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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 13.1895

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Beck, Paul A.: Vor hundert Jahren - die Franzosen in Oberschwaben bezw. in St. Christina, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15914#0052

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Vor hundert Jahren — die Fran-
zosen in Vverschwaüen siezw. in
Ht. Fhristina.
Mitgeteilt nebst Einleitung und Anmerkungen
von Amtsrichter n. D. Beck.
Eine der ärgsten französischen Invasionen
in Süddentschland war die vom Jahre 1796,
wo n. a. ein französisches Heer (die Rhein-
Mosel-Armee) unter Moreau über den
Oberrhein nach Schwaben eindrang. Eine
Division desselben unter dem General
Merino, den Briaadegenerale» AbatncciJ)
Jordis d. ä. und St. Baptiste kam
Ende September in die Gegend von Ra-
vensburg und bestand da am 30. ein sieg-
reiches (n. A. in Ebens Geseb. von Nav.,
5. Heft, S. 279—284 beschriebenes) Ge-
fecht mit den Oesterreichern unter General
Klingln,. WaS die Franzosen bei diesem
ihrem Zuge durch Schwaben, insbeson-
dere durch Oberschwaben an Anmaßung,
Willkür, Verwüstung, Zerstörung und
an Schamlosigkeiten, an Bedrückung,
Mißhandlungen, Erpressungen, Berau-
bung und Plünderung der Bewohner,
trotz aller Proklamationen und Verträge
leistete», stand ihrem Treiben in den
früheren Raubkriegen kaum nach. Den
scbwäbischen Kreis insbesondere, wozu die
Reichsstadt NavcnSbnrgnnd Abtei Weissenau
mit ihren Gebieten gehörten, so furcht-
bar, wie geschehen, zu malträtiere», war
ganz gegen alles Völker- und Kriegsrecht,
sofern derselbe nach dem Vorgänge Würt-
tembergs und Badens rc. am 27. Juli
mit Moreau einen Waffenstillstand gegen
Erlegung von zwölf Millionen Francs in
barem Gelde und einer Menge von Pferde-,
Vieh- und Naturallieferungen, weiter gegen
Bezahlung von sieben Millionen Francs
extra durch die Stifte Kempten, Buchau,
Lindau, und die ganze Prälatenbank
abgeschlossen hatte. Ferner mußten die
Fürsten und Neichsständc ihre Heere znrück-
ziehen, den französischen Truppen beliebi-
gen Durchmarsch und Aufenthalt in ihren
Staaten gewähren und für ihre Verpfle-
gung sorgen gegen das Versprechen der
Respektierung von Personen und Eigen-
tum, der Gesetze und Religion durch die
Franzosen. Allein — wie wurde dieses
teuer erkansteVersprcchengeh alten?! Der
französische Soldat nahm einfach gar keine
Rücksicht ans diesen feierliche» Vertrag, und

behandelte die Länder, die in den Waffen-
stillstand einbegriffen waren, um kein Haar
besser, als die österreichischen Besitz-
ungen in Schwaben, die, ohne irgendeinen
vorhergehenden Vertrag, ganz dem Willen
des Feindes preisgegeben wurden. Wo sie
in Schwaben den Fuß hinsetzten, ver-
kündete gleich grober, wilder Unfug ihre
Gegenwart; allen und jeglichen Uebermut,
alle Unbilden und Grausamkeiten nahmen
sie sich da heraus, wo niemand sie daran
hindern konnte. Ihre Nanbsncht, Bar-
barerei und Brutalität galt nicht bloß den
Schlössern und Vermöglichen; mit den
Bürgern, Bauern und Söldnern verfuhren
sie ebenso unbarmherzig und zogen sie bis
aufs Hemd ans. Sie huldigte» einfach
den Lehren eines Bonchotlc und Herbert,
die zu Anfang des Jahres 1794 den Heeren
am Rhein und in Belgien durch ihre
Sendlinge vermelden ließen, daß sie voller
Zügellosigkeit sich überlassen dürften, wen»
sie nur gute Republikaner wären, daß
ihnen im Quartier jeder Frevel nachgehe,
wenn sie nur im Gefecht recht brav wären
und darauf losgingen. So lag gewisser-
maßen System in dieser gegen alle natürlichen
und geschriebenen Gebote des Völkerrechts
betriebenen Art von Kriegführung! Das
Direktorium konnte ja, wie auch in den
Vorkriegen, den Truppen keinen Sold geben,
nicht einmal für die allernotwendigste
Verpflegung sorgen, wies geradezu die
Feldherrn an, sie sollten in wohlhabenden
Ländern die hungrigen, an allem Mangel
leidenden Soldaten Beule machen lassen.
Was sollte man da von dem Soldaten,
der dieses nichtswürdige System kannte,
erwarten?! Die Offiziere waren hiegegen
einfach machtlos und waren selbst wenn
sie, wie eö nicht selten der Fall war,
wollten, nicht im stände, den unsinnigsten
Gewaltthateu und Ausschweifungen Einhalt
zu thnn. Selbst Moreau mußte dies
bestätigen, wenn er am 17. Juli 1796
an das Direktorium meldet, er könne den
Plünderungen nicht steuern, da seine
Truppen seit zwei Monaten keinen Sold
bekämen und die Proviantkolonncn dem
raschen Marsch nicht folgen könnten. Am
23. Juli berichtet er, daß die Ent-
blößung der Truppe» manchen ehrenhaften
General zwinge, bei den Plünderungen ein
Auge zuzudrücke», und daß andere selbst
 
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