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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 12.1894

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Die ehemaligen Kapuzinerklöster in Ueberlingen und Markdorf, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15916#0051

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Dir rhvmaligvn Naptt;iner1:U'stvr iir Ueberlingrn
und Warlkdvrf.
(Bvn N. Benv. St.)
Die Kapuziner, der durch besondere Strenge und Armut
sich anSzeichncnde Zweig, welcher aus dem vom hl. Franzis-
kus gestiftete» Orden sich gebildet, machten sich bald so popu-
lär, daß sie überall gerne ausgenommen »ud bczw. verlangt
wurden. Die ersten Kapuziner lebten in Italien. König
Karl IX. berief sic 1573 nach Frankreich, wo sie bald mehrere
Klöster gründeten. Durch den hl. Karl BvrromäuS kamen
sie 1580 in die Schweiz. Erzherzog Ferdinand erbaute ihnen
1603 ein Kloster zu Innsbruck; Rudolf II. erbat sich von
Klemens VIII. die Mitglieder des Ordens für seine Erb-
staatcn. Paul V. erlaubte ihnen 1606 die in Spanien ihnen
angebotcncn Klöster anznnehmen und erhob 1610 ihren Ge-
neralvikar zum General.
In Deutschland fanden die Kapuziner bald große Ver-
breitung. Hier war es, wo Fidelis von Sigmaringen die
Marlyrkrone erwarb, der als eine der herrlichsten Zierden in
dem Strahlenkränze der Heiligen des Ordens glänzt.
' I.
Auch die ehemalige Reichsstadt Uebcrlinge» am Nodensee,
welche immer gut katholisch geblieben war, beschloß im Jahre
1612, Kapuziner in ihre Mauern zu berufe». Zu diesem
Zwecke wandte man sich an das Generalkapitel, welches zu
Rom am 15. Mai l613 gehalten wurde. Diese Bitte wurde
ans dem Provinzkapitel am 7. September desselben Jahres zu
Luzern in der Schweiz wiederholt. Die Väter genehmigten
zwar den Wunsch der Ucbcrlinger, aber sie verzögerten die
Ausführung, weil in andern Ortschaften ähnliche Nieder-
lassungen zu gründen waren, bis zum Jahre 1610. Kaum
war dieses Jahr cingctretcn, so erinnerten die Ueberlinger die
Kapuziner an die abgclaufene Frist, und drangen ans die Er-
füllung dessen, was sie versprochen. Hierauf schickten die
Obern des Ordens einige taugliche Brüder »ach Uebcrlingen,
um den Bauplatz in Augenschein zu nehmen, und so wurde
in diesem Jahre das fromme Vorhaben pünktlich ansgeführt,
indem zum Ban eines Klösterleins mehrere Gutthäter sich fan-
den, unter denen Jakob Unger, Amtmann zu Hagnau, 7000
Gulden beitrug. Eö wurde das Kloster, welches die Stig-
matisation des hl. Franziskus in seinem Siegel führte, ur-
sprünglich nicht innerhalb, sondern außer der Stadt vor dem
Grnndlhor angelegt. Das Ganze war im Jahre 1621 zu
Ende geführt; am Feste Mariä Geburt desselben Jahres
wurde die Kirche zu Ehren der Himmelskönigin von dem
damaligen Weihbischvse von Konstanz, Johann Jakob Merge-
lins, eingeweiht.
Als im Jahre 1634 die Schweden Deutschland über-
zogen und Feldmarschall Horn die Stadt Uebcrlingen hart
belagerte, fanden es die bedrängten Bürger geraten, das Kloster
wieder zu zerstöre», damit cs nicht dem Feinde zum Hinter-
halte diene» möge. Eö wurde also dasselbe von eben den
Händen, die es ^infgeführt hatte», wieder in Asche gelegt.
Kaum war der Feind unverrichteter Sache abgezogen, so ging
man alsbald daran, die bl. Stätte wieder anfznbauen und
zwar diesmal ans Kosten des edlen Herrn Johann von Bod-
ma». Am 23. April 1640, dem Sonntage nach Ostern,
wurde das Gotteshaus von Fürstbischof Johann VII., Graf
v. Wolfegg, mit großem Jubel des Ordens und der Stadt
feierlich eingeweiht.
Allein die Frrnde war auch diesmal von kurzer Dauer,
indem der württcmbergische Kommandant der Beste Hohentwiel,
Namens Widerhold, im Jahre 1643 die Stadt unversehens

überrumpelte und den Franzosen überlieferte, die das Kloster
so zerstörten, daß kein Stein ans dem andern blieb. Nach
dem man nun durch diese kurz auf einander gefolgte» Vor-
gänge cinsah, daß außer den Ringmauern wenig Sicherheit
sei, so beschloß man, das Kloster innerhalb derselben zu ver-
setzen. Auch hiezu öffneten sich viele mildthätige Hände; vor
allem verdienen genannt zu werden Fran Barbara EschlingS-
bcrg ans dem allen Geschlechte der Reutlinger, welche 0000 fl.,
und Frau Besserer, welche 1000 fl. beitrug. Als nach dem
westphalischen Fricdcnschlnß das Vaterland wieder zur Ruhe
gekommen war, schickte Magistrat und Bürgerschaft von lieber
lingen an die Väter Kapuziner, welche am 12. Mai 1650
ans dem Provinzialkapitel zu Konstanz versammelt waren,
ein Schreiben mit der dringenden Einladung, ihr Kloster
wiederum anfznbauen. Die Vater ließen sich gerne dazu bc
reit finden, und führten den Bau an einem passende» Platze
innerhalb der Stadt, jedoch zunächst der Stadtmauern, mit den
hiezu erhaltenen Almosen im Jahre 1658 glücklich zu Ende.
Das Gotteshaus wurde am 24. Oktober desselben Jahres
durch den Konstanzer Fürstbischof Johann Franz Freiherr
von Prasbcrg zu Ehren Maria Opferung eingeweiht. Seit
dieser Zeit hatte» die frommen Religiösen einen bleibenden
Wohnsitz in Uebcrlingen und widmeten sich eifrig der Seel-
sorge. Freiwillig stellten sie einen Prediger für die dortige
Münsterpfarrkirche, welcher an allen Feiertagen und an bc-
stimmten Sonntagen, wo die damaligen acht Stiftsherren ge-
hindert waren, predigen mußte. Auch besorgte ein Pater die
geistlichen Funktionen im Hospital, welches damals ans 200
Personen bestand. Ferner leisteten sie das ganze Jahr hin
durch in den umliegenden Ortschaften Aushilfe in der Seel-
sorge. Die Beliebtheit, deren sie sich erfreuten, beweist auch
der Eintritt vieler Ueberlinger Jünglinge in den Orden; cs
entstand deswegen der Ansspruch, daß man allein »nr mit
geborene» Ueberlinger» beständig drei Klöster besetzen könnte.
Wie znm leiblichen Lebensunterhalte zahlreiche Almosen
flößen, so wurden die Kapuziner auch mit Büchern versehen,
indem mehrere Geistliche ihnen ihre Bibliotheken vermachten,
so namentlich: Christoph Ulanns, Pfarrer in Uebcrlingen;
Michael Ainhart, Pfarrer in Allheim (gest. am 13. L>ept. 1722)
und Joachim Joseph Geist von Wildegg, Propst des Kollegial-
stiftes Ueberlingen.
In der letzten Hälfte des 17. Jahrhunderts lebte in
diesem Kloster der im Rufe der Heiligkeit stehende Pater
Perfekt. Als er daselbst Guardian war, kam ein Jüngling
aus dem nahen Nnßdorf, welcher seine Studien in Köln,
Mainz und Wien vollendet hatte, zu ihm und bat ihn, daß
er ihm die Aufnahme in de» Kapnzinerordcn vermittle. Der
Guardian schaute ihn an und sprach: „Mein Sohn, ändere
dein Vorhaben, gehe nach Salem, ziehe das Kleid des hei-
ligen Bernhardus an, dorten wiest du zum Abte erwählt
werden." Der Student gehorchte, wurde Bernhardiner und
unter dem Namen Stephan II. Abt von Salem. Ans gleiche
Weise kündigte er zu Ueberlingen einer Nonne den Tod ihrer
Schwester in Zug an und wirklich trafen Tag und Stunde
ein. Nicht nur andern, sondern auch sich selbst sagte er den
Tag seines Hinscheidens voraus. Pater Perfekt starb im
Kloster zu Wangen im Allgäu im 02. Lebensjahre, wovon
er 67 im Orden zubrachte, am 20. Juni 1704. Beim Tode
umgab ihn der sämtliche Konvent; seine Leiche gab einen lieb-
lichen Geruch von sich und der Verblichene schien noch zn
leben. Tausende scharten sich um seine sterbliche Hülle, wohnten
seiner Beerdigung bei und verehrten ihn wie einen Heilige».
Pater PcrfektnS, geboren zn Konstanz, war gelehrt, auch
 
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