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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 12.1894

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Eine zu Grunde gegangene Pfarrei, Dürnau, DH. Göppingen, [6]
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Mone, Fridegar: Kritik der Wappen der Minnesinger aus Schwaben, [9]: ein Beitrag zur Geschichte der christlichen Mystik in Schwaben und Alamannien
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https://doi.org/10.11588/diglit.15916#0035

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seit 1807 anläßlich von Casualien wieder Gottesdienst ge-
halten worden, „welches sich auch je znweilen ans einen Sonn-
tag fügte". Aber wenn nnr bei Casnalien Gottesdienst ge-
halten werde, so sei höchstens zweimal im Jahr dort cultus,
— so selten seien die Casualien. Seit 10 Jahren sei eine ein-
zige Katechese dort gegeben und ein einziges Kind zur Kommunion
zugelassen worden. Zn den Dürnauer Kindern kommen die
in umliegenden Ortschaften, deren Eltern „ehedem heimatlos
im Lande hernmgewandert, nunmehr aber durch allerhöchste
Verordnung in ihre Geburtsorte eingewiesen sind" (vgl. S. 20).
Vogel macht hier nochmals den Versuch, einen Kuratkaplan
nach Dürnan zn bekommen. Die Katharinenkaplanei in
Deggingen sei durch den Tod des Pfründners Johann Ehe-
halt erledigt und, weil außer dem Pfarrer noch zwei Priester
in Deggingen seien, entbehrlich. Bei einer Verlegung nach
Dürnan müßte die Degenfeldsche Herrschaft Wohnung, Be-
holzung und Garten stellen.
Schon am 22. November 1813 war Vogel bescheidener
und bat um Erlaubnis zur Kommnnionansteilung am Feier-
tag Maria Empfängnis — 8. Dezember. — Es wurde ge-
stattet. Im folgenden Frühjahr 1814 wiederholt er sein Ge-
such zunächst für die Osterzeit und bittet dann um die Er-
laubnis, künftig alle 3—4 Wochen sonntäglichen Gottesdienst
halten zn dürfen, bis die Verhältnisse desintiv geregelt seien.
Am letzten Sonntag haben nach Versluß von 20 Wochen
(Winterszeit) einige katholische Kinder von Dürnan es wieder
gewagt, nach Groß-Eislingen zn kommen und haben ihn um
Beicht- und Kommunionunterricht im Pfarrhaus ersucht. „Es
sind Kinder von 13, 14 bis 15 Jahren, die nicht einmal die
notdürftigsten Elementarkenntuisfe der Religion inne haben".
Letzten Winter sei er zu einem 15lls Jahre alten tranken
Knaben gerufen worden, der noch nicht kommuniziert hatte.
„Hiezu kommt noch, daß sich die Eltern der katholischen Kin-
der zn weigern anfangen, ihre Kinder in die dortige evange-
lische Schule zn schicken, vorgebend, daß sie von dem evange-
lischen Schullehrer ganz geflissentlich vernachlässigt werden;
welchem Uebelstande aber meines unmaßgeblichen Dafürhaltens
leicht abgeholfen werden könnte, wenn man diese Kinder dem
katholischen Bürger Johannes Strähle, der sehr gut lesen und
rechnen kann, auch eine ziemlich gute Handschrift führt und
eine für daö kleine Häuflein Kinder geräumige Stube hat, über-
geben würde gegen eine leicht auszumittelnde geringe Remunera-
tion". Dadurch würden die Kinder auch mehr Religions-
kenntnisse erlangen. Die Kommunion wurde gestattet; des-
gleichen im Advent 1814 und auf Ostern 1815. Endlich
am 2. April 1816 wurde dem Pfarrer Vogel eröffnet, daß
die Kirche in Dürnan sowohl für jetzt als auch in Zukunft
bis auf weitere Verordnung während der Oster- und Advents-
zeit je zur Abhaltung des Gottesdienstes und des Abendmahls
zur Verfügung stehe, lieber die Stunde des Gottesdienstes
sei jedesmal mit dem evangelischen Pfarrer vorher über-
einzukoinmen. Sv viel oder so wenig hat Pfarrer Vogel
gerettet.
(Schluß folgt.)

Kritik der Wappen der Minnesinger aus
Schwaben.
Ein Beitrag znr Geschichte der christlichen Mystik in Schwaben und
Alaumnnien.
Von F. Mo ne.
IX.
Was die Vergleichung der Leidenschaften und Laster des
Menschen mit wilde», grausamen Tieren, wie Panther, Löwe

und Wölfin bei Dante betrifft, so wurde jene Idee von die-
sem Dichter von den Deutschen geborgt. Schon lange vor
ihm sind diese oder ähnliche Bilder in Deutschland von den
Mystikern, wie oben gesagt ist, gebraucht worden, wie der
Panther für den Zorn, das Schwein für die Völlerei, der
Ziegenbock für die Unkenschheit u. s. w. Oder der Hochmnt
(superbin Hoffart) wurde auf blindem Pferde reitend, oder
der Zorn auf einem wütenden Eber sitzend gezeichnet. Alles
dies muß man auf die sog. p.-^cboinLcbiL d. i. den endlosen
Kampf der Tugenden und Laster in der menschlichen Seele
znrückführen. Ein didaktisches Epos des Anrelins Prudentins
Clemens (348—413) hat diesen Kampf von geistigen Kräften
unter jenem Namen zuerst behandelt. Unzweifelhaft steht aber
die deutsche Poesie und speziell das deutsche psychologische
Epos hierin höher als Dante, indem es an die Stelle
wilder, blutgieriger, vernunftloser Tiere Riesen, bewaffnete
Männer, oder einen feindseligen Halbbruder, nämlich den ans
dem Fleische und nicht aus dem Geiste gebornen Feirefiß
setzt und dem Menschen im Kampfe gcgenüberstellt. Für die
Heraldik und speziell für die Wappen des Manesse-Cvdex ist
die bildliche Darstellung des Traktates nrs veritmdis inveir-
UvL des Raimundus Lnllnö von Palma auf Majorca (1234
bis 1315) von großem Werte. Die Laster und Sünden sind
als Teufel dargcstellt, die Tugenden und philosophische, ethische
Begriffe als Bewaffnete. S. Wilhelm Brambach, des Nai-
mundus Lnllus Leben und Werke in Bildern des 14. Jahr-
hunderts (1316—20). 12 Lichtdrncktafeln. Karlsruhe 1893.
Bei der Kritik der sog. psychologischen — und tendenziö-
sen Epen und deren Dichter in der deutschen Litteratur
des 12. und 13. Jahrhunderts hat man ans zwei Fragen
Rücksicht zu nehme». Erstlich hat Miguel de Cervantes Saa-
vedra (1547—1616) bei der Dichtung seines Don Quixote
de la Mancha eigentlich nnr das Rittertum im allgemeinen,
oder speziell die epische Dichtung und Dichter der Deut-
schen im 12. und 13. Jahrhundert — persiflieren oder trave-
stieren wollen? Zweitens hat man sich die Frage vorznlegen,
ob das Epos die künstlerisch zulässige Form für einen psycho-
logischen und tendenziösen Lehrvortrag für Tugenderziehnng
und für Sittengesetze sei? Mit dem Epos beginnt bekannt-
lich das dichterische Schaffen bei allen Kulturvölkern, dann
bildet sich die Lyrik aus und zuletzt kommt das Drama. —
Cervantes kannte, als er seinen Don Quixote dichtete, die
deutschen Epen und die schwäbischen Dichter des 12. und
13. Jahrhunderts wahrscheinlich gar nicht, er hat also nur daö
Rittertum deö 15. Jahrhunderts in Italien, Spanien und im
Johanniter-Orden travestiert. Aber seine Dichtung oder Sa-
tire paßt auch vollkommen auf das deutsche Heldengedicht,
mit dem Abenteuer Aufsuchen und Bestehen durch blutjunge
Haudegen und unreife Tugendjäger, und auf die deutschen
Dichter, die tausende von Versen auf eine Rauferei und das
Dreinschlagen von sog. Eisenfressern (taille-Ieker) verschwen-
deten. Man darf mithin behaupten: für das psychologische,
allegorische und tendenziöse Epos der Deutschen war znr
Ausschmückung der Helden das symbolische oder emblematische
Wappen derselben eine selbstverständliche Sache, wenn nicht
eine Notwendigkeit für die Form und für die Materie.
An einem Beispiele läßt sich Nachweisen, wie man am
Ende des 13. Jahrhunderts die Wappen zu deuten gewohnt
war. Es ist oben gesagt worden, wie der Dichter und My-
stiker Walter von Klingen am Helme zwei von einander ab-
gekehrte Beile führt. Was diese zn bedeuten haben, ergiebt
sich ans dem Bilde zu der Abhandlung des Raimundus Lnllus
(von 1315—16), betitelt: nrs ventatis inverckivn. Beim
 
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