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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 15.1897

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Beck, Paul A.: Zur "Geschichte der schwäbischen Dialektdichtung" von Aug. Holder
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https://doi.org/10.11588/diglit.18487#0056

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48 —

Bei nllem emd^rras 6s riclissse, der aus
dem Buche zu Tage tritt, vermißt mau dvch
die eine vder andere Persönlichkeit oder Schrift,
was sich übrigens aus der Schwierigkeit der
Materialsamuituug und der Aduiassierung des
Stoffes erklärt, so den Bvlksdichter und Schul-
meister Samuel Fried, Sanier aus Flehiugen
im Kraichgnu (s. über denselben K, W, Doll in
W sechs, bad. Biographieen w, II. S, 239/240);
den vrigiuellen (Ende des vvrigen Jahrhunderts
geb,) ß Pfedelbacher Adlerwirt Joh, Jak, Lehr
mit seinen „Lehriadcu", den noch lebenden Ober-
länder I, B a u e r in Erbach a, D., vvn tvelchem
schvn mehrere Dialektgedichte im „U. Tagbl," zu
lesen waren; aus früherer Zeit: Iah, Mart,
Spassers (Pseudon. für den — 1799 f —
tv, Negiernugssekrctär und Lehrer an der Karls-
schule Eberh, Fried, Hübner) „Pritschenschläge"
(Petersburg, Stuttgart und Lvndon, 1799),
Joh, Mich, A r m b r u sters „Gedichte mit Musik"
(2 Bde., Kempten 1785) bezw, vermischte Gedichte
(Bregenz, 1788 bei Brentano,')
Die Liste der auf S. 149—153 ausgeschriebenen
unsicheren Kantonisten von Gelegeuheitsdichteru
und Zeitnngssäugeru ließe sich noch leicht ver-
mehren und ist noch lauge nicht erschöpft; und
ist zu hoffen, daß Holders Anregung wohl
manche Ausgrabung, Entdeckung und mancher
Beitrag zur schwäbischen Dialektologie folgen
wird. Verschiedenes steckt noch in den A»Us-
nnd Intelligenz- beziehungsweise Lokalblättern,
Einstweilen möchten wir in diese gemischte Ge-
sellschaft noch folgende zu Curiosas gewordenen
Kleinigkeiten eiureihen: a) „lieber mancherlei
Veränderungen i, I, 1804" von K- R,, Zeit-
gedicht ans die Mediatisierung der Reichsstadt
Ulm und deren Annexion durch Bayern — eine
seltene Erscheinung in diesen laugen Kriegszeiteu,
in welchen den guten Schwaben das Dichten
sonst vergangen zu sein scheint;" b) das Vehm-
gericht um Mitternacht, ein Fastuachtsschwank
von dem Verfasser der Amtsversammlung (Or,
mscl, Schund?) zum Teil im Dialekt aufgeführt
zu Kirchberg a,/Jller (- Oberkirchberg) 1851"
(34 S. mit Bildern); c) Leicheupredigt am
Grabe eines Mopses, der weiland dem Freiherr»
iR, zu L, angehörtc, gehalten von einem Kapu-
ziner den 20, Mai 1775 in Knittelversen, treu-
lich wiedcrgegeben von Or, plUk. Bened, von
Wagemann, 1829 (welcher namentlich durch
seine geniale Travestie von -OvidS Metamorphosen
bekannte und Blumaner recht wohl ebenbürtige
oberschwäbische (zu Altdorf-Weingarten i, I,
1763 geb,) Dichter von H, nirgends angeführt
ist); 6) Predigt eines alten Kapuziners über die
Aufhebung des Cölibats, Ulm, 1832, in der
I. Ebnerschen Buchhandlung, — In diese Kate-
gorie gehören weiter die echt schwäbischen land-
auf landab bekannten Flnglieder vom „Berels",
das Eisenbahnenlied („Ans des Eisebahne giebt

') Georg Jak, Duttenho fers schwäbische
Gedichte (Stuttgart und Leipzig, 1751) enthalten,
was man von diesem Titel vielleicht erwarten
könnte, keine Dialektbeiträge,

es viele Statione" re,) re, — Der in S. 151 und
153 gefragte (blinde) Volksdichter Dan, Heinr,
Schmalzing in Biberach hat schon I. I.
1842 eine Sammlung von (112) Gedichten dar-
unter ein Epos: Zriny und eine Geschichte der
Stadt Biberach (in Versen) und später eine
Sammlung von 60 Gedichten unter dem Titel:
„Poetische Versuche" herausgegcbe». Ein noch
späteres Bändchen trägt die Aufschrift: „Ge-
dichte vvn D, H. Schmalzing, Auf Subskription
herausgegeben im Herbst 1863, Biberach, im
Verlag des Verfassers". Schmalzing unterbreitete
ein früheres Exemplar dem Dichter Uhland, ohne
eine Antwort zu erhalten; die Gedichte — nach der
Art des gleichfalls blinden und tauben „Natnr-
dichlers" Anton S ch l u d e von Hausen (siehe
dessen Gedichte, 2 Auflage, Freiburg 1856;
„Harfenklänge" ec, 2 Auflagen rc.) — sind aber
auch darnach.
Mag man mm, um zum Schlüsse unserer
Besprechung zu gelange», dies und jenes
im Werke anders, vielleicht auch eine andere
Stoffeinteilung, Systematisierung und eine
bessere Abrundung der Darstellung wün-
schen, so liegt doch, zumal in Anbetracht
der erstmaligen erschöpfenden Behandlung
dieses Themas, eine recht tüchtige Leistung
vor und hat dieser schwäbische Dorfschul-
meister ohne akademische Bildung aus sich
selbst als Autodidakt, auf Grund lang-
jährigen beharrlichen und unverdrossenen
Selbststudiums und unter namhaften Zcit-
nnd Geldopferu, in all den Bitternissen
und Bedrängnissen deS Lebens ein selb-
ständiges Buch geschaffen, an dem sich kein
Professor schämen dürfte; und bleibt ihm
für alle Fälle das Verdienst, auf diesem
Gebiete der Dialektforschung vorange-
gangen zu sein. Eine solche Riesenmühe
verdient aber auch vor allem zunächst im
Schwabeulande, das dem Verfasser zu Dank
verpflichtet ist, thatsächliche Anerkennung
durch zahlreiche Abnahme; und stehen wir
nicht an, das nicht minder äußerlich in hüb-
scher Gewandung anftretcnde und im Hin-
blick auf das Gebotene billige Buch nament-
lich den katholischen Schul- und Land-
kapitelSbibliotheken angelegentlich zur An-
schaffung zu empfehlen, zumal im selben
auch eine Reihe katholischer Dialektdichter
und Geistlicher in ebenbürtiger und objektiver
Weise behandelt und der Verfasser sichtlich
bemüht ist, alles fernzuhalten, was in kon-
fessioneller Beziehung irgend einen Anstoß
erregen könnte.
Ist keck.

Stuttgart, Buchdruckeret der Akt.-Ges. „Deutsches Volksblatt".
 
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