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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 15.1897

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Beck, Paul A.: Oberländer Spitzbuben-Chronik, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18487#0102

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94

Oberländer Fipitzbuben-Ohranili.
Bon Amtsrichter c>. D. Beck.
(Nach dem Tagebuch der Schusseuriedcr Pater
Pankraz Nvthelfer und Jvh. dlcp. Ltamps; siehe
als Einleitung: „Beiträge zur Geschichte des
Gesindels in Oberschwalien" von Beck in der
litlcrarischen Beilage des württeiubergischen
„Staatsnnzeigers" Nr. 5, S. 57—64 und
Nr. 6, S. 88 — 96 von 1877 und „Nus einem
schwäbischen Neichsstist" von Beck in dieser Zeit-
schrift XIII. 1895, S. 30 ff.).
1741: Den 19. Jänner ereignete sich in
dem Stift Bnchauschen Dorfe Bezenwei-
t er folgender trauriger Vorfall: Es befan-
den sich nämlich im dasigen Wirtshaus 3 bis
4 verdächtige Kerls, deren Arretierung
halber ein Kreissoldat mit aufgepslanztem
Bajonett nebst dem Ammann in das Hans
gekommen war. Die beiden mußten aber
diese Ankündigung des Arrestes mit dem
Leben bezahlen, indem die Spitzbuben,
welche eben in der vergangenen Nacht den
Krämer in dem Grafschaft Fricdberg-
Schecrscheu Pfarrdorfe Hohentheugen
bestohlen hatten, sogleich Feuer auf sie
gaben und ihnen viele tödliche Stiche ver-
setzten. Der Soldat soll zwar auf sie
zuerst geschossen, aber keinen getroffen
haben. „Mau verfolgte die Missethäter,
bis man sie eingehvlt." Am 16. April,
als au unserer Kirchwcihe, hat Vinzenz
Feßler von Dunzenhauscn, welcher kurz
vorher beim Steinhäuser Weiher einen
schönen großen Vogel, so ein Kranich sein
soll, erlegt, einen andern Vogel aber ohne
Federn geschossen: Es war dieser ein ver-
wegener Landvagant, welcher mit dem
Ordinari-Almosen nicht zufrieden, auch von
den „Knchlen", die seine Hausfrau ge-
backen, haben wollte unter der Bedrohung,
daß im Fall der Verweigerung er's von
selbst nehmen werde. Die Bäuerin aber
gab ihm außer verschiedenen Ehrentiteln
nichts; inzwischen kam der Bauer mit
seiner mit Schrot geladenen Flinte dazu
und stieß den Bösewicht zur Thüre hinaus.
Dieser aber ergriff einen Zannbengel und
wollte über den Bauern her. Der aber
nicht faul, schoß seine Flinte ans ihn ab
und traf ihn in den Unterleib, ohne ihn
jedoch tödlich zu verwunden. Ans diesen
Schuß eilten drei Kameraden des Ge-
troffenen herbei und würde es dem guten
Vinzenz nicht wohl bekommen sein, wenn
nicht zu allem Gluck etliche Olzrenter

Bauern, mit Flinten versehen, gegenwärtig
gewesen, welche die Bösewichter sogleich
verfolgt, aber bloß den Geschossenen, in
der Kirche von Steinhanse n, in welche
er sich geflüchtet, ertappt haben. Dieser
wurde noch selben Abend gegen Revers
clc non prnchuclicanclo loco nsglli et
worum restitucncko anher geführt, um
riese Affaire zu untersuchen. Nachgehends
wurde er dem hiesigen clrirur§o Trunk
zur Kur übergeben, von welchem er aber
zweifelsohne, weil er kein gutes Gewissen
hatte, bei der Nacht wieder echappieret ist.
Man ist beglanbt, daß einer seiner Ka-
meraden ihm zu seiner Flucht verhülflich
gewesen, weil früh morgens eine an dem
HauS stehende Stange, an der er sich
hinabgelassen, gefunden worden ist. Der
gleiche Kerl ist nachmalen wegen seiner
vielen Diebstähle und zweimaligen Weibcr-
mords zu Bnrgau lebendig gerädert
worden. Es ist in dem Urteil alles, was
ihm zu Sch. begegnet, verlesen worden.
Seine Kameraden haben ihn ans des
Barbiers Hause abgeholt, in die Scheune
hinnntergetragen, von da ans auf ein Roß
gesetzt und fortgeschafft. Den 14. Sep-
tember ist Theresia Grimmin ans Mittel-
biberach wegen vieler Diebstähle unweit
von dem Hochgericht (d. i. auf dem sog.
„Galgenweiher") durch unseren noch leben-
den Scharfrichter EraSmo Bnrkhardt,
einen noch jungen, aber riesenmäßigen und
geschickten Künstler decapitiert worden. Sie
war 28 Jahre alt und schon im 18. Jahr
von einem Erzschelm, dem sog. Blattmacher,
gottloser Weise verfuhrt worden. Sie
hat auch fünf Kinder mit diesem Raupen
in nckullerio geboren, so aber alle getauft
gestorben sind. Sie hat sich sehr wohl
eingestellt und wahre Buß über ihre
Sünden gewirtet. Gott sei ihr gnädig!
Im November darauf wurde der berufene
Bösewicht Blattmacher, in dem vorder-
österreichischen Städtchen Sanlga n wegen
eines Totschlags und vieler Diebstähle zum
Strang verurteilt. Sobald dies der Graf
von Friedberg-Scheer, welcher das Sanl-
ganer Hocbgericht angesprochen, vernommen,
bot er 700 oder 900 Mann seiner Unter-
thanen auf, um den Malefikanten anfzn-
heben. Als aber dies die Saulgauer
vermerkt, machten sie einen kurzen Prozeß,
gingen der Ziegelhütte zu, allwo der Ge-
 
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