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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 13.1895

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Beck, Paul A.: Aus einem schwäbischen Reichsstifte im vorigen Jahrhundert, [9]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15914#0181

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173

lautem Schreien immer wegen des stcnken
Brennens; der Donncrstreich hatte ihm
den einen Schuh vom Fuß weggerissen,
auch solchen nebst dem messingenen Stück-
chen (?) in Stücke zersetzt, den einen
Strumpf völlig entzwei gerissen, und ihm
znm steten Merkmal über die bloße Brust
einen gelben Streifen bintcrlassen; so lag
er gleichsam in der Ohnmacht da; nach-
dem man ihm aber brav zu essen und zu
trinken gegeben, wurde er alsbald wieder
munter und blieb der alte Gispel; er lebt
zur Zeit im Jahre 1755 noch, ein recht
kurioser, dabei auch kluger Mann, der
dem Konvent viele 1000 G'späß gemacht
und verursachet, wurde vielfältig ans den
Komödien- und Fastnachtspielen gebraucht,
besaß auch das clonnm, die Leute nur
durchs Ansehen schon lachend zu machen.
Um wiederum ans das Wetter zu kommen,
so soll solches von denen Hexen ex in-
stikuto auf unser liebes Gotteshaus ge-
macht worden sein, maßen die Herren
Kapuziner von Biberach (woselbst im
Jahre 1615 ein Konvent durch Baron
V.Neitnan gestiftet worden war) uns pro certo
einberichten, daß zu Zug in der Schweiz
neben mehreren anderen Hexen auch eine
hingerichtet worden, welche gerichtlich ein-
gestanden und nck prokocollum gegeben,
daß sie nebst mehreren anderen Böse-
wichter» Malefizsachen und andere zer-
schiedene Tenfelsdinge mitten in die Kloster-
felder hiesigen Gotteshauses zwischen dem
oberen Thor und St. Martin, damit alles
zu Grunde gehen solle, eingegraben habe sc.
Obwohl viele, namentlich unser Kanzler
Frey, dies alles haben für eine hungrige
Kapnzinerzeitnng (die Kapuziner hatten
nämlich neben anderen Vorrechten, wie
dem sogenannten Galgenpatersdienst, das
Privilegium des Exerzierens inne) halten
wollen, so hat man dennoch nck securius
esse und weilen auch die Sache bereits
unter die Leute gekommen, allerdings keinen
von Biberach, sondern den berühmten heilig-
mäßigen ?. Engelbert Enp. O. allhero be-
rufe», welcher dann nocturno tempore
ans obbcmerkten Klosterfeldern seine beire-
Uictiones gemacht und geweihte Sachen
eingegraben. Das Geschwätz hiervon ist
nachgehends so weit hernmgekommcn, daß
die Bauern zu Betzcnweiler, einem dem
Stift Buchau gehörigen Pfarrdorfe, den

Herrn Oberamtmann Grieb (wie dieser in
Schnssenried an öffentlicher Tafel erzählte)
allen Ernstes befragten, ob es wahr sei,
daß Schnssenried zu Grunde gegangen,
oder ob's noch stehe und in rerum irnturn
feiere." Den 31. Juli darauf schlug
das Wetter schon wieder, doch ohne zu
schaden, ein, und zwar in die Schussen-
rieder Gerbe, legte aber in dem ca. zwei
Stunden entfernten StiftBnchanischenPfarr-
dorfe Dürnan ein Hans in Asche. Entsetz-
licher für Schnssenried war ein Hagelwetter
am 21. August, durch welches fast alle gegen
Süden gelegenen Fenster des Stifts ein-
geschlagen wnrden. — Im Jahre 1738
gab es schon am 25. April ein schreck-
liches Blitz- und Donnerwetter, jedoch ohne
namhafteren Schaden; am 2. Mai darauf
legte eS einen tiefen Schnee; den 3. war
alles hart gefroren, daß man die Kirschen
und daS übrige Obst für hin geschätzt.
Am 1. Juni richtete ein Hagelwetter zu
Michelwinnenden und im dortigen Reviere,
namentlich im Roggen Schaden an. —
Die Wcinherbste von 1731—1737 fielen
leidlich ans, die von 1738 und 1739
aber gering. — Im Scbnssenthale grassierte
im März und April 1737 eine Viehseuche;
das Vieh bekam an der Zunge „Schrun-
den", in welchen ganze Bündel Haare ge-
wachsen und welche mit Gewalt herans-
gerisfen werden mußten. „Man verfertigte
ein besonderes Instrument hierzu; mit
diesem wurde der Schaden aufgekratzt
und sodann blauer Vitriol hineingestrent.
Ein Teil des Viehes hatte weiße Gift-
blattern bekommen, welche ebenfalls auf-
gerissen und auf die angegebene Art ku-
riert werden mußte». Das Mittel wurde
vielfach mit günstigem Erfolge angewandt;
ganze Ställe voll Vieh gingen darauf.
Alle Tage ging eine eigene Schau zur Vi-
sitation von Vieh und Pferden herum;
man nannte die Seuche den „fliegenden
Krebs". Sowohl von evangelischer als
von katholischer Seite wnrden besondere
Gebete zur Abwendung der Epidemie, von
letzterer außerdem noch Prozessionen ver-
anstaltet. Dian hielt über diese Zeit
zu Ravensburg den Viehmarkt vor dem
Fraucnlhor und durfte kein Vieh weder
von fremden noch einheimischen Leuten
herein- oder dnrcbgefübrt werden. — Unter
dem 20. Dezember 1737 wird vermeldet,
 
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