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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 17.1899

DOI Artikel:
Schön, Theodor: Geschichte des Theaters in Ulm, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15869#0026

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18

Ehren des Rats. Es ist dieses die letzte
Vorstellung, die Engländer in Ulm gaben,
denn September 1652 nnd Mai 1653,
wie Jnli 1657 wurde ihnen ihr Gesuch,
zu spielen, abgeschlagen. Wie sich schon
in letzter Zeit diese englischen Gesell-
schaften durch deutsche Mimen verstärkt
hatten, bildeten sich nunmehr nach ihrem
Muster neue Truppen von deutschen Be-
rufskomödianten. Eine solche führte 1656
unter der Direktion eines Johann Bartholo-
mäus Braun, eines geborenen UlmerS
und dortigen Bürgers, in seiner Vater-
stadt die Komödien von Juda, von der
Auferstehung und Himmelfahrt Christi auf.
1657 spielte derselbe Bra n n die Komödie
vom reichen Mann und armen Lazarus.
1667 erhielt er wiederum Erlaubnis zu
spielen. H Bisher waren mit vielleicht ein-
ziger Ausnahme der 1651 gespielten
Komödien die Stoffe der zur Aufführung
gelangten Stücke der Bibel entnommen.
1671 ging zum erstenmal ein Stück über
die Bretter, dessen Stoff der römischen
Geschichte entnommen war. Es spielten
nämlich badensche Komödianten die Tra-
gödie in hochdeutscher Sprache „der ver-
stellte Torquatus". — Vor 1672 wurde
oft Komödianten abgeschlagen, hier zu
spielen, besonders den Innsbruckern. Doch
erhielt einmal der Direktor der Inns-
brucker, welcher den Rat zu Gevatter ge-
beten hatte, drei Dukaten. Dänische,
Straßburger, Brandenburg - Bayreuthsche
Komödianten wurden abgewiesen. 1680
wird den Komödianten von Augsburg ver-
gönnt, am Vcilsmarkt ihre nctionss
scenicn3 zu präsentieren. Im Mai
1699 spielten fremde Komödianten im
Binderhof etliche Male?) — Nach einem
Ratsbeschluß vom 20. Oktober 1702
wurde das 1641 erbaute Theater im
Binderhof in eine Kaserne für die Bayern
und später fürs Ulmer Militär ver-
wandelt. H Als im Februar 1712 fremde
Komödianten nach Ulm kamen, spielten sie
im Wagenhaus. Auch wurde in diesem
Jahr noch einmal im Schuhhaus ge-
spielt. °) 1719 wurde den brandenburg-

') Weyermann, neue Nachrichten S. 47.
st Schuttes, Altes und Neues aus Ulm, S. 29.
b) Barthelmo im Ulmer Tagblntt 1896, S. 1619.
4) Dietrich, Stadt Ulm, 1825, S. 86.
ch Barthelme, eNat» loco.

bayreuthischen Hofkomödianten zu spielen
erlaubt. Doch sollten sie zum bürgerlichen
Almosen 6 Gulden bezahlen, das Wagen-
haus auf ihre eigene Kosten zum Theater
einrichten und von jedem Zuschauer mehr
nicht als zwei Landmünzen (fünf Kreuzer)
nehmen. Auch'gegen die dem Theater so
leicht drohende Feuersgefahr traf der Rat
Vorkehrungen. Es wurden zwei Männer
mit dein nötigen Wasser und Spritzen be-
stellt, welche auf Feuer und Licht wohl
Achtung gaben und alles Unglück zu ver-
hüten trachten sollten. Der neue Musen-
tempel war die ehemalige Remise zwischen
der Bockgasse und der Gasse beim Spital-
stadel, worin die städtischen Kutschen und
andere Fuhrwerke aufbewahrt wurden. H
— Ju> Jahre 1732 gegen Ende der
Krimsversammlung spielten die churfürstlich
pfälzische „hochdeutsche" Hofkomödianten
im Wagenhaus.
Jetzt trifft man zuerst auf die sogenannten
„Dedikationen", d. h. Vorstellungen zu Ehren
einer bestimmten Körperschaft, die natürlich für
diese „Ehre" dem Direktor ein ansehnliches Geld-
geschenk zu spenden pflegte. Es gab eine Dedi-
kation für die schwäbische Kreisversammlung und
eine andere Dedikation für den Ulmischen Stadt-
magistrat. Beide Vorstellungen eröffnste ein
Prolog. Am ersten Abend wurde die „denk-
würdige, wohlausgearbeitete, ganze und extra
sehenswürdige Haupt- und Staatsaktion, genannt
die Krönung des jungen römischen Kaysers Ar-
temio oder Wettstreit der Liebe zwischen Eltern
und Kindern," dann ein Ballett nebst einer lustigen
„Nachkomödie" gegeben. Am zweiten Abend
wurde eine „unvergleichliche, wohlausgearbeitete,
von einer hochgräflichen Feder in Breslau kom-
ponierte Haupt- und Staatsaktion, genannt die
Wahrheit im Betrug in Attalo und der schönen
Arsinoe mit Hans Wurst, einem interessanten
Gefangenmeister", dÄUn ein spanisches Ballett
von vier Personen nebst einer lustigen Nach-
komödie, gespielt. Der Prolog war begleitet
„nt symbolischen und emblematischen Vorstellungen
und lautete am ersten Abend „das triumphirende
Ulm", am zweiten Abend „die im Tempel der
Ehre blühende Obrigkeit". Beide Vorstellungen
begannen abends 4 Uhr. Zum erstenmal findet
man also 1732 den Hans Wurst, den Nachfolger
des englischen Clown auf der Ulmer Bühne.
Diese Vorstellungen erregten Anstoß bei
einem Ulmer Geistlichen. Magister Jakob
Schuhmacher, Kandidat der Gottes-
gelahrtheit, eiferte in seinen Predigten mit
den heftigsten Ausdrücken dagegen, daß
der Magistrat diesen churpfälzischen Hof-
komödianten erlaubt hatte, während des

Z Dieterich, Stadt Ulm, S. 82.
 
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