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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 16.1898

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Mone, Fridegar: Bemerkungen zu Herrn Detzels "Christl. Ikonographie, Handbuch zum Verständnis der christl. Kunst" (Freiburg, 1894-96, bei Herder, 2. Bde.), [3]
DOI Artikel:
Beck, Paul A.: Joseph Furtenbachs außer-Ulmische Thätigkeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.18488#0091

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87

Art hat auch seine großen Schwierigkeiten,
denn möglicherweise werden die neuen
Allegorien vom christlichen Volke nicht ver-
standen.
Auch die Versuchungen des Menschen
durch den Teufel, die krankhaften Zeit-
strömungen beim Volke (Hexenprozesse),
der Aberglauben und die satirische Kritik
(Reinecke Fuchs) mußten bildlich darge-
stellt werden. Hierbei greift der Künstler
zu Haßlieben Gestalten in seinen Bild-
werken, wie zu den Syrenen, Centauren,
dem Vogel Greif, dem Drachen, Lindwurm,
und zu verschiedenen Teufelsfratzen. So
erscheint z. B. der bellende Hund, der
brüllende Löwe, der caprimuIZus, das
Lcichenhnhn (^tlrene iroctrm), der Uhu,
das Laub der Steineiche, des Ahorn, die
Schilfkolben als Symbole und Embleme
für Versuchungen des Teufels, für Laster,
für sündhafte Gedanken und für Feinde
der menschlichen Seele. Das soll eben in
der Ikonographie erklärt werden. Die
Redensart: solche Bilder beruhen auf Aber-
glauben oder ans ererbten heidnischen Vor-
stellungen genügt zum Verständnisse der-
selben nicht. Die Darstellung des Teufels
als Drache oder Lindwurm geht, wie oben
gesagt ist, auf die Gestalt des Flohkrebses
(Onmmnrus pulex) und der Languste oder
SeekrebS (?nlinuru3 vuIZaris) zurück,
welch' beide Tiere bekanntlich die gefähr-
lichsten Feinde der Fische des Meeres sind.
Aber ein Künstler, der nicht am Meere
wohnt und ein Bewohner des Binnenlan-
des, wie soll sich der jene Tiergestalten er-
klären können? Dazu ist die Wissen-
schaft der christlichen Ikonographie da.
Im Norden sah man im Wolf, in der
Schlange, im Bären oder Lindwurm das
Symbol des Teufels. Die Phantasie der
Künstler schuf Ungeheuer, Ungetüme, Miß-
gestalten und dergleichen, um dem Volke
eine Abstraktion anschaulich zu machen.
Mit der Redensart, die Figuren der
Syrene, des menschlichen Gesichtes, ans
welchem Laub wächst, deö Wolfes u. a.
beruhten auf heidnischen Vorstellungen,
oder seien Launen der bildenden Künstler,
ist uns nicht gedient. Der Künstler
mußte zum Ausdrucke seiner Ideen und
Begriffe zu den überlieferten aus der
Mythologie stammenden Gestalten greifen,
wenn er keine neuen zu erfinden im stände

war, wie der sog. Hötlenbrenghel. (Pieter
Brenghel 1569—1625.) Wenn auch
Manche an den Teufel und an den Tod
der Seele, sowie an anderes im Christen-
tum nicht glauben und darüber spotten
und lachen, der Künstler kann aber
ohne diese Symbole nichts schaffen und
nicht wirken. — Das sieht auch der
Halbgebildete ein, daß man in einer
glaubenslosen und ideenarmen Zeit, wie
das 19. Jahrhundert ist, keine Kunstwerke
schaffen kann, ohne daß man den Glauben
an die Persönlichkeit des Teufels vorans-
setzt- Die christliche Ikonographie ist in
er st er Reihe theoretisch eine Geschichte des
betrachtenden Gebets im Mittelalter und
bei den Mystikern der Neuzeit, also eine
Art NeligionSgescbichte. In zweiter Reihe
praktisch ist sie die Anleitung zur richtigen
Diagnose des Kunstproduktes, d. h. zum
Anffinden der Idee, welche einem Kunst-
werke zu Grunde liegt. Dem Besucher
der alten Kirchen, der kein ausübender
Künstler ist, wird mit jener Redensart —
nicht gedient sein, denn er verlangt eine
Erklärung des Bildes oder der betreffen-
den Figur. Er will ein Verständnis der
Allegorie und deö Symbols durch ein
Lehrbuch oder Lexikon der christlichen
Ikonographie erlangen. Wer eine roma-
nische oder gotische Kirche betritt und
betrachtet, wünscht zu erfahren, was die
Fratzen oder Köpfe, ans deren Mund,
Kinn, Ohren, Augen und Stirne Laub-
werk hervorwächst, bedeuten oder welchen
Gedanken sie aussprechen sollen.
(Fortsetzung folgt.)
Icisrpl, FurtinivacW anszer-Mmische
LlMiMtrit.
Von Amtsrichter n. D. Beck.
Joseph Furtenbach war zu Lcntkirch
am 30. Dezember 1591 als Sohn des
dortigen Rats- und Bauherrn Hieronymus F.
aus einer alten adeligen, ursprünglich Grau-
bündener (nach andern österreichischen) nach-
mals vornehmlich in der Reichsstadt Leut-
kirch angesessenen Familie geboren. Nach
dem Besuche der Schulen von Lentkirch
und Jsny widmete er sich zunächst dem
kaufmännischen Berufe und begab sich als-
dann, hierin, wie eS scheint einem Zuge
bezw. Herkommen in seinem Geschlechte
folgend, zu seiner weiteren Ausbildung auf
 
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