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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 12.1894

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Mone, Fridegar: Kritik der Wappen der Minnesinger aus Schwaben, [12]: ein Beitrag zur Geschichte der christlichen Mystik in Schwaben und Alamannien
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https://doi.org/10.11588/diglit.15916#0046

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Lullnö de» Teufel mit rote» Ochscnhörnern u»d Ziemer,
tvelche letztere eigentlich Flügel sind, ähnlich den Flughäuten
der Fledermäuse. Einer hat auch eine» Löwcnkopf en tnce.
Die beigeschricbenen Benennungen sind interessant: nuntii fnl-
situtls, — rnnlitin, — cessntio, ^— i^nornirtin, — con-
Irmio n. s. >v.
Der sogen. Lindwurm, der Drachen, das geflügelte Kro-
kodil, der Vogel Greif, die Sirenen, die Schlange, überhaupt
fabelhafte Ungeheuer kommen als Wappenfignrcn oder Helm-
zierdcn nicht selten vor und finden sich in der Ornamentik.
Auch diesen Figuren unterliegt eine symbolische Bedeutung.
Indem die vielfachen Sünden, Ungerechtigkeiten und großen
Berirrnnge», welche der einzelne Mensch in seinem vergangenen
Leben sich vorznwerfen hat, und welche er bereut, so oft das
Andenken daran wieder anfgefriseht wird, Furcht, Ekel oder
Schrecken gleich wie jene Gestalten erregen. Das ist die
Ursache, daß man jene Sünden selbst als häßliche, schreckhafte oder
ekelhafte Ungeheuer in allegorischer Weise darstellie. Es liege»
jener Vorstellung die Worte Christi zu Grunde, als er die
Pein der Hölle einen nagenden Wurm im Gewisse» des Men-
sche» nannte. In Schwaben haben die Pappnö, die Walo-
see n. a., am Rhein die Kessclstadt (roter Drache» in Silber)
und die Drachenfels den Drachen als Wappenfignr. Unge-
mein häufig ist er in der Ornamentik der romanischen und
gotischen Knnstperiodc. Unter den Wappen der Minnesinger
aus Schwaben ist eines, welches nach diesen Grundsätzen er-
klärt werden muß. Es ist das Wappen des Einsiedler
Benediktiner Paters und cmnkor K o n r a d v. Buwcnbnrg,
1282—1314, über welches Kindlcr von Knvbloch geschrieben
hat. Nr. 121 im Manesse Codex, abgcbildet Tafel 56 bei
Zangcmeister.
Oberhalb Binswangen liegt an der Donau das Dorf
Hundersingen, unfern davon sicht man die Ruine Bn-
wcnbnrg, oder Baum bürg, Bnwenburch, Buiu-
bnrg, ans welcher jener Sänger hervorging. Das Wappen
der Bnwenbnrg war eine nach unten gekehrte offene Zange
oder offene Hohlklammer mit langen Stielen. S. Freiburger
Diözcsanarchiv, Band 12, S. 144. Die Züricher Wappen-
rollc giebt den Bnwenbnrg drei silberne Muscheln. Da im
Bianesse Codex dem Dichter und Komponisten Konrad v.
Bnwenbnrg ein halber schwarzer anffliegendcr Greif in Gold
als Wappen gegeben ist, so muß dieses seinen besonderen
Grund habe». Derselbe ist nicht schwer anfznsindcn. Nach-
dem Konrad v. Bnwenbnrg der Welt entsagt hatte und in
dem Kloster Einsiedel» wegen seines vergangenen Lebens Buße
that, war eS erklärlich, wenn nicht selbstverständlich, daß er
dasjenige Bild oder Symbol als Wappenfignr in sein indivi-
duelles und selbstgewähltes Wappen anfnahm, welches ihn, vor
die Seele trat, wenn er über sein vergangenes Leben nach-
dachtc. Nach den, Psalmistcn (Ps. 50) et pecentum meuir,
contrn (cornm) me est semper (crucinns me) oder nach
den Stellen Ps. 10, I, trrmsmiZrL in montem sicut pnsser;
oder nach Ps. 101, 7: inctns sum sicuk ir^ckicornx in clo-
micilio kann man schon eine Erklärung jener Wappenfignr
finden. Die Stellen, Hiob 5, 7: nnscitur et nvis nck voin-
tum, wie der Körper des Menschen zur Arbeit geboren ist,
so auch der Vogel (Geist des Menschen) znm Fluge; und
Uroverd. c. 7, 23 nvis lestinnt nä In^ueum können übrigens
auch zur Erklärung herangezogen werden.
Eine beträchtliche Zahl der Wappen im Manesse Codex
sind Amts-, oder Berufs-, oder Standeöwappen, oder sogen,
redende Schildfignren. Zangcmeister und v. Ncnenstein, wie
auch Friedrich H. von der Hagen 1856 und F. T. Kraus

haben dieser Art von Wappen in der Manesse Handschrift
allznwenig, wenn nicht gar keine Aufmerksamkeit geschenkt.
Unter Nr. 139 wird ein Dichter als: „der Litschawer"
anfgczählt, welchem bei Zangemeister Tafel 60 als Wappen
ein roter Kübelhelm im goldenen Felde gegeben ist. Ans dem
Helm befindet sich ein blauer Flug (Flügel), welcher mit einem
silbernen Lindcnzweig mit 5 Blättern von hinten nach vorne»
überzogen ist. Dieser Poet hieß aber mit dem Familiennamen
nicht, der Litschawer, sondern war ein guter Schwabe, der
nur in dem Städtchen Litschan in Oesterreich unter der Enns
in der zweite» Hälfte des 13. Jahrhunderts wahrscheinlich
seit 1277 oder 1280 von Rudolf v. Habsbnrg mit dem
Schnltheißenamtc (Richtcramt) belehnt worden oder Vor-
sitzender deS Ccntgerichtes war. Nur sein Anitswappen und
den Ort, wo er amtierte, giebt der Manesse Codex. Jenes
Wappen als Richter besteht in dem roten Helme der Roland-
säule (wo das Gericht gehalten wurde) im goldenen Felde.
Auf dein Helme ist ein blauer Flug, ans welchem ein Linden-
zweig mit 5 silbernen Blättern liegt. Die Linde war bekannt-
lich der Banm, unter welchem Gericht gehalten wurde, und
die Lindenblätter am Helme oder ans dem Schilde be-
deuten für den Wappeninhaber das Amt eines Richters, wie
bei den Höwen (neben dem goldenen Stern i» schwarz) ei»
Rudolf v. Höwen 1207 drei Lindenzwcige i zu 4. 4. 3.
Blättern als Amtswappcn führte. Auch bei den Bodmann
(rcspektiv NegnoldSweiler in Schwaben), Eberstein ». a. fin-
den sich aus gleichem Grunde die Lindcnblätter. Der Dichter
war ohne Zweifel bürgerlicher Abkunft und nicht in Litschan
geboren. Er hatte die Ucberzeugnng, daß er als ein geringer
Dichterling am besten thue, wenn er nur unter dem Namen
»nd Wappen seines Amtes also pseudonym seine Reimereien
in die Welt gehen lasse. Er trat sozusagen für die Litteratnr
pseudonym ans, wie H. v. Klingenberg und Tyrolf von Worms
n. a. Die Verwendung des Helmes als Symbol des Richter-
amtes findet man in mehreren Wappen, wie die Wildlingen
in Hesse». Es ist ganz unglaublich, daß ein in Litschan an
der böhmischen Grenze geborener Dichter, wo man böhmisch
sprach, in schwäbischem Dialekte geschrieben haben soll.
Auch Wappentiere», (z. B. dem Löwen) gab man den
Helm, >nn jenes Amt des Wappenträgerö anzndenlen, ivie die
Pfalz und die Reinach, wobei der blaue Helm in eitlen blau-
gefärbten Kopf überging. Auch behelmte Adler und Hähne
kommen vor.
Nr. 51, Tafel 26, wird ei» Dichter unter dem Namen
Wilhelm v. Heinzenbnrg (bei Dann am Hnndsrücke»,
unweit von Kreuznach) anfgeführt, dessen Wappen aus einer
goldenen, mit Edelsteinen besetzten Sporenschnalle in blauem
Felde besteht. Da der goldene Sporn ein Zeichen und Sym-
bol des Rittcrstandes oder der vom Kaiser verliehenen Nitter-
wnrde war, so liegt hier kein Familienwappen vor, sondern das
eines nencreicrtcn Ritters, der mit dem Ritterschläge dieses Berufs-
vder Standes-Wappen annahm oder anznnehmen berechtigt war.
Zn den Berufs- oder Standeswappen gehören die Kanne
(Mundschenk), wie solche bei den Schilling voll Cannstatt,
Eschenbach-Pleienfelden vorkommt; die Schüsseln (Truchseß),
wie bei der Pfalz der Reichsapfel, der Hafen bei den Dicssen-
hvfen u. a., der Marschallstab (Kämmereramt) bei den Rem-
chingen, bei den Venningen und Mark Brandenburg. Ebenso
kommt der Handschuh als Heroldsfignr vor (von HandschnchS-
hcim, silberner Handschuh in blau) als Symbol des Falkeu-
incisterS oder Falkners (fnlconiere). Auch das Richteramt
wurde mit Handschuh recht-symbolisch übertragen.
 
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