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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 12.1894

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Eine zu Grunde gegangene Pfarrei, Dürnau, DH. Göppingen, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15916#0026

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18

07» l Pfründkapitalien (»ach
vonNechberg-j^ der Gemeinde-

Hansen:

beiträge) . . . . 2849 fl. 45 kr. 2^/-hl.
Benefizicithaus samtGü-
ter im Wert von ca. 1900 fl. — —
Dazu die Hannibalsche Stiftung in
Dürnan. 1000 fl. —

zus. 5749 fl. 45 kr. 2'/2 hl.
Dieses Kapital trage ü 5°/» —s- 287 fl. 28 kr. 4 hl.
Zins. Wenn man noch Stolgebühren und Opfer hinzurechne,
so ergebe sich annähernd die zu einer kanonischen Stiftung
erforderliche con§run von 300 ft.
Der Herr Graf werde so großmütig sein, die frühere
McsnerSwohnung (in der zurzeit der Jäger Hildebrand einge-
miclet habe) oder event. einen Platz im Schloß oder dessen
Nebengebäuden — samt einem kleinen Wurzgarten und der
„notdürftigen Beholzung" zur Verfügung zu stelle».
Die Sache war erfolglos.
In Dürnan machte der evangelische Pfarrer Stimme!
Schwierigkeiten bezüglich der Untersuchung und verweigerte
dem Kommissarins die Einsichtnahme in die Stiftnngsakten:
Das evangelische Pfarramt stehe nicht unter dem Kirchenrat;
in der Vollmacht Vogels fehlen die Worte: nrnnckakum
5. iU. lVI. (Lacrae UeZiae Ulajestatis); zur Einsichtnahme
in ein evangelisches pium corpus solle ein evangelischer Kom-
missar ernannt werden. Bezüglich der Frühmeßstiftnng in
Dürnan aus vorrefonnatorischer Zeit habe er keine Akten in
Händen. Aber Pfarrer Vogel machte ihm Füße. In einer
Klageeingabe an den Kirchenrat hob er hervor, daß die Ka-
tholiken in Dürnan eine allerunterthänigste Supplik um Zu-
wendung der alten Frühmeßgüter eingereicht, während man
evangelischerseits dieselben zur evangelischen Kirchenpflege rechne;
deswegen habe er genaue Untersuchung führen wollen. Die
Weigerung des evangelischen Pfarrers beruhe wohl darauf,
daß man mit den Frühmeßgütern seit lange üble Wirtschaft
treibe. Das Oberamt Göppingen veranlaßte den evanglischen
Pfarrer, die Stiftnngsakten an Vogel abzngeben; das Konsi-
storinm dagegen beschwerte sich über Vogel wegen Ueber-
schreitnng seines Eomissorii, und der Kirchenrat forderte ihn
zur Verantwortung auf. Dieser erklärte: Nachforschungen in
Dürnan und urkundlicher Bericht bezüglich der Frühmeß-
stiftnng seien ihm speziell zur Pflicht gemacht worden. Eine
Einsichtnahme i» die Akten eines evangelischen pium corpus
sei nichts so Ungeheuerliches, da auch ein lutherischer Stadt-
schreiber oder dessen Substitut und ein evangelischer Revisor
die Rechnungen der katholischen?. L. in Großeislingen, Rech-
berghansen und zehn anderen katholischen Orten einsehe» und
revidieren. „Muß es nicht weit mehr auffallend erscheinen,
wenn — wie erst in voriger Woche geschehen — ein luthe-
rischer Pfarrer mit seinem lutherischen Kirchenkonvent (ohne
Zweifel auf höheren Befehl) in einem paritätischen Orte,
deren pia corpora von jeher getrennt und von zween Hei-
ligenpflegern besorgt worden, vorerst den katholischen Pfleger
abgesetzt und über das ?. L. catUolicorum, ohne Beizie-
hung, ja sogar ohne Vorherwissen des katholischen Pfarrers
eine» lutherischen Pfleger setzt, der nicht einmal schreiben
kann." Das Konsistorium „wird mir am Ende selbst Dank
wissen, daß ich die ganz unschuldige Veranlassung war, daß
der Schaden Josephs aufgedeckt worden."
Am 10. November 1810 überreichte Pfarrer Vogel seinen
Kommissionsbericht, der uns nicht vorliegt, wohl aber auch
nichts enthält, was ans den bisherigen und folgenden Schrift-

stücken nicht ersichtlich wäre. Anläßlich des KommissionSbe-
berichts bat Vogel um Verfügung, wie er sich hinsichtlich der
Pastoration und des coexercitii UeliZionis in Dürnan zu
benehme» habe, bis zu jenem „glücklichen Zeitpunkt", wo ein
eigener Geistlicher angestellt werden könne. Denn inzwischen
war die Situation äußerst unangenehm geworden — wie ans
einem Bericht des Pfarrers Vogel an den Kirchenrat hervor-
geht. Darin erzählt er:
„Als ich (22. September 1810) zu einem katholischen
Leichenbegängnis nach Dürnan berufen worden und ich in
dortiger simultanen Kirche Messe halten wollte, wurde mir
gleich bei dem Eintritt in das Dorf die Nachricht überbracht,
daß der evangelische Pfarrer M. Stimmel verboten habe, den
Katholiken diesmal die Kirche zu öffnen. Bei meiner dem-
selben gemeldeten Ankunft schickte er seine Magd mit dem Er-
suchen, zu ihm zu kommen. Da ich mich dessen weigerte, und
ihn durch einen katholischen Bürger um gefällige abschrift-
liche Kommunikation der an ihn ergangen seyn sollenden aller-
höchsten Verordnung ersuchte, erhielt ich einen Brief desselben,
worin mir derselbe am Ende den Antrag machte, bei dem
Leichenbegängnis die Rede am Grabe zu halten." Pfarrer
Vogel schrieb zurück, er finde es für inkonsequent, ihm eine
Rede am Grab zu gestatte», dagegen in der Kirche nicht; er
müsse nun eben unverrichteter Sache wieder nach Hause.
„So ward da»» die Leiche von Lutherischen und.Katholischen
begleitet ans den Kirchhof gebracht und cingesenkt. Die Ka-
tholiken waren sonst gewohnt, nach vollendeter Begräbnis in
die Kirche zu gehen und dort ihr Gebet zu verrichten. Allein
diesmal war die Thüre vom Kirchhof zur Kirche geschlossen,
an der Glockenthüre stand der evangelische Schulmeister."
Darum getrauten sich die Katholiken nicht, dort einzntreten,
sondern gingen stillschweigend nach Hanse. Pfarrer Vogel
ließ um 11 Uhr den evangelischen Pfarrer durch einen katho-
lischen Bürger ersuchen, ihm die Kirchenbühne öffnen zu lasse»,
um die dort verwahrten Bilder, Statuen n. s. w., so zu den
katholischen Altären gehören, inventarisch anfznnehmen (auch
ein Kanflicbhaber einzelner Stücke wollte dieselben besichtigen).
Pfarrer Stimmel antwortete, er werde sogleich seinem Schul-
meister befehlen, die Bühne zu öffnen; aber als der Schul-
meister kam, erklärte er, die Kirchengerätschaften sollen in ein
Hans gebracht und dort inventarisiert werden. Vogel hielt
es für weitläufig und unnötig, „so viele Krippleinsfignren
und Statuen, deren einige beinahe Manneshöhe habe», hin-
und Herschleppen zu wollen." Die Aufzeichnung könne brevi
manu ans der Bühne in Gegenwart des Schulmeisters ge-
schehen. Das meldete der Schulmeister und brachte die
Antwort , Pfarrer Vogel solle sein Ansuchen schriftlich ein-
reicben (!!), damit es dem höchstpreislichen Königlichen Ober-
konsistorinm vorgelegt werde.
Man war also daran, die Katholiken ans der Kirche völlig
zu verdrängen und das Simultanen»: als beseitigt zu erklären.
Dagegen wehrte sich jetzt Pfarrer Vogel mit allem Eifer
und sagte: Wenn die an Pfarrer Stimmel ergangene aller-
höchste Weisung, „ans die Ansinnen des Pfarrers Vogel ohne
allerhöchste Legitimation nicht einzugehen", sich wirklich auf das
coexercitium R.eIl§ioiris beziehe und nicht bloß ans seine
Kommissionsuntersnchnngen (siehe vorige Seite), dann habe
das Konsistorium so geschrieben, weil es von Pfarrer Stim-
mel falsch berichtet wurde. Dieser habe nämlich berichtet,
daß am letztverwichcncn achten Sonntag nach Trinitatis (1810)
wieder zum erstenmal seit dem Jahr 1803 katholischer Kultus
gehalten worden sei; auch der evangelische Dekanatsverweser
> Burk in Göppingen rede davon, daß „neuerdings in Dürnan
 
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