Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 17.1899

DOI Artikel:
Mone, Fridegar: Bemerkungen zu Herrn Detzels "Christl. Ikonographie", [8]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15869#0038

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
speziell die Jachin- u. Booz-Säule, wie er
das Chor- und das Querschiff entworfen,
konstruiert und ausgestbmückt hat. Die
renommiertesten Architekten und die am
meisten charakteristischen Kirchenbaute» vom
3. bis ins 19. Jahrhundert müßten mit
Namen in einer christlichen Ikonographie
anfgeführt werden. Mit den Kirchenbauten
müssen auch die Wandmalereien und Glas-
gemälde sowie die Kleinkünste besprochen
werden. In diesem Punkte genügt das
Buch von Detzel den Anforderungen nicht.
Da die bildlichen Darstellungen an und
in den Kirchengebäuden, welche sich auf die
sichtbare Kirche und das Leben des Menschen
als Mitglied der christlichen Gemeinschaft
beziehen, zahlreich und verschiedener Art
sind, so muß man sie ikonographisch klassi-
fizieren. Als leitendes Einteilungsprinzip
kann weder der Baustil (romanisch, Ueber-
gangsstil und gotisch) noch die Stelle oder
der Platz, wo jene Bildwerke angebracht
sind, noch die Art der Darstellung (Malerei,
Skulptur, ob Rondo oder Relief, Wand-
oder Glasmalerei) zn Grunde gelegt wer-
den. Denn es handelt sich hier lediglich
um die Idee, welche der Künstler aus-
zudrücken bemüht war, sei es in symboli-
scher, sei es in didaktischer, in emble-
matischer, kritischer oder sei es in alle-
gorischer Kunstform. Es kommen hier die
Portale, die Tympanonbilder und Portal-
umrahmungen, die Thürfüllungen bei
den vorgotischen und gotischen Kirchen,
ferner die sogen. Osttürme, der Turm von
Bethlehem (auf der Epistelseite, auch turris
§re§is genannt) und der Thortnrm von Jeru-
salem auf der Evangelienseite in Betracht.
Daß man die Erklärung der Figuren
der Wasserspeier und Fialenkrönungen an
den gotischen Kirchen in einer christlichen
Ikonographie erwarten darf, ist selbstver-
ständlich. Auch die Tiergestalten, welcbe
auf den Spitzen der Fialen an den Bal-
dachinen der Glasgemälde Vorkommen,
müssen in einer christlichen Ikonographie
besprochen werden. Zu den Gegenständen,
welche innen und außen an den Gebäuden
der Kirchen in archäologischer Hinsicht be-
trachtet und erklärt werden müssen, gehören
auch die Orgelgehäuse, Glasfenster, Kanzeln
und vor allem die Altartische, die Flügel-
altäre, Propststühle und Chorstühle sowie
die Jkonostasis. Die Vorhallen der Kirchen

und die Kanzeln enthalten nicht selten bild-
liche Darstellungen, deren Erklärung mit-
unter Schwierigkeiten macht, welche aber
ikonographisch von großer Wichtigkeit sind.
Da ist es gerade ein Handbuch der christ-
lichen Ikonographie, das den Wegweiser
für den Kunsthistoriker und Kunstfreund
abgeben soll.
Man unterscheidet im Innern der Kirche
die Säulen Jachin und Booz im Lang-
hause und deren Sockel und Kapitäle von
den andern Säulen. Ferner werden mit
besonderer Aufmerksamkeit verfolgt: die Dar-
stellungen auf den ältesten Taufsteinen, das
symbolische Bild der sogen, offenen Schuld
(contiteor) in den Gewölbe-Schlußsteinen
(menschliches Antlitz, aus welchem Blatt-
werk herauswächst), die sogen, porta clausa,
die Darstellungen im Maßwerke, besonders
diejenige, welche die hundertfältigen Früchte
der Lehre Christi in Rosetten und Fenstern
anschaulich machen soll, die Bogenfriese,
die Nischen und Galerien u. a. m.
Um darzuthun, inwiefern jene Teile der
Ausschmückung eines Gotteshauses in einer
christl.Jkonographie behandelt werden müssen,
sollen einzelne Gruppen jener bildlichen
Darstellungen hervorgehoben werden. Das
ist in einer glaubensarmen und ideenlosen
Zeit, in welcher eine so große Anzahl von
kunstblinden Leuten über die bildenden
Künste reden, denken und träumen, un-
bedingt notwendig.
Die Idee, welche der Gliederung der
Räume eines christlichen Gotteshauses zu
Grunde liegt, ist im allgemeinen bekannt.
Das Chor soll ein Bild oder ein Symbol
des ewigen Lebens, der Vereinigung der
menschlichen Seele mit Gott, der via uni-
tüva oder der vita in Gott, darstellen, von
welch' letzterer Christus sagte: e§c> sum
via, veritas, vita. Das Querschifs oder
Transept, oder wo dieses fehlt, der Triumph-
bogen, soll sinnbildlich den Uebergang oder
den Durchgang vom Leben der Seele im
Körper zum ewigen Leben in Gott nach
dem leiblichen Tode andeuten. An das
juckiciurn particulare und universale (das
Gericht und das jüngste Gericht) oder an
die vsritas, d. h. die Rechtfertigung durch
Christi Tod soll den Besucher der Kirche
der Triumphbogen und das Querschiff
mahnen. Endlich ist das Langhaus oder
Schiff der Kirche die via llluminativa,
 
Annotationen