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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 17.1899

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Vor 100 Jahren, Aufzeichnungen aus einem Klostertagebuch, [1]: über die letzten Kriegszeiten der Benediktinerabtei Neresheim (1800-1802)
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https://doi.org/10.11588/diglit.15869#0018

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10

Vor i«o Jahren« — Aufzeichnungen
ans einem Llastertagevuch^)"
über die letzten Kriegszeiten der
Benediktinerabtei Neresheim (1800
bis 1802).
Am 21. Juni 1800 früh morgens 7 Uhr
hatten wir schon einen heißen Morgen.
Nach 6 Uhr kam ein k. k. Oberlientenant
von Blankenstein-Husarcn Namens Laray
zn uns, und fragte, ob wir keine Franzosen
gesehen hätten? Er kam von Giengen.
Nach einer Viertelstunde ries ihn eine
Ordonnanz ab. Nach 61's Uhr horten
wir drei Schüsse: Ich sah von der Abtei
ans in Gesellschaft des Pater Großkellers
zwei französische Chasseurs über den hohen
Weg zwischen Hochstadt und der Gallus-
mühle herunterreiten. Ein kleiner k. k. Trupp
von Blankenstein-Husaren etwa 70 Mann
stand in Ordnung vor Neresheim. Da
die französischen Chasseurs diese sahen, ritten
sie wieder zurück. Nach einer halben Viertel-
stunde kamen etwa 50 französische Chasseurs
von Hochstadt herunter. Ein Teil der
k. k. Husaren ritt ihnen über die Gallus-
mühle entgegen, wurde aber zurückgetrieben.
Da ihnen aber die übrigen zu Hilfe kamen
und die Franzosen zu umgehen Miene
machten, zogen sich diese gegen Hochstadt
zurück. Die Kaiserlichen machten drei
Offiziere und drei Gemeine gefangen und
ein ansehnliche Beute. Einer dieser Offi-
ziere, sagen die Neresheimer aus, soll die
Konsignation der Brandschatzung dieser
Gegend bei sich gehabt haben, in welcher
unser Stift zu 25 000 fl. und das Städt-
chen Neresheim zu 15 000 sl. (nach einer
anderen Angabe das Stift zu 12 000 st. und
das Städtchen 6000 st.) angesetzt war.
Doch dies ist eine bloße Sage. Seit der
vormittägigen Plänkelei ist hier und in der
Gegend alles ruhig. Die Kaiserliche»,
welche vormittags hier mit den Franzosen
plänkelten, stehen mit ihren Offizieren in
Dehlingen und schicken ihre Patrouillen
bis Ohmenheim. Die Boten, welche
wir nach D u n st elkin g e n und Disch-
0 Verfasser desselben ist der zu Flochberg 1766
geborene, in Dischingen 1837 gestorbene, ehe-
malige Neresheimer Benediktinermönch k. Paul
Lasser, ein sehr aufmerksamer und intelligenter
Beobachter der Kriegszeiten und damals Prior
(siehe über denselben LIdum dlsresNeimenso W
dieser Zeitschrift XIV, 1896, S. 9, moselbst indes
dieses interessante Tagebuch nicht aufgeführt ist).

in gen ausschickte», sind znrückgekommen
und bringen folgende Nachrichten: Auch
in Dischingen waren Franzosen, nun
ist aber keiner mebr da. In Egl in gen
haben sie drei Fässer Braunbier gefaßt
und sind dann wieder abgezogen. Wirklich
stehen sie in Battenhausen und
Reift in gen, wie viele ist nicht bekannt.
Ans der Sägmühle haben sie dem Hvlz-
wart Gräßle 9 st. abgenommen, zu Hoch-
stadt dem Bauern 22 st. In der Buch-
mühle nahmen sie mit Essen und Trinken
verlieb. Sonst hört man nichts von Ex-
zessen, sonst auch nichts von Unfug. Den
Kaiserlichen wurde bei der Gallusmühle
ein Pferd erschossen. Heute hört man ans
der Gegend von Dillingen her stark kano-
nieren. Wirklich rücken von Heidenheim
her zwei Eskadrons k. k. Husaren im
Städtchen Neresheim ein. Diese kamen
eben recht, denn zur nämlichen Zeit ließen
sich die Franzosen wieder bei Hochstadt
sehen. Zwei Offiziere kamen mit einem
Trompeter bis nahe an die Gallnsmühle
herunter. Ans ein gegebenes Zeichen mit
der Trompete kamen auch zwei kaiserliche
Offiziere vom Städtchen, mit einer Be-
deckung zu den französischen Offizieren
heraus und nachdem sie sich lange unter-
redet hatten, gingen sie wieder auseinander,
diese Hochstadt, jene Neresheim zu. Ein
kaiserlicher Offizier, oer bei dieser Unter-
redung war und hernach zu uns heranfkam,
sagte, daß die Franzosen den kaisnlichen
Offizieren Geld für den heute früh ge-
fangenen General gebracht hätten. Den
22. Juni. Morgens 6 Uhr: Heute in der
Nacht kamenzwölf französische Chasseurs nach
dem Städtchen Neresheim.. Vor unser Thor
kamen k. k. Husaren und fragten wieder,
ob keine Franzosen dagewesen wären. Früh
um 5 Uhr brachte ein k. k. Wachtmeister
eine Requisition von acht Vorspanuwägen,
22 Eimer Bier und 1438 Pfund Brot.
In Hochstadt ließen sich wieder Franzosen
sehen. Von Heidenheim her rückten mehrere
Tausend k. k. Truppen gegen Neresheim
herab, w o wirklich dieStadt m a u e r n
abgebrochen werden. Schon sind
k. k. Piquets um das Kloster und Städt-
chen herum aufgestellt. — Morgens 9 Uhr:
Soeben kommt der Feldzeugmeister Kray
mit dem Hauptquartier hier an. Bei ihm
sind die Generäle Kollowrat, Schmitt,
 
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