar für 1801", „Taschenbuch
für Weimar auf das Jahr 1805" und „Musenalmanach für
das Jahr 1807", sowie „Musenalmanach für das Jahr 1808".
Ludwig Uhlands erstgedruckte Gedichte (übrigens auch die Erst-
linge Justinus Kerners) stehen aber im „Musenalmanach für
das Jahr 1807". In einem, zudem ja gar nie erschienenen,
für 1804 hätten sie schon deshalb nicht enthalten sein können,
weil, abgesehen von den erst aus Uhlands Nachlaß veröffent-
lichten lyrischen Erzeugnissen, seine ältesten von ihm selbst
mitgeteilten Dichtungen „Die sterbenden Helden" und der äl-
tere Entwurf von „Der blinde König" (auch erst nach dem
Tode, durch Holland und Eichholtz bekannt gemacht) im Som-
mer 1804 entstanden. Leo von Seckendorfs stand Uhland sehr-
nahe, wie des letzteren ergreifender Nachruf in Nr. 2 der
Oktaven „Gesang und Krieg" beweist (vergl. dazu meine
Uhland-Ausgabe, I. 111) und unterhielt mit ihm einen regen
Briefwechsel, der in der Hauptsache in „Ludwig Uhlands Leben.
Von seiner Witwe" (Uhlands wichtigster Brief auch in meiner
Uhland-AuSgabe, II. 377, nebst den sehr nötigen Erläuterun-
gen) mitgeteilt wurde. Außerdem befand sich Seckendorfs, teils
als älterer litterarischer Berater, teils um Stoff für seine
poetischen Jahrbücher zu gewinnen, mit anderen Württem-
bergs: des jungen akademischen Dichterzirkels in Verbindung,
der sich bis 1807 in Tübingen um Uhland und das mit seiner
Beihilfe von I. Kerner herausgegebene „Sonntagsblatt" scharte
(vergl. die Nachlaßgedichte in meiner Ausgabe, I. 426 und
462. sowie die Allg. Einl. ebd. S. 18). Da weder im Buche
der Witwe Uhland noch in Karl Mayers briefereichem Me-
moirenwerk „L. Uhland, seine Freunde und Zeitgenossen" noch
endlich in des Königl. bayr. Studienlehrers Or. Gustav Scheidet
in Ansbach aktenmäßigem Büchlein „F. K. L. Frech, von
Seckendorfs" (Nürnberg, W. Tümmel, 1885) Schreiben Vor-
kommen, die er mit ihnen — von denen er nie einen per-
sönlich kennen lernte — austauschte, dürften sich solche zweifellos
noch in Württemberg in Fanülienbesitz erhalten haben, und
ihre Hervörziehung könnte das Verständnis des anziehenden
Abschnitts schwäbischer Litteraturgeschichte am Anfänge unseres
Jahrhunderts wohl mannigfach fördern. Nachdem Scheidel
direkt vom Vorhandensein weiterer ungedruckter Briefe, die er
gesehen habe, sprach, suchte ich diesen nachznspüren. Doch
ergaben meine Anfragen bei. seiner damals Vorgesetzten Schul-
behörde, sowie bei seinem Verleger bloß, daß er Ansbach vor
mehreren Jahren verlassen habe und seitdem verschollen sei.
Da somit ein Erlangen der an Seckendorfs gerichteten ein-
schlägigen Briefschaften wohl fast ausgeschlossen erscheint, so
mag man vielleicht noch hoffen, daß wenigstens der diesseitige
Teil der Korrespondenz, d. h. die schwäbischen Adressaten zu-
gegangenen Briefe auftauchen. Diese vermöchten unter Um-
ständen auch auf die damalige Stellungnahme der frisch auf-
strebenden „schwäbischen Dichterschule" zu den Seckendorfs eng
befreundeten Kreisen der Weimarer Klassiker, besonders zu
Göthe, neues Licht zu werfen.

Stuttgart, Buchdruckerei der Aktiengesellschaft „Deutsches Volksblatt".
 
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