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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 16.1898

DOI Artikel:
Brinzinger, Adolf: Beiträge zur Geschichte einzelner Pfarreien, [21]: die frühere St. Remigius-Pfarrkirche in Oberndorf a. N.
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https://doi.org/10.11588/diglit.18488#0186

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180

(Die Anfänge des Christentnms in Würt-
temberg, Stuttgart, Greiner nnd Pfeiffer
1880 S. 23) die Martins- und Michaels-
und Remigiuskirchen. Der Martinsmission
folgte eine wohl von Rheims ausgehende
Remigiusmission (Remigius st 533,3. Jan.),
welche die von ihr gegründeten Kirchen
dem hl. Remigius weihte, wie jene erstere
dem hl. Martin. Ihre Spuren treffen
wir in Hafner-Haslach, in Merklingen,
OA. Leonberg, Rottenbnrg, Gündringen,
Mühlen, OA. Horb, Bergfelden, OA. Sulz,
Oberndorf, Epsendorf, Römlinsdorf,
also am Westrande des heutigen Württem-
berg.
Schon im Jahre 912 war in Obern-
dorf eine Kirche vorhanden. Denn am
14. März 912 schenkte, nach einem Diplom
Konrads I., der Bischof Salomon III.
von Konstanz dein Kloster St. Gallen
curkem Obernckork in paZo knrn cum
ecclesin baptismali, d. h. einen Hof
zu Oberndorf im Gau der Baar mit
einer Hanptkirche, denn nur diese hatten
Baptisterien oder Taufvorrichtnngen (Mos-
heim, Kirchengeschichte I, 531 ff.) seit dem
vierten Jahrhundert. Nach Martin Gerbert
(Dmtorin m§rne siivns 1783, I, 150)
geschah dies erst 948 durch Otto 1., der dem
Kloster zu St. Gallen „ein königlich Gut
schenkt im Gau Para Oberndorph genannt,
mit einer Pfarrkirche (ecclesin daptis-
mnlm cgunnr pLroclrinlem trnsse nrbi-
Irnmur)". Diese Kirche kann nur die
St. Remigiuskirche gewesen sein. Sie
stand ganz in der Nähe des Neüars, ans
dessen rechtem Ufer bei der Neckarbrücke
auf dem jetzigen Kirchhof. Sie hatte einen
zum Taufen sehr günstigen Platz. Früher
sollen daselbst verschiedene Häuser gewesen
sein, welche aber 1455 schon längst abgegangen
waren. Diese Kirche war die älteste und
ursprünglich erste Pfarrkirche von Obern-
dorf. St. Michael in der obern Stadt war
zuerst nur eine Kapelle. Sie ist erst später,
wahrscheinlich gegen Ende des 15. Jahr-
hunderts, Pfarrkirche geworden, statt der
Remigiuökirche. Schon 1222 hatte Obern-
dorf einen eigenen Kirchherrn, und „1323
vermachte Elisabeth, Gräfin von Froburg,
Gemahlin des Herzogs Ludwig von Teck,
der Kirche zu Oberndorf 100 Pfund Heller,
damit aus den Zinsen ein eigener Priester
angestellt werde, der täglich eine Messe

lese und jede Woche drei Stunden lang
auf dem Grab der Stifter beten solle"
(Gesch. Grafschaft Hohenburg, Manuskript
Fol. 2, 45). 1359 wird ein Pfleger der
Leutkirche St. Remigii erwähnt. Es war
eine kleine, unansehnliche Kirche mit
einem Turm. 1702 stiftet Pfarrer Friz
in Waldmössingen in diese „,Neckarkirche"
300 Gulden zur Reparatur, 1734 Ober-
vogteiverwalter Beck einen Kelch. 1790
diente sie als kaiserliches Strohmagazin,
und 1794 wurde aus ihrem Turm die
letzte Glocke heransgenommen. So ent-
weiht nnd verwüstet wurde das Schiff
1806 abgebrochen, 1811 der Chor, welchen
die Väter der Stadt zur Ausbesserung der
Kirächofmauern verwendeten. Eine kleine
armselige Kirchhofkapelle wurde nebenan
gebaut, welche voraussichtlich bald einein
neuen Platz machen dürfte. In derselben
sind noch zwei merkwürdige Grabplatten.
Die eine trägt die Inschrift: „T^rmo Do-
mini 1584 19. Febr. starb Junkher Jakob
von Reckenbach des Namens und Stamms
der letzte". An der Wand ist ein jetzt sehr
verdorbenes Epitaphium des Pfandherrn
Friedrich Wilhelm von Hohenberg, welcher
vom Martinstnrm beim Kirchhof herab-
stürzte und am 24. Mai 1726 starb.
Auf dem Kirchhof, in welchem seit Kaiser
Josephs II. Verordnung auch die Kloster-
insassen beerdigt werden mußten, liegen die
alten Geschlechter von Oberndorf begraben:
die Brandecker, Ferber, Schüttle, Fix,
Mutschler, Lauer, Eith, Krederer (aus
welcher Familie die Mutter des Dichters
Joseph Viktor Scheffel stammt, Frau
Majorin Josephine Scheffel, geb. Krederer).
Nach den Totenbüchern der katholischen
Stadtpfarrei Oberndorf von 1676—1898
sind daselbst etwa 7300 Personen begraben
worden, aus der evangelischen Gemeinde
seit 1821 etwa 800 Personen, (clr.
„Schwarzw. Bote", 1895, S. 297 ff.
Studien über den Friedhof in Oberndorf.)
Neuestens ist der Kirchhof bedeutend ver-
größert worden.
7. Die Stadtpfarrkirche zu
St. Michael.
Die jetzige Stadtpsarrkirchezu St. Michael,
erbaut an der östlichen Stadtmauer, beim
einstigen Kirchthor, war unzweifelhaft
ursprünglich nur eine Kapelle. Sie wird
 
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